Wenn ein Gesetzgeber Fragen zu seinen Verordnungen beantwortet, steigert das in der Regel die Sicherheit im Umgang mit den Verordnungen. Nicht so bei der Taxonomie.
Kurz vor Weihnachten war es so weit: Die EU-Kommission veröffentlichte eine „draft commission notice“ in Englisch, die versprach, oftmals gestellte Fragen zur EU-Taxonomie-Verordnung eindeutig zu beantworten. Dementsprechend groß war unsere Begeisterung, da die ÖGNI bei der gutachterlichen Bestätigung, die aufzeigt, dass die technischen Bewertungskriterien der Taxonomie bei Gebäuden erfüllt sind, ständig mit diesen Fragen konfrontiert wird und Antworten in ihren Gutachten finden muss.
Der Katzenjammer nach dem Jahreswechsel und der feiertäglichen Aufarbeitung des doch sehr umfangreichen „Antworten-Konvoluts“ war groß. Denn die Antworten sind schwach, teilweise widersprüchlich, und in manchen Themenbereichen treten noch mehr Fragen auf als zuvor. Eine schwache Arbeit, die der hervorragend konzipierten EU-Taxonomie nicht würdig ist.
Der Running Gag gleich zu Beginn: Das ganze Konvolut gilt nicht. In der „notice“ ist ganz klar formuliert, dass sie – solange sie nicht in alle EU-Sprachen übersetzt ist –keine Gültigkeit hat, und die Kommission behält sich auch dann noch vor, vor dem EU-Gerichtshof Fragen anders zu beantworten als in der „notice“. Also auf Deutsch: Der Gesetzgeber erklärt sein Gesetz, behält sich aber vor, zukünftig das Gesetz auch ganz anders erklären zu können. Was soll man mit so etwas machen?
Schlüsse aus der Misere
Die ÖGNI kann sich nicht mit Schaudern abwenden. Als eine der ganz wenigen Organisationen in Europa, die sich mit der Taxonomie auskennen, die ihren Mitgliedern und Kunden hilft, Antworten zu finden, sind wir verpflichtet, unsere Schlüsse aus der Misere zu ziehen. Die lauten wie folgt: Das Datum des gültigen Baubescheids entscheidet, welcher Stand der Taxonomie-Verordnung angewendet wird. Endlich. Investitionssicherheit gegeben.
Die Verantwortung für die Erreichung von Biodiversität wird über den Weg der Widmung den Staaten übertragen. Wow, ich bin schon gespannt, wann Biodiversität in die Gesetze und Verordnungen über Widmungen in Österreich Eingang finden wird. Das nehmen wir zur Kenntnis und arbeiten in Brüssel an einer Veränderung der diesbezüglichen Antworten.
Bei Kreislaufwirtschaft ist das Verbrennen (thermische Verwertung) aus der stofflichen Verwertung ausgenommen – das heißt, die 70 Prozent Verwertungsfähigkeit müssen ohne Verbrennen erreicht werden. Beim Energieausweis ist zukünftig immer eine Version „wie gebaut“ zu erstellen, Energieausweise auf Basis von Planungen sind nach Fertigstellung nicht mehr gültig.
Was wir mit allen Mitteln bekämpfen werden, ist die neue Auslegung des Begriffs „Primärenergiebedarf“. Wir zielten bisher immer auf die Reduktion des fossilen Energieverbrauchs ab, zukünftig ist aber der gesamte Energiebedarf inklusive Fernwärme zu berücksichtigen. Das werden wir bis zu einer etwaigen Rechtsgültigkeit der „notice“ ignorieren, denn es würde bedeuten, dass praktisch der gesamte Gebäudebestand in Österreich nicht mehr taxonomiefähig wäre und auch durch Sanierungen nur mit sehr hohem Aufwand fit gemacht werden könnte. Wer würde dann noch sanieren, wenn die Taxonomie sowieso nicht erreichbar ist?
Fragen, Antworten und noch mehr Fragen. Also? Weiterkämpfen.