Auf der diesjährigen MIPIM in Cannes werden zwar baldige Zinssenkungen herbeigesehnt. Aber dennoch ist die aktuelle Polykrise, in der sich die Immobilienwirtschaft befindet, in den Köpfen der Teilnehmer präsent. Man bleibt also realistisch – und spuckt in die Hände.
Als „schockgefrostet“ erweist sich der Immobilieninvestmentmarkt rund eineinhalb Jahre nach der sprunghaften Zinserhöhung nach Jahren der Nullzinspolitik. Jene, die heuer auf der MIPIM im Palais du Festivals in Cannes zugegen sind, sind hier um zu arbeiten, Partylaune kommt in Zeiten wie diesen kaum auf.
Zwar wird von vielen Teilnehmern eine baldige Wende der Zinswende herbeigesehnt, um den Druck auf die Immobilienbranche zumindest ein wenig zu nehmen, bei vielen ist allerdings aufgrund der aktuellen geopolitischen Lage, in der sich Europa zurzeit befindet, Realismus eingekehrt. Denn wirklich sagen, wann die Zinsen wieder fallen, kann eigentlich niemand, zumal sich die EZB in der misslichen Lage befindet, einerseits zu versuchen, mit der US-amerikanischen FED mitzugehen, doch wann sie wie reagiert, ist anlässlich der bevorstehenden US-Wahl auch eine politische Entscheidung, weswegen die FED ihrerseits vorsichtig ist. Andererseits werden auch Stimmen laut, die EZB sollte nicht auf ihr US-amerikanisches Pendant zuwarten und selbst reagieren, nachdem sich die Inflationsraten in Europa wieder erholt haben. Und über allem schwebt der russisch-ukrainische Krieg wie auch jener im Nahost. Eine Zwickmühle.
Dessen sind sich viele der Teilnehmer auch bewusst. Und auch, dass die Talsohle keinesfalls überschritten ist, man verweist auf die bevorstehenden Quartalszahlen, die bei einigen darauf hindeuten, dass es noch blutiger werden könnte. Andererseits gibt es zunehmend Player, die die Opportunitäten nutzen und nun verstärkt zukaufen wollen. Beispielsweise ist auf der MIPIM bekannt geworden, dass a&o hostels sich mit 500 Millionen Euro im Gepäck auf Einkaufstour begibt und sich auf ehemalige Büro- und Gewerbeimmobilien stürzen möchte. Andere wiederum konzentrieren sich auf Refinanzierung und/oder Portfoliooptimierung, was wiederum weitere opportunistische Käufer auf den Plan ruft, die mitunter auch an Objekte kommen, die vor zwei Jahren als unerreichbar schienen.
Problematisch ist aktuell auf der MIPIM das Thema Wohnen, was die Messe dazu veranlasst hat, am Vortag zur eigentlichen Messe das Format #housingmatters ins Leben zu rufen. Aufgrund des Zuzugs würde mehr Wohnraum benötigt, aufgrund der hohen Grundstücks- und Baukosten im Verhältnis zu den Zinsen rechnet er sich einfach nicht mehr. Da hilft auch die plakative Politik da wie dort wenig weiter. In Deutschland ist das ausgegebene Ziel von 400.000 Wohneinheiten pro Jahr bei weitem verfehlt worden, nicht einmal die Hälfte ist geschafft. In Österreich versucht man es jetzt über das Wohnraum- und Baukonjunkturpaket, zumindest 25.000 Wohneinheiten zu schaffen, wenn auch nur im gemeinnützigen Bereich.
Denn Bestandshaltern stehen noch weitere Herausforderungen bevor, nämlich die energetische Sanierung des Bestands, der gleichermaßen finanziert werden müsste. Banken sind allerdings derzeit eher risikoavers. Allerdings könnten alternative Finanzierer in die Bresche springen, derzeit wird auf der anderen Seite des großen Teichs massiv Geld gesammelt, um es in Europa anzulegen. Man darf also weiterhin gespannt sein.