Investments in Alten- und Pflegeheime boomen in der EU. Auch in der Alpenrepublik dürfen sich Patienten über neue Gesundheitszentren freuen.
Das österreichische Pflegesystem ist durchaus fragmentiert und stellt sich für Laien auf den ersten Blick nicht immer ganz übersichtlich dar. Im Grunde basiert es seit 1993 auf einer Kombination von Geld- und Sachleistungen und finanziert sich aus öffentlichen Mitteln, die sowohl vom Bund als auch von den Ländern und Gemeinden stammen. Im Mittelpunkt der vom Bund erbrachten Geldleistungen steht dabei das Pflegegeld. Aber auch das Pflegekarenzgeld oder die Förderung der 24-Stunden-Betreuung sind Bundessache, während etwa die sozialen Dienste in die Kompetenz der Länder fallen. Diese werden von den Ländern und Gemeinden sowie von freien Wohlfahrtsverbänden angeboten und aus den Mitteln der Länder sowie über Kostenbeiträge finanziert.
Ebenso zwischen Bund und Ländern aufgeteilt ist die Verantwortung für die Errichtung und den Erhalt von Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen. Im Bereich der Pflegeeinrichtungen, worunter etwa nicht nur stationäre Einrichtungen und alternative Wohnformen, sondern beispielsweise auch mobile Betreuungs- und Pflegedienste verstanden werden, besteht eine ausschließliche Zuständigkeit der Länder in Gesetzgebung und Vollziehung. Errichtung und Erhalt dieser Einrichtungen sind in den jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften geregelt. Bei Gesundheitsbetrieben wie etwa Arztordinationen oder Primärversorgungseinheiten ist jedoch eine Bundeszuständigkeit in Gesetzgebung und Vollziehung gegeben.
Boom bei Gesundheitsimmobilien
Mit mehr als 100 Millionen Euro erreichten die Investments in Alten- und Pflegeheime im Jahr 2020 übrigens einen neuen Rekordwert. „Aufgrund der demografischen und gesellschaftlichen Entwicklungen zeigt sich ein stark wachsendes Potenzial für diese Assetklasse in Österreich. Die kleinteilige und je nach Bundesland unterschiedliche Struktur des Pflegeimmobilienmarkts in Österreich führt dazu, dass Investoren aktuell hauptsächlich durch den Ankauf von einzelnen Pflegeheimen versuchen, eigene Portfolios aufzubauen, da im Vergleich zu Deutschland nur vereinzelt größere Bestandsportfolios vorhanden sind“, weiß Georg Fichtinger, Head of Investment Properties bei CBRE Österreich. Die IMMAC group etwa, die in diese Assetklasse investiert, konnte im Vorjahr ihr Ergebnis von 2019 noch einmal steigern. Der Gruppe gelang es 2020, sieben neue Investmentvermögen anzubieten, wobei den Investitionsschwerpunkt abermals Healthcare-Objekte in Deutschland, Österreich und Irland bilden. 158 Sozialimmobilien zählen heute bereits zum aktuellen Healthcare-Portfolio des Hamburger Immobilieninvestors, darunter stationäre Pflegeeinrichtungen und Kliniken.
Heimische Neueröffnungen
Investitionen ziehen natürlich Neueröffnungen nach sich. So ging in Wien im Februar etwa das „CAPE 10“ nahe dem Hauptbahnhof in den Betrieb. Unter Federführung des österreichischen Internisten Siegfried Meryn stehen in dem Gebäude derzeit ein niederschwelliges Gesundheitszentrum, eine Kinderärzte-Gruppenpraxis und ein Tageszentrum für obdachlose Frauen zur Verfügung. Im Bezirk Liesing wird es ab 2024 wiederum mit dem „WGZ23“ ein neues Primärversorgungszentrum mit Tagesklinik und Therapiezentrum geben. „Das WGZ23 bietet klare Vorteile – verlässliche medizinische Betreuung mit langen Öffnungszeiten – und ergänzt das vorhandene Angebot der wohnortnahen medizinischen Versorgung im niedergelassenen Bereich“, freut sich Liesings Bezirksvorsteher Gerald Bischof.
Bereits in Betrieb gegangen ist der dritte Standort des „Gesundheitspark Ordensklinikum Linz“. In der Herrenstraße 5 – im Herzen der oberösterreichischen Landeshauptstadt – ist der neue gesundheitliche Nahversorger zu finden. Auf einer Gesamtfläche von 6.500 Quadratmetern können Patienten hier die Gesundheitskompetenz niedergelassener Fachärzte, Pflege- sowie Therapieangebote in Anspruch nehmen. Auch eine gesundheitsorientierte Gastronomie mit Lehrküche sowie eine orthopädische und onkologische Rehabilitation gibt es vor Ort. Von einer neuen Gemeinschaftspraxis profitieren wiederum Patienten in der niederösterreichischen Marktgemeinde Thaya. „Semper in Via“, also „immer am Weg“, ist zugleich Name und Philosophie der Praxis, in der seit Herbst 2020 sechs voneinander unabhängige Therapeutinnen zu Werke gehen. Vor dem Hintergrund des Gesundheitsimmobilien-Booms darf man sich in Österreich auch für das zweite Halbjahr 2021 noch einiges erwarten.