Der deutsche Immobilienmarkt hat sich in Europa als einer der robustesten erwiesen – einerseits erfreulich für die Investoren, auf der anderen Seite ist die Nachfrage so groß, dass die Renditen sinken.
Deutschlands Immobilienmarkt zählt neben dem Markt in Großbritannien zu einem der starken Immobilienmärkte in Europa. Er erwies sich in den letzten Jahren als relativ robust, sodass ihm selbst die Coronakrise nichts anhaben konnte. Gewinner waren vor allem Wohn- und Logistikimmobilien. Diese beiden Segmente haben sich als relativ risikofrei gezeigt. Damit entsprechen sie auch dem Wunsch der Investoren. Diese haben derzeit eine klare Ausrichtung auf risikoaverse Investmentstrategien. So wurden im ersten Quartal des heurigen Jahres 71 Prozent des Transaktionsvolumens in Core- und Core-Plus-Immobilien investiert. Laut CBRE blieb mit mehr als zwei Milliarden Euro die Hauptstadt Berlin der größte Markt für nationale und internationale Investoren, gefolgt von München und Frankfurt am Main.
Hohe Nachfrage nach Wohnraum
Der Wohnungsmarkt ist die Nummer eins, wenn es um Sicherheit geht. Auf dem Markt für Wohnportfolios wurde im Jahr 2020 zum zweiten Mal überhaupt die Umsatzmarke von 20 Milliarden Euro überschritten. Dies ist das Ergebnis des Wohnungsmarktberichts, der von der ZBI Zentral Boden Immobilien Gruppe in Zusammenarbeit mit NAI apollo valuation & research erarbeitet wurde. In den 57 analysierten deutschen Städten (7 A-, 8 B-, 15 C- und 27 D-Standorte) zeigten sich die Mieten und Kaufpreise für Eigentumswohnungen weitgehend unbeeindruckt. Die Angebotspreise im Segment der Eigentumswohnungen stiegen in allen untersuchten deutschen Metropolen ohne Ausnahme an und erzielten unter Einbeziehung aller Größen- und Baualterssegmente im Schnitt der sieben A-Städte 2020 ein Preiswachstum von 7,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die enorm hohe Nachfrage nach Wohnraum bei Privatpersonen und institutionellen Investoren führt laut Catella Research zu einem Renditerückgang in fast allen Standorten. Dies deshalb, da sich die Angebotskaufpreise für Eigentumswohnungen deutlich dynamischer entwickelten als die Angebotsmieten für Mietwohnungen. Vor allem Groß- und Mittelstädte zählten zu den Gewinnern im Kaufsegment. Betrachtet man deren prozentuales Wachstum, haben diese die A-Städte 2020 im Durchschnitt sogar abgehängt.
Vor allem im Osten Deutschlands zeichnen sich die Wohnungsmärkte durch ein breites Spektrum an Rendite-Risiko-Profilen aus. Ostdeutschland ist grundsätzlich gekennzeichnet durch eine Mischung aus prosperierenden Schwarmstädten und schrumpfenden Regionen. Laut der Studie „Ostdeutsche Wohnungsmärkte: Daten und Perspektiven 2021“ von Wüest Partner überwiegen aber grundsätzlich die positiven Ausblicke in Ostdeutschland. Plauen, Gera und Dessau-Roßlau bieten hohe Renditen bei hohem Risiko, während Investments in Berlin, Leipzig, Dresden und Potsdam relativ risiko- und renditearm sind. Das günstigste Verhältnis aus Risiko und Rendite haben Potsdam, Rostock, Erfurt und Jena.
In der Untersuchung wurden 20 Städte in Ostdeutschland anhand mehrerer Kriterien verglichen, darunter Demografie, Wirtschaftskraft, Wohnungsbestand und Wohnungsbautätigkeit. Der Osten Deutschlands hat nicht nur einen starken Wohnungsmarkt. Karsten Kluge, Geschäftsführer der DVI Gruppe, sieht auch im Büromarkt großes Potenzial: „Ostdeutsche Mittelstädte werden nicht nur als Wohn-, sondern auch als Büroinvestmentstandorte vielfach unterschätzt. Sie bieten aber gute Bedingungen zum Leben und Arbeiten.“
Berliner Büros sind beliebt
Der Büromarkt ist aber nicht nur im Osten Deutschlands bemerkenswert, er ist in ganz Deutschland gut durch die Coronakrise gekommen, wie ein Rating von Wüest Partner zeigt. In diesem wurden 30 europäische Bürostandorte untersucht. Karsten Jungk, Geschäftsführer und Partner bei Wüest Partner: „Das Rating identifiziert die europäischen Metropolen, in denen sich die Erfolgsaussichten für Immobilieninvestitionen verbessert haben.“ Die Analyse berücksichtigt 16 Kennziffern, darunter u. a. die Anzahl und den Anteil der Beschäftigten in Zukunftsbranchen, die Arbeitslosenquote, die Entwicklung des Büroflächenumsatzes und -leerstands sowie die Spitzenmiete.“
Laut Wüest-Partner-Ranking ist Berlin die derzeit attraktivste Stadt für Investitionen in den Büroimmobilienmarkt. „Die Spreemetropole zeichnet sich durch vergleichsweise niedrige Leerstandsraten und eine gute Absorption der neu auf den Markt gelangenden Flächen aus. Darüber hinaus ist hier der Anteil zukunftsträchtiger Branchen am Arbeitsmarkt stark überdurchschnittlich und der Büroflächenmarkt bietet aufgrund seiner schieren Größe relativ viele Optionen für den Investment-Einstieg“, so Jungk.
Der Blick in Zukunft
Solange es keine attraktiven Alternativen zu Immobilienveranlagungen gibt, wird weiterhin in diese Sachwerte investiert. Felix Schindler, Head of Research der Warburg-HIH Invest, gibt einen Ausblick zur weiteren Entwicklung: „Der Anlagedruck bei den Investoren und damit die Nachfrage an den Immobilienmärkten bleibt aufgrund fehlender Anlagealternativen nach wie vor hoch, wobei mit einer stärkeren Differenzierung bei den Mikro- und Makrolagen, Nutzungsarten sowie Objektqualitäten zu rechnen ist. Ebenso erwarten wir aufgrund der gestiegenen Risikoaversion der Investoren und eines von erhöhten Unsicherheiten geprägten Umfelds eine zunehmende Nachfrage nach Core-Produkten.“ Insgesamt dürften Immobilienanlagen im anhaltenden Niedrigzinsumfeld in den Portfolien der Investoren einen noch größeren Stellenwert einnehmen. Daran wird auch ein Anstieg der Inflationsraten nichts ändern.
„Für 2021 zeichnet sich ein dynamischer Jahresverlauf am Investmentmarkt ab, wobei vor allem im Core- und Core-Plus-Bereich das Transaktionsvolumen weiterhin durch ein limitiertes Angebot begrenzt wird“, erklärt Fabian Klein, Head of Investment Germany bei CBRE. Deswegen dürfte sich die Renditekompression bei den angesagten Nutzungsarten auch weiter fortsetzen. „Insgesamt erwarten wir bis zum Jahresende ein Investitionsvolumen von gut 70 Milliarden Euro, von denen
20 Milliarden Euro auf institutionelle Wohnimmobilieninvestitionen entfallen werden.“
Topthema: Gesundheit
Und noch eine Immobilienart bleibt bei den Investoren äußerst beliebt. Das Transaktionsvolumen für Gesundheitsimmobilien stieg laut CBRE im 1. Halbjahr im Vergleich zum Vorjahr um 34 Prozent auf 1,4 Milliarden Euro. Besonders Deals, die sich im vergangenen Jahr abzeichneten und im 1. Halbjahr zum Abschluss kamen, haben zu dem starken Halbjahr geführt. Dominiert wurde der Markt erneut von Pflegeheimen mit 54 Prozent Umsatzanteil, stark zugelegt haben betreutes Wohnen auf 33 % Umsatzanteil und Ärztehäuser auf 12 %. Ausländische Investoren erhöhten ihren Marktanteil trotz anhaltender Reisebeschränkungen um 3 auf 45 Prozent. Die Spitzenrenditen für Pflegeheime sanken im Jahresvergleich um 0,25 Prozentpunkte auf 4 Prozent. Für das Gesamtjahr erwartet CBRE einen Umsatz in der Nähe des bisherigen Rekordergebnisses von 2020 mit knapp 3,4 Milliarden Euro.
Die Dynamik hält in Deutschland in den gefragten Segmenten also weiter an und für das laufende Jahr scheinen sich keine größeren Veränderungen zu ergeben.