Österreichischer Neubaubericht 2:0: Für heuer zwar weiteres Rekordjahr bei Fertigstellungen, Zenit jedoch erreicht.
Während heuer mit österreichweit 47.000 fertiggestellten Wohneinheiten ein weiteres Rekordjahr erwartet wird, schätzt der Fachverband der Immobilientreuhänder in der WKÖ ein, dass damit auch der Zenit für die kommenden Jahre erreicht sein dürfte. Das geht aus dem heute präsentierten Neubaubericht 2.0 von der WKO und Exploreal hervor, der auch ein Sinken der Fertigstellungsquote in Proportion zu 1.000 Einwohnern ausweist.
Die heurige Fertigstellungsrate von 47.700 Wohneinheiten entspreche jedenfalls einem Plus von 4,2 Prozent, geht aus dem Neubaubericht hervor. Allerdings, so Michael Pisecky, stellvertretender Obmann des Fachverbands und Obmann der Fachgruppe Wien, sei die Fertigstellungsquote von 4,84 Wohneinheiten pro 1.000 Einwohner auf nunmehr 3,68 Prozent gesunken: „„Das liegt daran, dass es zu nicht unerheblichen zeitlichen Verschiebungen gekommen ist.“ Noch könne man nicht einschätzen, inwiefern die aktuelle Marktsituation auf die laufenden Fertigstellungen noch Einfluss nimmt. Fachverbandsobmann Gerald Gollenz: „Aufgrund von Bauverzögerungen sowie den allgemeinen Marktentwicklungen können einige für 2023 geplante Fertigstellungen aber auch erst ab dem Jahr 2024 erfolgen.“
Jedenfalls seien laut Johannes Wild, stellvertretender Fachverbandsobmann und Obmann der Fachgruppe Niederösterreich keine großen Baustopps geplant: „Die Projektentwickler planen, alle laufenden Projekte fertigzustellen.“ Noch sei die Nachfrage gut abgedeckt, vor allem in Wien, in der ein Verhältnis von 8,27 Wohneinheiten pro 1.000 Einwohnern errechnet wurde. Allerdings erweise sich die weitere Situation als unsicher, anhand der Baugenehmigungen lasse sich bereits jetzt ein Rückgang bei den Fertigstellungen erkennen. Wild: „Sollte der Rückgang auf eine gleichbleibende Nachfrage treffen, so könnte es in den kommenden Jahren einen Engpass bei den Wohneinheiten geben.“
Im österreichischen Wohnbau dominieren mit 63 Prozent gewerbliche Bauträger, so Alexander Bosak, Gründer und Geschäftsführer der Bauträgerdatenbank Exploreal. Während gewerbliche vornehmlich im Eigentumsbereich bauen, würden Gemeinnützige Genossenschaften über drei Viertel ihrer Wohneinheiten als Mietobjekte auf den Markt bringen. Auf Bundesländerebene ergeben sich jedenfalls Unterschiede, so Bosak: „So dominieren im Burgenland die gemeinnützigen Bauträger mit 80 Prozent der Neubauleistung, während in Vorarlberg die gleiche Größenordnung, nämlich knapp 80 Prozent, auf gewerbliche Bauträger fällt. Am nächsten kommt dem Burgenland noch Niederösterreich, wo die Gemeinnützigen 58 Prozent des Marktes abdecken. Vorarlberg, als Land der gewerblichen Bauträger wird gefolgt von Kärnten mit 77 Prozent Anteil der gewerblichen Projektentwickler, 72 Prozent sind es in Wien, und 74 in der Steiermark.“
Erhöht hätten sich überdies die durchschnittlichen Quadratmeterpreise in Österreich, allerdings sehr unterschiedlich, so Matthias Grosse, Gründer und Geschäftsführer von Exploreal: „Diese reichen von 1,5 Prozent in Salzburg bis 14,8 Prozent in Tirol. Tirol hat auch mit 6018 Euro pro Quadratmeter die höchsten durchschnittlichen Eigennutzerpreise. Ähnlich hoch ist der Quadratmeterpreis in Wien mit 5994 Euro. Am günstigsten kauft man weiterhin in der Steiermark, mit durchschnittlich 3622 Euro pro Quadratmeter.“
Unklar ist für Gerald Gollenz allerdings, wie es in Anbetracht der ungewöhnlichen Situation, in der sich der Immobilienmarkt befindet, in der Projektentwicklung weitergeht. Einmal mehr richtet er einen Appell an die Politik: „Eines ist klar: Wenn jetzt nicht rasch sinnvolle Maßnahmen gesetzt werden, um einem Engpass für Wohnraum entgegenzuwirken, dann haben wir in drei, vier Jahren ein großes Problem.“