Holz erlebt – als ältester Baustoff der Menschheit – in der Immobilienbranche eine Renaissance. Rund ein Viertel aller Hochbauprojekte in Österreich wird mit dem nachhaltigen Rohstoff errichtet.
Es schont die Umwelt, ist langlebig, recycelbar und sorgt für eine wohlige Atmosphäre: Holz ist zweifelsohne der bedeutendste Rohstoff, über den die Alpenrepublik verfügt, und hat – vor allem in den letzten zwei Jahrzehnten – vermehrt das Interesse von Immobilienprojekt-Entwicklern und Investoren in Österreich geweckt. Transparente und anerkannte Standards für ökologisches Bauen entlang der gesamten Lieferkette werden in der Baubranche schließlich immer wichtiger. Holz als nachwachsender Rohstoff, der zertifiziert aus nachhaltiger, heimischer Waldbewirtschaftung (PEFC) stammt, spielt hier eine zentrale Rolle. „Die Bauwirtschaft gehört leider immer noch zu den Spitzenreitern bei den CO2-Emissionen. Zement und Stahl sind nur zwei Beispiele für Materialien, deren Produktion viel CO2 freisetzt. Gerade mit der Einführung strengerer ESG-Standards und begleitender Berichtspflichten auf EU-Ebene wird es für alle Unternehmen in der Bauwirtschaft immer wichtiger werden, nachhaltig zu bauen und den Lebenszyklus der Bauwerke sowie den Energiebedarf im laufenden Betrieb mitzudenken“, betont Georg Schöppl, Vorstandssprecher der Österreichischen Bundesforste (ÖBf AG).
Stolz auf Holz
Zahlreiche Bauträger haben bereits reagiert und bauen ihre Holz- bzw. Holzhybridbau-Kompetenzen weiter aus, wie etwa vor Kurzem auch die STRABAG mit der 100-prozentigen Übernahme der österreichischen OBERMAYR Gruppe. Damit wird im Unternehmen ein neuer Schwerpunkt auf den konstruktiven Holzbau im Bereich Industrie-, Gewerbe-, Kommunal- und Wohnbau gesetzt.
Laut einer Studie der Universität für Bodenkultur Wien hat sich hierzulande der Holzbau in Bezug auf die gesamten errichteten Nutzflächen im Hochbau zwischen 1998 und 2018 von 14 auf 24 Prozent gesteigert, das heißt, rund 25 Prozent des Bauaufkommens im Gebäudebereich bestehen zu mehr als 50 Prozent aus dem nachhaltigen Rohstoff. 53 Prozent des Holzbaus sind Wohnbauten, 47 Prozent wiederum öffentliche Bauten, Gewerbe- und Industriebauten oder landwirtschaftliche Zweckbauten. Insbesondere im Bereich Wohnbau hat sich der Holzbauanteil in den letzten 25 Jahren mehr als verdoppelt – Tendenz steigend.
Behaglich und nachhaltig wohnen
Vor Kurzem etwa zogen die ersten Bewohner in den von Freimüller Söllinger Architektur für Palmers Immobilien entwickelten Wiener Holzwohnbau „Woody-M“ in der Tivoligasse 11 in Wien-Meidling. Für den Bau der vier jeweils fünf Geschoße hohen Massivholzhäuser wurden 2.300 Kubikmeter heimisches Holz, vorgefertigt vom Osttiroler Familienunternehmen Theurl, verarbeitet – eine Menge, die in Österreich in 40 Minuten wieder nachwächst. Dank der hohen Tragfähigkeit des Rohstoffes bei gleichzeitig geringem Gewicht konnte der Wohnbau problemlos über einem eingeschoßigen Supermarkt angesiedelt werden. – Ein Konzept, das baumhouse Gründer Dietmar Reindl in einer neuen Kombination umsetzt: Mit der Überbauung von einstöckigen Bestandsgebäuden in modularer Holzbauweise schafft das Unternehmen leistbaren, nachhaltigen und komfortablen Wohnraum – und das, dank des hohen Vorfertigungsgrades, in kurzer Bauzeit. „Ein Quadratmeter baumhouse bindet 0,5 Tonnen Kohlenstoffdioxid durch die Holzbauweise“, so Reindl. Ganz zu schweigen davon, dass dank dieser Bauweise weiterer Bodenversiegelung, einem Treiber der Klimakrise, vorgebeugt werden kann.
Die Entsiegelung von Flächen spielt für zahlreiche Projektentwickler eine große Rolle, so auch für LIVIN – World of Home, für den ELK BAU in Klagenfurt aktuell zehn Einfamilienhäuser in Holzbauweise mit etwa 129 Quadratmetern Grundfläche errichtet. Der Spatenstich erfolgte Mitte August. Die schlüsselfertigen Häuser verfügen über einen großen Wohn-Essbereich, drei Schlafzimmer sowie ein zusätzliches Zimmer, das sich beispielsweise ideal fürs Home-Office eignet. Durch eine bebaute Fläche von nur rund 81 Quadratmetern bleibt noch ausreichend Platz für einen großzügig angelegten Garten. Der ökologische Fußabdruck wird nicht nur dank der nachhaltigen Holzbauweise minimiert. ELK-BAU-Geschäftsführer Stefan Anderl: „Da das Wohnbauprojekt auf einem ehemaligen Industriegelände realisiert wird, müssen für die Häuser keine Flächen versiegelt werden. Im Gegenteil: Mit dem Projekt werden dank weitläufiger Gärten sogar Flächen entsiegelt.“
Auch VMF Immobilien hat in den letzten Jahren eine große Expertise im Bereich Nachhaltigkeit aufgebaut, die in neue Projekte einfließt. Geschäftsführer Horst Lukaseder: „Der Holzbau bietet einen hohen Vorfertigungsgrad, wodurch in relativ kurzer Zeit neuer Wohnraum geschaffen werden kann.“ Auch das Wohnbauprojekt Bergheidengasse 21 in Wien-Hietzing wird in Holzhybridbauweise umgesetzt und diesen Herbst fertiggestellt. Das sehr exklusiv gelegene Projekt wird nicht nur höchsten Nachhaltigkeitsmaßstäben gerecht, sondern auch Wohnqualität auf höchstem Niveau bieten. Lukaseder: „Die Fassade aus Lärchenholz und eine Dreifachverglasung sorgen für eine hohe Öko-Bilanz sowie ein hervorragendes Raumklima. Geheizt und gekühlt wird naturschonend mit Erdwärme, was im laufenden Betrieb auch Kosten spart.“ Das Wohngebäude bietet sechs Eigentumswohnungen mit Freiflächen wie Balkon, Terrasse und Garten. Im Untergeschoß befinden sich Einlagerungsabteile, 14 Fahrradstellplätze und eine Tiefgarage mit sechs PKW-Stellplätzen samt Wandauslass zur nachträglichen Installation einer E-Ladestation.
Auch öffentliche Bauten profitieren
Der Holzbau ist aber nicht nur im Wohnbau angekommen, er spielt auch bei der Umsetzung von öffentlichen Gebäuden eine große Rolle. Mitten im Innviertel beispielsweise wurde im Frühjahr 2023 der neue Campus am Areal des Krankenhauses der Barmherzigen Schwestern Ried, der einen modernen Rahmen für Pflegeausbildungen bietet, eröffnet. Die Architekten von DELTA haben darauf geachtet, dass der Holzbau als Hybridlösung Ästhetik, Funktionalität und Nachhaltigkeit vereint. Es handelt sich um den ersten Holzbau in ganz Oberösterreich, der mit Baubuche umgesetzt wurde. Baubuche ermöglicht vielfältige Einsatzmöglichkeiten und ist sowohl für kleinste Bauteile als auch für große Spannweiten geeignet.
Ebenfalls im Frühjahr 2023 erfolgte die erste Grundsteinlegung für die „DOCKS“ im VILLAGE IM DRITTEN, das die ARE gemeinsam mit Partnern entwickelt. Auf rund 9.000 Quadratmetern Nutzfläche sollen bis Sommer 2024 zwei nachhaltige Gebäude in Holzhybridbauweise entstehen, die Räumlichkeiten für Gastronomie, Handel, Co-Working oder auch für produzierende Gewerbebetriebe beherbergen werden. Das Projekt, das bereits mit klimaaktiv Silber vorzertifiziert ist, punktet zudem mit einer klimafreundlichen Energieversorgung durch Erdwärmesonden, Photovoltaik und Fernwärme.
Last, but not least soll am Wiener Handelskai mit dem „Timber Marina Tower“ das höchste Holzhochhaus der Welt entstehen. UBM hat vor Kurzem um rund 24,5 Millionen Euro das SIGNA-Projekt übernommen und plant auf dem Grundstück nahe der U2-Station „Donaumarina“ die Errichtung eines 113 Meter hohen Büroturms mit 32 Ober- und vier Tiefgeschoßen, die insgesamt etwa 44.350 Quadratmeter Fläche umfassen sollen. Das Gebäude entspricht sowohl der EU-Taxonomie als auch den ESG-Richtlinien; als Zertifikat wird LEED Gold angestrebt.