Nur ein Placebo? In einem Gastkommentar über die Absage an die Mietpreisbremse in Österreich sieht Hans Volkert Volckens, Managing Partner von Blacklake Management Partner, kein dauerhaft wirksames Medikament gegen die chronischen Krankheiten des Mietwohnungsmarkts.
Die österreichische Regierung hat entschieden. Statt einer Mietpreisbremse wird nun ein Wohnkostenzuschuss eingeführt. Mieterinnen und Mieter sollen damit zumindest etwas von den stark steigenden Mieten entlastet werden, ohne dass Vermietern die Möglichkeit genommen wird, Mieten zu erhöhen.
Die Reaktionen auf diesen österreichischen Kompromiss sind vielfältig und vor dem Hintergrund einer geradezu historischen Inflation verständlich. Denn die Kostensteigerungen im Wohnbereich belasten schwer und schüren Angst, sich die eigenen vier Wände bald nicht mehr leisten zu können. Mieterinnen und Mieter wünschen sich in einer Zeit, in der es vielfältige wirtschaftliche Unsicherheiten gibt, zumindest für ihr Zuhause Planungssicherheit.
Es ist absehbar, dass der Wohnkostenzuschuss nur bedingt das Leid lindern wird. Denn er ist für die Dimension der Herausforderung zu schmal bemessen, wirkt „per Gießkanne“ und könnte unter Umständen sogar Mietsteigerungen befeuern. Der Wohnkostenzuschuss scheint mehr politischer Placebo zu sein, als ein dauerhaft wirksames Medikament gegen die chronischen Krankheiten des Mietwohnungsmarktes.
Allerdings würde auch die Mietpreisbremse zu erheblichen Herausforderungen führen. Denn Vermieter stehen vor enormen Belastungen, wenn man einmal an die sich täglich verteuernden energetischen Sanierungen oder an die anstehenden Anschlussfinanzierungen im neuen Zinsumfeld denkt. Ohne die Möglichkeit, Mieten zu erhöhen, wird es vielfach nicht gelingen, Wohnungen überhaupt noch wirtschaftlich plausibel zu vermieten. Schon ohne Mietpreisbremse wird es für manche Vermieter herausfordernd werden, ihre Immobilienanlagen finanziell solide auszusteuern.
Der Gesetzgeber konnte also – unbeachtlich seiner konkreten Entscheidung – in dieser Debatte nur verlieren. Denn die Ursachen der Krankheit des Mietwohnungsmarktes liegen tiefer und können nur im Wege eines gemeinsamen Kraftaktes von Politik und Immobilienwirtschaft behandelt werden:
Dauerhaft leistbare Mieten bei gleichzeitiger angemessener Rendite für die Immobilieneigentümer wird es nur geben, wenn der Wohnungsbau deutlich günstiger und schneller wird. Hierfür sind neue Formen des Bauens (modular, seriell), ein zügiger Ausweis von Baurecht und eine Inventur der (teils überflüssigen) rechtlichen Vorgaben erforderlich. Wir brauchen also Innovationen in rechtlicher und bautechnischer Hinsicht. Hierfür braucht es einen konstruktiven Schulterschluss von Politik und Immobilienwirtschaft und jeweils wirksame Innovationsbeiträge. Nur so wird dauerhaft bezahlbarer Wohnraum entstehen, der den Druck von den Mieterinnen und Mietern nimmt.
Möge die politische Absage an die Mietpreisbremse zum Auftakt einer solchen Debatte werden!
Zur Person:
Dr. Hans Volkert Volckens ist Managing Partner der auf die Immobilienwirtschaft fokussierten Strategie- und Managementberatung Blacklake. Er ist anerkannter Spezialist für die professionelle Führung von Unternehmen in Zeiten des starken Wandels. Zu seinen beruflichen Stationen gehören u.a. die Hannover Leasing GmbH & Co. KG, IC Group AG, IVG Immobilien AG und die CA Immobilien Anlagen AG.
Zuletzt war er Head of Real Estate & Asset Management sowie EMEA Head of Real Estate Advisory der KPMG und hat die erfolgreiche Neuausrichtung des Geschäftsbereiches Real Estate verantwortet.Volckens ist u.a. Lehrbeauftragter der EBS Universität für Wirtschaft und Recht, Vorsitzender des Steuerausschusses des Zentralen Immobilien Ausschusses e.V. sowie Vorstand des Instituts Corporate Governance für die Immobilienwirtschaft e.V.