Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder: Ab kommendem Jahr massiver Einbruch im Neubau. Jene, die noch Geld haben, kaufen noch schnell Wohnungen vor Angebotsverengung. Warnung: Auf Bauwirtschaft könnte erhebliche Krise zukommen.
Das vorige Jahr war bei den Fertigstellungen im Wohnbau so ziemlich das letzte Rekordjahr. Ab kommendem Jahr rechnet der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder anhand von Zahlen der Bauträgerplattform mit einem erheblichen Einbruch. Demnach seien im Vorjahr rund 43.800 Neubauwohnungen fertiggestellt worden, für heuer werden es um rund 5.000 weniger sein, bis die Pipeline im kommenden Jahr gerade einmal auf 29.000 Fertigstellungen einknickt, geht aus einer entsprechenden Präsentation des 1. Österreichischen Neubauberichts Mittwochvormittag vor Journalisten hervor. Dieser Trend werde sich laut Einschätzung von Exploreal-Geschäftsführer Alexander Bosak in den Folgejahren fortsetzen.
„Wir haben schon mehr gejauchzt und gejubelt, die Zeiten waren schon lustiger“, so Fachverbandsobmann Gerald Gollenz. Erstmals seit Jahrzehnten sei das Angebot ausreichend, jedoch komme in den Folgejahren nichts nach. Durch den erwarteten Einbruch würde sich überdies das Verhältnis zwischen gefördertem und gewerblichem Wohnbau wieder angleichen. Österreichweit seien die Preise spürbar gestiegen, um rund 8,6 Prozent im Jahr und liegen nun im Schnitt bei 6.440 Euro pro Quadratmeter, so Matthias Grosse von Exploreal. Im Bundesländervergleich gibt es allerdings Differenzen, in Wien habe es gerade einmal einen Preisanstieg von vier Prozent gegeben – und damit unter der Inflation. In Kärnten hingegen habe es zum Vergleich einen massiven Preissprung nach oben gegeben.
Das hat entsprechende Folgen. Laut Gollenz werden daher die Preise für Neubauwohnungen nicht fallen, da sich einerseits das Angebot verknappt, die Nachfrage jedoch weiterhin steigt – und das bei nach wie vor hohen Baukosten. Vor allem der großvolumige Wohnbau gerät durch die aktuelle Marktlage ins Hintertreffen, was Bauträgersprecher Hans-Jörg Ulreich mitunter darauf zurückführt, dass institutionelle Fonds derzeit nicht in den Wohnbau investieren. Dieser würde sich schlicht nicht rechnen: „Wir steuern auf eine Krise in der Bauwirtschaft zu. Die Bauarbeiter, die nicht bauen, werden wir verlieren – und die kommen auch nicht mehr zurück. Es braucht dringend Sanierungsanreize, um die Bauarbeiter zu halten, zumal es in Österreich ohnehin einen massiven Sanierungsstau gibt. Aber diese Anreize sehen wir nicht.“ Ulreich plädiert in dem Zusammenhang einmal mehr für die Nachverdichtung im Bestand.
Was die Transaktionen betrifft, habe es eine Trendwende gegeben, Leute kaufen wieder Wohnungen ein. Das sei nicht nur darauf zurückzuführen, dass der Leitzins unverändert geblieben ist und die Fixzinsen sinken, es würden Menschen, die noch über Kapital verfügen vermehrt wieder kaufen – wohl auch aus Angst, im Zuge des sich signifikant verknappenden Angebots mehr bezahlen zu müssen oder die Wunschwohnung nicht mehr vorzufinden, so Ulreich. Was die Preise betrifft – erhoben seien durch Exploreal die Angebotspreise – würden diese im Neubau nahezu zur Gänze erzielt werden, so Grosse. Abschläge gebe es hingegen bei Gebrauchtwohnungen, da Käufer allfälligen Sanierungsbedarf bereits einpreisen würden.
Ebenso zeitigt das im Vorjahr eingeführte Bestellerprinzip im Mietsektor die ersten Auswirkungen. Demnach sei die Zahl der Maklerunternehmen wie auch Beschäftigten gesunken, während die Nettomieten von Privatanbietern bundesweit gestiegen sind. Ebenso ist das Angebot auf Plattformen angezeigten Mietwohnungen um 20 Prozent gesunken. „Der Wohnungsmarkt ist eine Sache, aber gerade einem Berufsfeld, in das besonders Frauen gerne in die Selbständigkeit (wieder-)einsteigen, wurde mit dem Bestellerprinzip ein enormes Betätigungsfeld quasi über Nacht entzogen. Damit haben sich unsere Warnungen leider bestätigt.“
Der Forderung der AK zur Abschaffung von befristeten Mietwohnungen erteilt man jedenfalls eine Absage: Mietverträge würden aufgrund der Rechtsunsicherheit im Mietrecht befristet werden, überdies würde man bei unbefristeten Mietverträgen keine Finanzierung für die Sanierung erhalten. Man müsse sich bei der AK eher fragen, warum es überhaupt befristete Mietverträge gibt. Gollenz fordert eine Diskussion auf Augenhöhe, um Wohnen wieder leistbar zu machen, worunter auch eine Reformierung des MRG zählt: „Wir stehen gerne für Gespräche zur Verfügung. Bislang hat sich die AK aber nicht mit uns unterhalten.“