Im ersten Halbjahr ist seit dem zwei Jahre währenden Tief wieder die 500 Millionen Euro-Marke erreicht worden, für das Gesamtjahr geht man von einem Volumen von rund einer Milliarde Euro aus. Die Käufer- und Verkäuferschicht haben einen tiefgreifenden Wandel erfahren.
Nach einem rund zwei Jahre währenden Tal der Tränen zeichnen sich am Wiener Zinshausmarkt wieder Erholungstendenzen ab. Das geht aus dem Ersten Wiener Zinshausmarktbericht von Otto Immobilien hervor, der am Dienstag vor Journalisten präsentiert wurde. Demnach wurde im ersten Halbjahr ein Volumen von 513 Millionen Euro am Zinshausmarkt Wien erzielt – nach 355 Millionen Euro im Vergleichszeitraum 2024. Das entspricht einem Zuwachs von 44 Prozent. Auch die Zahl der Transaktionen stieg mit 151 Abschlüssen um ein Viertel.
Auch wenn das Transaktionsvolumen damit noch um ein Fünftel hinter den Rekordjahren 2021 und 2022 liegt, wertet Eugen Otto, Geschäftsführer von Otto Immobilien, die aktuellen Zahlen als Rückkehr des Vertrauens in den Immobilienmarkt Wien: „Der Aufwärtstrend ist ein klares Signal, dass Investorinnen und Investoren wieder aktiv werden – wenn auch selektiv und vor allem in den stärkeren Lagen.“ Zinshauskäufer finden nunmehr stabile Preise und ein ordentliches Angebot zu erheblich attraktiveren Preisen vor. Vor allem Privatpersonen, die zu den Hochzeiten vor der Zinswende zumeist „unfreundlich ausgebremst wurden“, würden jetzt die Chance unter den veränderten Marktbedingungen ergreifen.
Mit ein Grund für die gestiegene Aktivität ist die Wertberichtigung, die seit 2022 am Zinshausmarkt eingesetzt hat. Lag der Durchschnittspreis pro Quadratmeter Mitte 2022 bei 4.483 Euro pro Quadratmeter hat sich dieser in diesem Jahr auf 3.282 Euro pro Quadratmeter – rund 27 Prozent weniger – eingependelt – außer im ersten Bezirk, wo man im Schnitt rund 11.557 Euro pro Quadratmeter hinblättern muss. Ebenso stabil auch die Renditen mit durchschnittlich 3,13 Prozent, wobei in besseren Lagen bereits leichte Kompressionen eingesetzt hätten. Im ersten Bezirk liege man bei einer Rendite von 1,58 Prozent, in Wien-Alsergrund wurden 2,07 Prozent ausgerufen.
Eine tiefgreifende Veränderung hat die Käufer- und Verkäuferstruktur erfahren, auch durch die Marktbereinigung, die durch die Zinswende Mitte 2022 eingeläutet worden ist. Lag der Durchschnittspreis für ein Objekt damals bei rund sechs Millionen Euro, ist dieser nunmehr auf vier Millionen Euro gesunken. Viele Objekte seien damals ungeachtet der Qualität überbewertet worden, woraus sich ein giftiger Cocktail aus Überbewertung, Inflation, Zinsen, Krieg und Energiepreise ergeben hatte, so Otto: „Die Marktbereinigung war für den Markt notwendig“, so Otto, damit hätten sich niedrigere Markteintrittsbarrieren ergeben. Auf Verkäuferseite finden sich unter anderem auch institutionelle Investoren wie Versicherungen, die Top-Ware verkaufen, einerseits aufgrund der Kosten für neue Energieformen im Verhältnis zur erzielbaren Rendite als auch strengere Eigenkapitalvorschriften für das Halten von Immobilien. Ebenso dürfte in einem Fall ein bevorstehender Zusammenschluss liquides Kapital erforderlich machen.
Grosso modo ist das erste Halbjahr 2025 stark von Unternehmen geprägt gewesen, die auf Käuferseite 72 Prozent des Transaktionsvolumens ausmachten, auch auf Verkäuferseite waren Unternehmen mit 60 Prozent dominant. Auffällig ist der wachsende Anteil privater Käuferinnen und Käufer, die nun 19 Prozent ausmachen – ein Anstieg um 6 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr, wobei die Dunkelziffer durchaus höher sein könnte, da, laut Otto, viele Privatkäufer dazu übergehen, sich zu vergesellschaften, um auch die Erbfolge an die Nachfahren zu regeln.
Ebenso hat der Altbestand an Zinshäusern seit 2009 sukzessive abgenommen. Lag der Wert vor 16 Jahren bei 15.528 Zinshäusern, wurden heuer 13.388 Zinshäuser, die laut Otto-Definition in diese Kategorie fallen, ausgewiesen. Laut Philipp Maisel, Leiter des Zinshaus-Teams bei Otto Immobilien, liege das vor allem an der Parifizierung und darauf folgenden Wohnungseigentumsbegründung: „Auch, weil der Neubausektor bei der Flächenproduktion stockt, weswegen Wohnungseigentum stärker durch den Altbestand befriedigt wird“, so Maisels Resümee. Er verweist unter anderem auf das prominente Beispiel einer Transaktion am Schmerling-Platz 3, wo ein Firmengründer als Privatmann ein repräsentatives Haus mit 2.500 Quadratmeter für rund 23 Millionen Euro rein aus Eigenkapital erworben hatte. Im Gegenzug dazu würden Banken bei Finanzierungen – auch aufgrund der Erfahrung der vergangenen zwei Jahre – zögerlich agieren.
Für das Gesamtjahr 2025 erwartet Otto Immobilien ein Transaktionsvolumen von rund 1 Milliarde Euro. Damit würde die Branche zwar unter dem Fünfjahres-Schnitt bleiben, jedoch erstmals seit der Zinswende wieder die Milliardenmarke überschreiten. „Die Stimmung auf dem Wiener Zinshausmarkt hat sich spürbar gedreht, nach Jahren der Unsicherheit kehrt nun wieder Zuversicht und Abschlussfreude ein“, resümiert Eugen Otto. „Wenn keine externen Schocks dazwischenkommen, sehen wir gute Chancen, dass Wien 2025 erstmals seit der Zinswende die Milliardenmarke bei Zinshaus-Transaktionen knackt.“ Was die bevorstehenden Regelungen hinsichtlich der Wertsicherung durch die Bundesregierung betrifft, sieht Otto kaum Auswirkungen auf die Preise: „Unsicherheit herrscht zumeist dann, bevor derartige Gesetze beschlossen werden. Liegt ein solches dann verbindlich auf dem Tisch, dann gewöhnen sich die Käufer meistens, da dann wieder Rechtssicherheit herrscht.“