VÖPE, GBV, Bauwirtschaft und Gewerkschaft Bau-Holz: Situation am österreichischen Wohnungsmarkt ist dramatisch. Forderung nach einem eigenen Bautenminister. Mittel aus Wohnbaupaket der Bundesregierung kommen nicht an.
Das aktuelle Marktumfeld mit gestiegenen Zinsen, hohen Grundstücks- und Baukosten und zusätzlich mit der KIM-Verordnung haben den Wohnbau nahezu zum Erliegen gebracht. Mittlerweile ist die Situation jedoch so dramatisch sein, dass sich erstmals die Vereinigung der Österreichischen Projektentwickler auf gewerblicher Seite, der Österreichische Verband Gemeinnütziger Bauvereinigungen sowie die Gewerkschaft Bau-Holz und der Fachverband der Bauindustrie in der Wirtschaftskammer zur Allianz Wohnbau Österreich formiert haben.
Erklärtes gemeinsames Ziel im Presseclub Concordia Dienstagvormittag vor Journalisten: Die Politik zu einer verstärkten Zusammenarbeit aufzurufen, um den drohenden Stillstand im Wohnungsbau abzuwenden. Die Allianz Wohnraum Österreich will dabei als Plattform für den Dialog zwischen Bauwirtschaft und Politik dienen. Ebenso wurde ein eigener Bautenminister gefordert.
Andreas Köttl, Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler (VÖPE), appellierte an die Politik: „Arbeitet mit uns zusammen. Die hohen Preise und Bodenpreise bringen die Immobilienwirtschaft zum Erliegen. Waren 2019 noch knapp 85.000 Wohneinheiten genehmigt, sind es heuer nur mehr 47.000 Baugenehmigungen. Davon liegen allerdings viele derzeit on Hold. Das ist problematisch, da die Vorlaufzeiten für Projekte lang sind. Jede Wohnung, die heute nicht geplant wird, wird uns in drei bis fünf Jahren fehlen. Die Politik muss heute handeln, damit die Menschen morgen wohnen können.“ Es bedürfe einer Beschleunigung von Verfahren, einer Reduktion der Bürokratie sowie einer Attraktivierung von klimagerechtem Bauen und Sanieren.
Klaus Baringer, Verbandsobmann des Österreichischen Verbandes gemeinnütziger Bauvereinigungen – Revisionsverband (GBV), bezeichnete die Gründung der Allianz als historischen Moment: „Es ist an der Zeit, die richtigen Schritte zu setzen, um das System des österreichischen Wohnraums zu erhalten. Wir stehen vor mehr als nur einer Stagnation im Wohnbau. Die hohen Grundpreise, Baukosten und die Zinswende am Kapitalmarkt belasten uns. Im gewerblichen Bereich herrscht nahezu Stillstand, und auch wir als GBV spüren die Situation. 2023 gab es noch 29.200 Baugenehmigungen im Gemeinnützigen Sektor. Dieses Jahr entstehen nur noch 14.100 Neubauwohnungen, ab kommendem Jahr werden es nur noch 10.000 bis 11.000 sein.“
Obwohl das Wohnbaupaket der Bundesregierung positiv aufgenommen wurde, monierten die Vertreter, dass die Umsetzung nur schleppend vorankommt. Insbesondere die stark gestiegenen Bodenpreise, hohe Baupreise und Kapitalmarktzinsen setzen der Bauwirtschaft zu. Peter Krammer vom Fachverband Bauindustrie der Wirtschaftskammer Österreich betonte die Dringlichkeit: „Die rückläufigen Baugenehmigungen und das reduzierte Bauvolumen sind alarmierend. Obwohl wir mit den zusätzlichen 2,2 Milliarden Euro der Bundesregierung sehr zufrieden sind, kommen diese Mittel nicht auf den Baustellen an. Verschiedene Umstände verhindern Investitionen. Es braucht mindestens 36 Monate, bis die Nachfrage nach Stabilisierung der Zinslage wieder anspringt. Das ist zu spät.“
Josef Muchitsch, Vorsitzender der Gewerkschaft Bau-Holz, warnte vor den sozialen Folgen: „Der Wohnbau erlebt einen Einbruch, und die Prognosen sind alles andere als positiv. Dies führt nicht nur zu einer Krise in der Bauwirtschaft und einem Engpass bei Wohnraum, sondern auch zu einem Einbruch bei den Beschäftigten. Tausende Betroffene und Familien sind von Arbeitslosigkeit bedroht. Die Bauwirtschaft verzeichnet im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg der Arbeitslosigkeit um 19 Prozent.“
„Wir brauchen ein klares Bekenntnis der Politik und die Übernahme von Verantwortung“, forderte Köttl. Baringer ergänzte: „Die Allianz soll als Trägerrakete dienen, um Vorschläge und Maßnahmen zu erarbeiten und mit der Politik zu diskutieren. Es geht darum, leistbaren und finanzierbaren Wohnraum zu schaffen, den wir in Österreich dringend benötigen.“ Die Vertreter der Allianz betonten, dass es nicht nur um finanzielle Mittel geht, sondern um die Koordination und Umsetzung von Maßnahmen. „Lange Verfahrensdauern führen zu hohen Zinsbelastungen und erhöhen die Kosten“, erklärte Köttl. „Mit einer besseren Koordination auf allen Ebenen könnten wir viel bewirken.“ Ein Bautenminister ist als dezidiert wünschenswert erachtet worden, der letzte Minister, der das Portfolio „Bauten“ im Titel trug, war Heinrich Übleis in der Bundesregierung Vranitzky I bis 1987. Andreas Köttl: „Seither wird der Wohnbau im Bund stiefmütterlich behandelt und niemand fühlt sich letztverantwortlich.