Wohnen über den Wolken

Am Kagraner Platz entsteht durch ein Joint Venture von SIGNA und ARE ein neues Stadtquartier. Weithin sichtbar werden dabei zwei Hochhäuser sein. © K18

In den vergangenen Jahren ist die Wiener Skyline um zahlreiche Wohntürme angewachsen, weitere folgen. Vor allem Investoren haben sich auf dieses Segment gestürzt – auch, weil Wohntürme flexibel genutzt werden können.

Es ist ein erhabenes Gefühl, wenn man aus dem Fenster blickt, und die Stadt liegt einem vor den Füßen. Für einen solchen Ausblick sind Menschen bereit, viel zu bezahlen. Nicht nur jene, die nach mondänen und repräsentativen Eigentums- oder Mietwohnungen suchen, sondern vor allem auch Globalinvestoren haben zuletzt Gefallen an Wohntürmen gefunden. Erst im Sommer ist der DC Tower 3 auf der Donauplatte eröffnet worden, was den Investor Greystar dazu bewogen hat, Journalistenführungen vorzunehmen, um auch die weitere Strategie in Wien vorzustellen. Vor drei Jahren hat der Globalinvestor erstmals den österreichischen Markt betreten und den Turm erworben, da er für die angepeilte Zielgruppe – Studenten, Business-People und Expats – perfekt passt. Während dieser Presseführung enthüllte der Operations-Manager von Greystar, Marco Metge, die nächste Transaktion: wieder ein Wohnturm und ebenfalls von der S+B, diesmal in der Dresdner Straße 90, und zwar für rund 180 Millionen Euro. Sehr früh war Greystar an der Immobilie dran, der Spatenstich für das Haus mit 29 Obergeschoßen ist gerade einmal im Herbst gewesen, bis 2026 wird die Immobilie hochgezogen. Das nimmt Greystar zum Anlass, das Österreich-Portfolio weiter auszubauen, wie Metge erklärt: „Gesucht werden Tickets ab 200 Wohneinheiten aufwärts, wo sich Wohnen im Short-Stay- respektive Serviced-Apartments-Bereich realisieren lässt, sprich mit einem gewissen Mixed-Use-Charakter.“

Hoch oben zu wohnen – ob kurzzeitig oder gleich generell –, das übt einen gewissen Reiz aus. Menschen zahlen gut und gerne viel mehr, wenn sie höher oben wohnen können. Quadratmeterpreise ab 7.000 Euro sind da keine Seltenheit – und die können auch schon einmal wesentlich höher liegen, wenn Lage, Größe und Ausstattung stimmen. Gerade im Luxussegment seien Wohnungen desto gefragter, je höher sie liegen, bestätigt Michaela Orisich, Head of Sales Austria bei Sotheby’s: „Es ist nicht nur die Lage, die Grundausstattung oder der Ausblick, der im Premiumsegment gesucht wird, auch Amenities wie Concierge und Grundriss spielen eine wesentliche Rolle für die Kaufentscheidung.“ Gekauft werden diese oft als Zweit- oder Drittwohnsitz für eine betuchte Klientel.

Wohnungen stark nachgefragt
Wohntürme liegen jedenfalls voll im Trend, wenn man sich die Pipeline ansieht. Die Liste an Hochhäusern, die mehrheitlich zu Wohnzwecken genutzt werden, ist lang und reicht über die nächsten fünf Jahre. Allein auf der Donauplatte herrscht rege Bautätigkeit – erst heuer ist der DC Tower 3 fertiggestellt worden, die Skyline wird jedoch noch um die Danubeflats und den DC Tower 2 erweitert. Bei den Danubeflats der Projektpartner S+B Gruppe und SORAVIA setzt man jedenfalls auf hochwertige Eigentumswohnungen, die sich auf insgesamt 49 Geschoße verteilen. Nach Fertigstellung im Jahr 2024 wird das Bauwerk 180 Meter in den Wiener Himmel ragen, auf den Markt kommen damit knapp 600 Wohnungen, die dem Premiumsegment zuzuordnen sind. Immerhin: Potenzielle Eigentümer werden mit Amenities wie ganzjährig beheiztem Pool, Sauna, Gym, Event-Lounge und Business-Lounge gelockt. Auch ein Concierge soll den Bewohnern bei allem Möglichen zur Seite stehen. Hinzu kommen noch ein Supermarkt, ein Kindergarten, Gastronomie sowie ein Hotel, für das mit Adina bereits ein Betreiber gefunden worden ist. Seit einem Jahr sind die Danubeflats in der Vermarktung, mittlerweile ist der Turm zu über 80 Prozent vermarktet, sagt Sascha Haimovici, Geschäftsführer des zu SORAVIA gehörenden Maklerunternehmens IMMO-CONTRACT. Zwar verzeichnet er aufgrund der aktuellen geopolitischen Unsicherheiten eine geringere Anzahl an Anfragen, aber: „Die, die nachfragen, kaufen auch. Sehr viele davon zu Anlagezwecken, um die Wohnungen weiterzuvermieten.“ Auch sind die Käufer bereit, die Preise zu bezahlen, die aufgrund der höheren Bau- und Grundkosten zum Teil stark gestiegen sind, räumt er ein. An den Konsumenten weitergeben könne man das ohnehin nur zu einem Teil. Im Schnitt sind bis zu 12.000 Euro pro Quadratmeter in den Danubeflats fällig, das im Vorjahr fertiggestellte TrIIIple kommt auf 10.000 Euro. Doch die Flächen finden ihre Käufer – und das rasant. Mittlerweile sei das TrIIIple nahezu voll verwertet, lediglich zehn Wohnungen seien, so Haimovici, noch zu haben – sprich zwei Prozent der insgesamt errichteten Wohneinheiten.

Nachhaltiges Stadtquartier
Auch andernorts wachsen Hochhäuser, in denen Wohneinheiten entstehen, in die Höhe. Am Kagraner Platz errichtet ein Joint Venture aus SIGNA und ARE das Stadtquartier VIENNA TWENTYTWO. In Fertigstellung ist bereits ein 110 Meter hoher Wohnturm, das Bassena Hotel, das heuer von der Raiffeisen Immobilien KAG angekauft worden ist, sowie Serviced Apartments. Auch bei diesem Turm läuft die Vermarktung außergewöhnlich gut: Bereits Ende des Vorjahres konnten über zwei Drittel der 300 Wohnungen verkauft werden. Start der zweiten Bauphase mit einem 155 Meter hohen, gemischt genutzten Turm (Wohnen und Büro) und einem Büroobjekt war zu Beginn des Jahres 2022, die Gesamtfertigstellung ist für 2025 avisiert worden. VIENNA TWENTYTWO, das von Delugan Meissl Associated Architects geplant wurde, wird dann aus insgesamt sechs Objekten und einer verbindenden, verkehrsfreien Erdgeschoßzone an einem zentralen Knotenpunkt im Norden Wiens bestehen. Für die Projektpartner ist vor allem das Thema Nachhaltigkeit und ressourcenschonender Umgang mit Energie und Materialien in den Vordergrund gerückt. Als Energiequellen dienen dabei sechs Geothermie-Kreisläufe, die mittels 146 Erdwärmepumpen in rund 150 Metern Tiefe Warmwasser und Raumwärme gewinnen. Über Energierückgewinnung wird der Primärenergieverbrauch minimiert. Das schont auch das Geldbörserl der Bewohner, denn damit lassen sich die Betriebs- und Energiekosten erheblich senken. In Zeiten einer Energiekrise ein wesentliches Kriterium.

Nach oben nachverdichten
Überhaupt bieten Wohntürme einen gewissen Vorteil: Die im Gegensatz zu anderen Bauformen kompakten Grundstücksflächen erlauben etwa eine geringere Bodenversiegelung, zudem kann man mit Hochhäusern im innerstädtischen Bereich nachverdichten. Bei einer Podiumsdiskussion nahe dem Helio Tower im Stadtentwicklungsgebiet St. Marx hoben der Architekt Stephan Ferenczy (BEHF) und Andreas Holler, Geschäftsführer der BUWOG Group, genau diesen Aspekt hervor. „Vor allem das Thema Nachhaltigkeit spielt hier eine relevante Rolle. Wohntürme innerhalb bereits verdichteter Stadtstrukturen müssen ein lebenswerter Mehrwert für das Quartier und unser Klima sein“, so Ferenczy, der den Helio Tower für die BUWOG geplant hatte. Dazu sollte auch weit im Vorfeld entsprechend geplant werden, meint Andreas Holler, denn die Bedürfnisse von Mensch und Umwelt müssten beim Wohnungsbau in Einklang gebracht werden: „Gerade im Hinblick auf die Bodenversiegelung bzw. deren Reduktion kann zum Beispiel in Form von intelligent geplanten Wohntürmen auch in dicht besiedelten Städten noch ein enormer Beitrag geleistet werden.“ Immerhin hat man mit der Immobilie, die Teil des Stadtviertels „The Marks“ auf dem Erdberger Mais ist, den European Property Award in der Kategorie Residential High-Rise Development Austria gewonnen.

Die aktuellen Wohnturmprojekte in Wien
Fertigstellungen Wohntürme 2021/2022
1020: Marina Tower (BUWOG/IES)
1030: TrIIIple (SORAVIA)
1220: DC Tower 3 (S+B Gruppe)

In Bau oder in Planung
1020 Weitblick (value one)
1020 Grünblick (value one)
1020 „Schneewittchen“ (Wino GmbH)
1020 Hochhaus Fernbusterminal (IES Immobilien)
1030 the one (Neues Leben/WBV-GPA)
1030 Q-Tower (ÖSW)
1030 Helio Tower (BUWOG)
1200 D90 (S+B Gruppe)
1220 Danubeflats (SORAVIA)
1220 DC Tower 2 (S+B Gruppe)
1220 VIENNA TWENTYTWO (SIGNA/ARE)

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