Immer mehr Aufgaben, aber weniger Geld: Zweifelsohne stehen Österreichs Kommunen vor enormen (finanziellen) Herausforderungen. Wir baten dazu Städtebund-Präsident Michael Ludwig zum Interview.
Womit haben Österreichs Städte und Gemeinden zu kämpfen?
Die Städte und Gemeinden hatten gerade erst die Coronapandemie zu meistern; sie haben eine riesige Infrastruktur mit Test- und Impfangeboten aufgebaut, sie hatten durch die Pandemie nicht nur finanzielle Ausfälle zu verkraften, sondern auch personelle Ausfälle in Betrieben, in Kranken- und Pflegehäusern oder in Schulen und Kindergärten. Daher glaube ich, dass die Städte und Gemeinden am Limit arbeiten, um die städtischen Dienstleistungen aufrechtzuerhalten. Und ganz generell gesagt: Die Städte übernehmen immer mehr Aufgaben, haben dafür aber immer weniger Geld zur Verfügung. Das ist ein klarer Handlungsauftrag an die Bundesregierung, den Städten und Gemeinden nachhaltig finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Hinzu kommt der schreckliche Krieg in der Ukraine, dessen Bilder uns jeden Tag betroffen machen. Dabei gilt für die Stadt Wien von jeher: zu helfen, egal ob mit Ankunftszentren, medizinischer Versorgung oder einfach einem Platz zum Schlafen. Ganz wichtig ist mir als Präsident des Städtebundes auch, die bestehenden Städtepartnerschaften von österreichischen Städten im Kriegsgebiet oder in den Nachbarstaaten weiterzuführen und damit auch die Bürgermeister vor Ort zu unterstützen, aber natürlich auch die Zivilgesellschaft.
Wie kann der Städtebund die Städte bei der Bewältigung ihrer kommunalen Aufgaben unter die Arme greifen?
Der Städtebund ist eine starke Interessenvertretung für jede einzelne Stadt, egal ob es um den Stadtbus geht, den städtischen Energieversorger oder Kultureinrichtungen vor Ort. Die Experten des Städtebundes verhandeln mit den zuständigen Stellen im Land und im Bund, in Brüssel oder international. Und sie können sicher sein, dass unsere Experten das Maximum herausholen, um die Menschen in ihrem Lebensraum, in den Städten, bestmöglich zu unterstützen.
Warum sind Investitionen in die soziale Infrastruktur so wichtig?
Weil es genau darum geht: Hat mein Kind einen Kindergartenplatz? Kann ich tagsüber arbeiten, und hat der Kindergarten auch danach noch offen? Sind die Großeltern, wenn sie krank sind, gut versorgt – im Krankenhaus oder im Pflegeheim? Habe ich als Alleinerzieher genug Angebote, um gut leben zu können, und gibt es auch ein Angebot, wenn es mir einmal nicht so gut geht und ich professionelle Hilfe brauche, die ich mir auch leisten kann? Denn: Jeder hat ein Recht auf ein gutes Leben – mit allen Dienstleistungen, die man dafür braucht.
Inwiefern können klimafreundliche Maßnahmen in den Städten forciert werden?
Eines ist klar, dazu braucht es mehr Geld vom Bund, von der Europäischen Union und anderen Stellen. Denn die Umrüstung der städtischen Infrastruktur kostet Geld, es geht um eine nachhaltige und dauerhaft klimafitte Stadt. Was wir brauchen, sind leicht umsetzbare Förderungen, eine langfristige Finanzierung unserer Projekte und natürlich ein klares Bekenntnis von allen Verantwortlichen in der Bundesregierung zu dem Ziel der „Klimaneutralität 2040“.