Der Zinshausmarkt zeigt sich von der Pandemie unbeeindruckt, aber es zeichnen sich Preisgrenzen ab.
Die meisten Experten sind sich einig: Die Pandemie hatte auf den österreichischen Zinshausmarkt bisher faktisch keine Auswirkungen. Ganz im Gegenteil, die Preise stiegen weiter an. „Abgesehen von einer kurzen Phase während des ersten Lockdowns hat der Zinshausmarkt schnell wieder an Fahrt aufgenommen“, erläutert Michael Schmidt, Geschäftsführer von 3SI Immogroup. Diese Dynamik hat der Markt auch 2021 nicht verloren. „Die klassischen Wiener Gründerzeit-Zinshäuser haben sich in den letzten zwölf Monaten als einer der wesentlichsten Stabilisatoren für die Wiener Immobilienwirtschaft ausgezeichnet. Keine Krise bringt dieses besondere Wiener Kultur- und Wirtschaftsgut mit seinem hohen, emotionalen Wertanteil ins Wanken“, zieht Eugen Otto, Eigentümer von OTTO Immobilien, Bilanz.
Das Interesse an Zinshäusern ist weiterhin sehr stark und „reicht von den klassischen Zinshausinvestoren über Projektentwickler bis hin zu vermögenden Privatpersonen“, sagt Christian Sommer, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Wien, schränkt aber ein: „Die steigenden Preise haben in letzter Zeit die Gruppe der möglichen Käufer etwas verkleinert.“ Zwar gibt es weniger Investoren, dafür kommen sie mittlerweile nicht nur aus Österreich. „Es kaufen immer mehr deutsche Investoren“, erklärt Harald Martich, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Steiermark. Zuletzt hat die aik Immobilien-Investmentgesellschaft aus Düsseldorf ein Zinshausportfolio, bestehend aus zehn Objekten, in Wien von der CPI Immobilien GmbH für einen Immobilien-Spezialfonds erworben. Die Immobilien verteilen sich auf fünf Standorte in den südlich und westlich gelegenen Wiener Bezirken 10, 15, 16, 17, 18.
Preise legen zu
Überhaupt fanden 70 Prozent aller Zinshausdeals außerhalb des Gürtels statt. Trotzdem entfielen 65 Prozent des Transaktionsvolumens auf die inneren Bezirke. „Dies bedeutet, dass eine Transaktion innerhalb des Gürtels im Durchschnitt ein dreimal so hohes Volumen aufweist wie ein Verkauf in den äußeren Bezirken“, so Martin Denner, Leiter Immobilien Research bei OTTO Immobilien. Und das, obwohl die Preise seit Herbst 2020 insbesondere in den Regionen außerhalb des Gürtels deutlich zugelegt haben. Vor allem bei den Einstiegspreisen konnten starke Steigerungen beobachtet werden. Richard Buxbaum, Leiter der Abteilung für Wohnimmobilien bei OTTO Immobilien: „Die niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden, aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-Zinshaus in einem durchschnittlichen Zustand unter 1.770 Euro pro Quadratmeter verkauft.“
Während die Einstiegspreise nach oben gehen, zeichnen sich aufgrund der Mietrechtsbestimmungen auch Preislimits auf der Käuferseite ab. „Wenngleich diese herausfordernde Zeit nach stabiler Investmentsicherheit trachtet und eine ungebremste Nachfrage auf die Knappheit angebotener Gründerzeithäuser stößt, werden Zinshäuser nicht um jeden Preis gekauft, denn der Anstieg der Verkaufspreise führt zur Senkung der Renditespannen“, sagt Jelena Pirker, Teamleiterin Zinshaus bei OTTO Immobilien.
Deutlich zu beobachten ist laut Gerhard Hudej, Gründer und Geschäftsführer der Hudej-Zinshäuser-Gruppe, auch die Tendenz zum Share-Deal. Die wichtigsten Gründe dafür sind die hohen Preise und der wachsende Anteil der Profis unter den Verkäufern. Denn professionelle Marktteilnehmer bevorzugen den Share-Deal, um bei den Nebenkosten und den Steuern zu sparen – umso mehr, je höher die Preise sind.
Bundesländer ziehen an
Jetzt schon zeigt sich aber: In allen Bundesländern sind im Jahr 2020 die Zinshausmärkte stark gewachsen. „Die Steigerungen in den Bundesländern waren teilweise außergewöhnlich hoch und übertreffen alle bisherigen Jahre“, erklärt Gerhard Hudej. Engel & Völkers Commercial verzeichnet speziell in Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck eine verstärkte Nachfrage, und auch in kleineren Städten ist das Thema Zinshaus für Investoren sehr interessant. Harald Martich: „In Graz wird der Markt zurzeit noch von wenigen lokalen Playern dominiert. In letzter Zeit kommen auch ‚auswärtige‘ Investoren in die Stadt und beleben das Geschäft.“
Einer der Gründe für die Nachfrage ist der Mangel an Alternativen. „Die Zinshäuser sind so begehrt, weil es keine Alternative zur Kapitalanlage gibt“, meint Max Gebhardt, Geschäftsführer von Engel & Völkers Commercial Vorarlberg. Ebenso sieht es Harald Martich und ergänzt: „Zinshäuser sind meistens in gewachsenen innerstädtischen Lagen mit guter Substanz zu finden. Daher ist das Angebot begrenzt.“ Zusätzlich zum begrenzten Angebot drängt Geld auf den Markt, und Max Gebhardt rechnet in Vorarlberg mit einem weiteren durchschnittlichen Preisanstieg von rund fünf Prozent. Auch in den anderen Märkten dürfte der Preisanstieg 2021 weitergehen.