Die schockierenden Ereignisse in der Ukraine lassen die österreichische Immobilienwirtschaft nicht kalt. Wohnraum für Flüchtlinge, Sach- und Geldspenden – die Solidarität ist enorm.
Tatiana Zhiganova stammt aus Kyjiw, der früher blühenden Hauptstadt der Ukraine. Sie lebt bereits seit einigen Jahren in Wien, als Marketingmanagerin für Immobilienprojekte. Nun ist sie auch Sprecherin der Initiative „Immo hilft“, einer Aktion der Immobilienbranche, um ukrainischen Flüchtlingen rasch Wohnraum zur Verfügung zu stellen. 22.000 Quadratmeter habe man bereits auftreiben können, das entspricht rund 440 50-Quadratmeter-Wohnungen. Das Ziel der Initiative, der sich namhafte Persönlichkeiten aus der Immobilienwirtschaft angeschlossen haben, ist, mindestens 5.000 Familien eine sichere Bleibe zu bieten. Für Zhiganova war der 24. Februar, der Beginn des Kriegs, ein Schock: „Ich habe vom Angriff in den Nachrichten und von Bekannten und Freunden in der Ukraine erfahren. Ich habe dann am Vormittag gleich einige Bekannte angerufen, Ronald Goigitzer, Gerhard Popp und viele weitere. Wir waren uns gleich einig: Wir müssen etwas tun.“ Innerhalb von 24 Stunden stand das Kooperationsprojekt, es ging durch alle Fachmedien, auch auf der Wiener Immobilienmesse wurde ein eigener Stand eingerichtet. Außerdem hat Zhiganova selbst Flüchtlinge nach Wien geholt – zwei Frauen mit Kindern. Sie haben eine dramatische Flucht hinter sich, wie Zhiganova erzählt. 13 Tage lang mussten sie in einer Tiefgarage in Kyjiw ausharren, bei minus drei Grad. „Sie wollten Kyjiw eigentlich gar nicht verlassen, aber eines der Kinder hatte asthmatische Anfälle. Es gab daher keine andere Möglichkeit als zu gehen.“ Mit dem Zug fuhren sie dann von Kyjiw nach Lemberg, an der Grenze mussten sie 14 Stunden warten, dann ging es schnell. Der Familie geht es gut, alle haben sich von den Strapazen erholen können, und nun wollen die beiden Mütter so schnell wie möglich arbeiten.
Etwas zurückgeben
Auch privat helfen die Menschen, wo sie können. Hania Bomba, CEO bei Huber Shop und Aufsichtsrätin bei der S IMMO AG, hat mit ihrem Partner etwa zwei Frauen und drei Kinder aus der Ukraine in ihrer Privatwohnung aufgenommen. Sie habe sich verpflichtet gefühlt, wie sie „immobilien investment“ erzählt, nun schläft sie auf einer aufblasbaren Matratze. Bomba selbst ist als Kind von Polen nach Deutschland gekommen und weiß, wie es ist, wenn man sich plötzlich an einem Ort befindet, wo alles fremd ist: „Die, die uns damals geholfen haben, waren ein wichtiger Ankerpunkt. Ich wollte einfach etwas zurückgeben. Uns geht es nämlich sehr gut, und das wollen wir teilen. Mein Partner hat sofort zugestimmt zu helfen.“ Der aufgenommenen Familie gehe es gut, sagt Bomba, die Mutter und die Großmutter seien stabil, die Kinder bekämen von den Geschehnissen kaum etwas mit. Doch die Angst um ihre Männer ist groß. Sie mussten in der Ukraine bleiben.
Die Hilfsbereitschaft der österreichischen Gesellschaft ist enorm. Vor allem die österreichische Immobilienbranche hat schnell Initiativen gestartet, um Flüchtlingen schnell und unbürokratisch Wohnraum zur Verfügung stellen zu können, auch bei der Jobsuche will man behilflich sein. Überall versucht man zu helfen, wo man nur kann. Hotels werden für Flüchtlinge geöffnet, manche haben Vertriebene sogar in ihre Privatwohnung aufgenommen, und Benefizkonzerte finden statt, um Geld für das Allernotwendigste zu beschaffen. EHL Immobilien hat mit dem Rotary Club Perchtoldsdorf etwa ein solches Konzert veranstaltet, CEO Michael Ehlmaier spielte sogar selbst als Geiger mit. Das Ziel: so viele Spenden wie möglich zu sammeln, um Geld für Nachbar in Not zusammenzubekommen. Ein voller Erfolg: Über 700 namhafte Branchenvertreter waren gekommen, und so konnten 140.000 Euro für die Flüchtlingshilfe gesammelt werden – Geld, das dringend für die Versorgung der gewaltsam Vertriebenen benötigt wird, für Nahrungsmittel, Medikamente, das Allernötigste. „Ich bin sehr glücklich, dass wir gemeinsam mit vielen unserer Geschäftspartnern und Kunden einen so beachtlichen Spendenbetrag aufbringen und damit verbunden auch ein klares Zeichen der Unterstützung für die Menschen in der Ukraine setzen konnten“, so Michael Ehlmaier.
Hotels für Vertriebene
Die Immobilienbranche versucht alles zu tun, was notwendig ist. Daniel Jelitzka, Chef von JP Immobilien, und Michael Tojner, geschäftsführender Gesellschafter von WertInvest, haben etwa hunderte Hotelzimmer für Geflüchtete bereitgestellt. Sowohl im Hotel Intercontinental nahe dem Wiener Stadtpark als auch im Hotel Ananas in Wien-Margareten. In einer Stellungnahme erklärte etwa Tojner, dass es selbstverständlich sei, schnell jenen zu helfen, die im Krieg alles verloren haben: „Wir wollen ihnen bei ihrer Ankunft in Österreich eine sichere, gute Unterkunft bieten. Sie können zu Kräften kommen, sich um ihre Familien kümmern, das Erlebte verarbeiten. Wir haben bereits seit einigen Wochen einen Teil des Hotel Intercontinental für Geflüchtete bereitgestellt und versorgen dort bereits über 100 Menschen. Es freut mich sehr, dass wir mit dem Hotel Ananas jetzt noch mehr Unterbringungsmöglichkeiten anbieten können.“ 450 Zimmer werden im Hotel Ananas zur Verfügung gestellt, die Betreuung wird vom Samariterbund mit dem Hotelmanagement des Verkehrsbüros übernommen. Jelitzka sagt, dass man rasch und effizient helfen wolle und gesellschaftliche Verantwortung für ihn kein leeres Schlagwort sei: „Mit dem Hotel Ananas öffnen wir für die Flüchtlinge eine bequeme Zwischenstation, damit sie in Ruhe ihre weiteren Schritte organisieren können.“ Es sind nicht die einzigen Hotelanbieter, die Zimmer für ukrainische Flüchtlinge bereitstellen. Die PKF hospitality group hat die Initiative „Hospitality Helps“ ins Leben gerufen und ruft Hotels in aller Welt auf, Menschen aus dem Kriegsgebiet aufzunehmen. Michael Widmann, Global CEO der PKF hospitality group, sieht in der humanitären Krise, die durch den Krieg entstanden ist, eine grenzüberschreitende Krise: „Was wir brauchen, sind 10.000 Hotels, die eine Million Zimmer zur Verfügung stellen. Und wir brauchen sie jetzt. Gestern waren wir in der Lage, alle Menschen unterzubringen, die ein Zimmer brauchten und sich bei uns gemeldet haben. Aber heute könnte es eventuell nicht reichen. Es gibt unendlich viele lohnende lokale, regionale oder nationale Initiativen oder solche von einzelnen Hotelgruppen. Das ist gut, aber nicht gut genug.“
Jobs for Ukraine
Es gibt auch Ansätze, Flüchtlinge rasch in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Eine private Initiative dazu wurde mit „jobs-for-ukraine“ von Eric-Jan Kaak, Innovation Leader bei SPAR-ICS, Franz Hillebrand, CIO bei SIGNA, und Alexander Kucera von agencylife geschaffen. Mittlerweile habe man Partner wie die SPAR AG, T-Systems, kika/Leiner, den ÖAMTC, den Verbund, SIGNA, die Österreichische Hoteliervereinigung (ÖHV), PALFINGER, die ÖBB, Sony DADC, HR Consulting Alexander Wozak, Bacher Systems und Confare gewinnen können. Das Prinzip ist einfach: Partnerunternehmen können auf der Plattform ihre freien Stellen anbieten und so in direkten Kontakt mit den Jobsuchenden aus der Ukraine treten. Mittlerweile sind 1.000 Jobangebote auf der Plattform gelistet.