Die Zeit der großen Preisrallye ist durch Ukraine-Krieg, Inflation und Zinswende vorbei. Warum jetzt Investoren abwarten, dafür Baufirmen nach neuen Projekten fragen, erläutert Thomas Belina, Geschäftsführer bei Colliers Österreich im Gespräch mit immobilien investment-Chefredakteur Charles Steiner.
Coronapandemie, Ukraine-Krieg und Zinswende: Wie reagiert der Markt auf diese Herausforderungen? Ist das bereits im Transaktionsgeschehen spürbar geworden?
Thomas Belina: Der Investmentbereich ist schwieriger geworden. Bei größeren Entwicklungsprojekten läuft es besser, auch weil die Timelines langfristiger sind. Deutlich schwieriger ist es aktuell im Zinshausbereich. Es wird zwar schon noch Einiges transaktioniert, allerdings sind das zumeist die Liegenschaften in sehr guter Lage und hoher Qualität. Bei nachgelagerten Objekten ist derzeit schon viel weniger Marktgeschehen zu bemerken. Die Investoren warten ab. Das liegt auch daran, dass sich die Finanzierungsmöglichkeiten deutlich verändert haben, nicht einmal professionelle Investoren mit Top-Bonität kommen um eine Eigenkapitalquote herum. Objekte kaufen, um sie schnell mit entsprechender Wertsteigerung weiterzudrehen, ist im aktuellen Marktumfeld nicht mehr leicht möglich.
Warum gerade Zinshäuser? Gerade dieser Anlageklasse sagt man besondere Krisenresilienz nach.
Belina: Weil es vor den aktuellen Herausforderungen einen starken Run auf Zinshäuser gegeben hat und es bis vor einigen Monaten für Investoren auch einfacher war, Projekte zu finanzieren und mit weniger Equity-Einsatz zu kaufen. Die Wertsteigerung war dafür enorm und hat auch auf außenliegende Bezirke in Wien ausgestrahlt; das hat zu ambitionierten Preisniveaus auch bei B- und C-Lagen geführt.
Wer sind denn jetzt die Käufer im Zinshaussegment? Eher Bestandshalter oder Entwickler?
Belina: Aktuell sehen wir mehrheitlich Investoren mit einem längerfristigen Investitionsfokus; für Entwickler wird wesentlich sein, dass die aktuell hohen Baupreise mittelfristig wieder nachgeben werden, und sich auf einem – wenn auch hohen – Niveau stabilisieren; davon gehen wir aus und stellen auch fest, dass es für Entwickler wieder leichter wird, kompetitive Angebote von Baufirmen zu bekommen.
Trotzdem wird man nicht umhinkommen, marktfähige Endpreise kalkulieren zu müssen. Mit den neuen Bankenrestriktionen wird es aber für einen großen Teil der Kunden schwierig, sich überhaupt eine Eigentums- oder Vorsorgewohnung leisten zu können…
Belina: Für den Wohnungskauf wird das in einem gewissen Segment für potentielle Käufer eine Herausforderung darstellen, weil die neuen Bankenvorgaben – Eigenkapitalhinterlegung mindestens 20% des Kaufpreises inklusive Nebenkosten, monatliche Rate maximal 40 Prozent des Nettohaushaltseinkommens und eine maximale Laufzeit von35 Jahren – dafür sorgen werden, dass sich weniger Menschen eine Eigentumswohnung werden leisten können. Dennoch ist der Wohnungsbedarf weiterhin groß, weswegen es nach wie vor eine starke Nachfrage geben wird.