Auch 2022 wird kräftig in die öffentliche Verkehrsinfrastruktur investiert. Straßen und Schienen bleiben nicht auf der Strecke.
In fünf Minuten zum Bahnhof und in knapp 20 Minuten mit dem Zug nach Wien – für Anna ist diese tägliche Fahrt nichts Unüberwindbares mehr. Bereits seit Jahren verzichtet die Himbergerin auf ihr Auto, wenn sie die Bundeslandgrenze überschreitet, sagt sie, die ursprünglich aus der Nähe von Neulengbach stammt: „Ja, ich bin heute mit den Öffis viel schneller in der Arbeit als noch vor Jahren.“
Nachholbedarf auf dem Land
Anna ist aber nicht die Einzige, die auf dem Land lebt und mehrere Kilometer zu ihrer Arbeitsstätte pendelt. Mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen arbeitet nicht in der eigenen Wohngemeinde, heißt es von der Statistik Austria. Das erfordert daher den nachhaltigen Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, wofür sich Günter Emberger, Professor am Institut für Verkehrsplanung und Verkehrstechnik an der Technischen Universität Wien, einmal mehr ausspricht. Während das Angebot in den Städten groß sei, gebe es vor allem im ländlichen Raum großen Nachholbedarf. Hier sollte etwa das Fuß- und Radwegenetz zuungunsten der Straßen massiv erweitert werden, damit die Bewohner auch bei kurzen Wegen auf das eigene Auto verzichten können. Statt Park-and-Ride- sollten bei den Bahnstationen etwa Park-and-Bike-Anlagen gebaut werden, empfiehlt der Wissenschaftler, damit die Menschen nicht mit dem Auto zur weiter entfernt gelegenen REX-Station fahren müssen.
Als einen großen Erfolg bezeichnet Emberger das Klimaticket. Weil es einen so niedrigen Preis habe, geb es keinen Grund mehr, auf die Öffis verzichten zu müssen. „Damit können auch zusätzliche Kunden gewonnen werden“, findet der Verkehrsexperte, der auch neue Angebote der Verkehrsverbünde für Pendler befürwortet, um die Autonutzung bis 2030 um rund ein Drittel zu reduzieren.
Stadt – Land – Bim
In Wien läuft der weitere U-Bahn-Ausbau nach Plan. 2028 soll die U2 in den Süden verlängert und damit zur längsten U-Bahn-Linie der Stadt werden. Konkrete Formen nimmt auch der Bau einer Straßenbahn ins Umland der Bundeshauptstadt an: Bis 2025 sollen die Züge nach Schwechat rollen, sofern sich der Bund an der rund sechs Kilometer langen Strecke beteiligt. Damit werden nach über 50 Jahren wieder Straßenbahnen das Stadtgebiet von Wien verlassen, was in Innsbruck oder Linz bereits seit Jahren der Fall ist. Weitere, auch grenzüberschreitende Projekte sollen in der Mitte des aktuellen Jahres präsentiert werden, heißt es dazu von den Wiener Linien. Um die Pendler aus Niederösterreich abzufangen, will die Landesregierung bis zum Jahr 2024 zusätzlich rund 45.000 Stellplätze errichten, davon alleine 35.000 im Speckgürtel rund um Wien. „In Summe investieren wir rund 29 Millionen Euro bis Ende 2023“, verspricht Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.
Viele Weichen sind gestellt
Dass sich der Ausbau der Schiene auch auf die Fahrgastzahlen niederschlägt, zeigt sich bei den Innsbrucker Verkehrsbetrieben. In den Jahren 1993 bis 2020 konnte mit rund 69,1 Millionen Fahrgästen eine Steigerung um 39 Prozent erreicht werden. Das gesamte Investitionsvolumen der Regionalbahnerrichtung zwischen Rum und Völs beträgt seit dem Beginn der Bauarbeiten im Jahre 2010 über 402,38 Mio. Euro, davon wurden von der Stadt Innsbruck über 223 Mio. Euro für Fahrzeuge und Infrastruktur bereitgestellt. Der restliche Betrag von mehr als 178,6 Mio. Euro wurde vom Land Tirol finanziert. Darin sind die beiden Regionalbahnabschnitte von Rum und Völs mit insgesamt rund 42,2 Mio. Euro enthalten, die allein vom Land Tirol finanziert werden. Aktuell laufen die Bauarbeiten für die Straßenbahn nach Rum auf Hochtouren.
Anschlüsse, Brücken und Tunnel
Auch im Straßenbau sind 2022 größere Projekte geplant, berichtet die ASFINAG. So soll die Generalerneuerung der Hochstraße St. Marx in Wien sowie der Zubau einer dritten Fahrspur an der A4 Ostautobahn zwischen Fischamend und Bruck-West abgeschlossen werden. In Linz beginnt die Sanierung der Voestbrücke an der A7 Mühlkreisautobahn, in Salzburg eine umfassende Erneuerung des Ofenauer- und des Hieflertunnels sowie der Tunnelkette Werfen auf der A10 Tauernautobahn. In Vorarlberg hat die ASFINAG die zwei neuen Anschlussstellen Rheintal-Mitte und Bludenz-Bürs für den Verkehr bereits freigegeben.
Anna will auch auf das Auto verzichten, wenn sie in Österreich unterwegs ist. Seit Dezember nutze sie daher das neue Klimaticket. „Mir geht es nicht nur um rasche Verbindungen, sondern auch um den Schutz der Umwelt“, so die 45-jährige Niederösterreicherin abschließend. „Dieser steht für mich im Vordergrund.“