EHL Wohnen: Nach dem deutlichen Rückgang fertiggestellter Mietwohnungen im Neubau wird für heuer ein noch stärkerer Einbruch erwartet. Das lässt die Mieten weiter deutlich steigen.
Die Nachfolgeeffekte der vor rund zweieinhalb Jahren sprunghaft angestiegenen Zinsen sind am österreichischen Wohnungsmarkt mittlerweile deutlich spürbar geworden. Wie aus einer Vorschau zum österreichischen Wohnungsmarkt für das heurige Jahr von EHL Wohnen hervorgeht, sei das Neubauvolumen im abgelaufenen Jahr bereits um 25 Prozent gegenüber dem abgebremsten Jahr 2023 gesunken, für heuer prognostiziert der Immobiliendienstleister mit einem Minus von 60 Prozent gegenüber dem Vorjahr einen noch stärkeren Einbruch – hin zu einem historischen Tief. In Zahlen ausgedrückt: Wurden in Wien 2024 rund 4.200 Wohneinheiten realisiert, werden es heuer voraussichtlich nur mehr 1.800 Einheiten sein.
EHL spricht in diesem Zusammenhang vom stärksten Einbruch im letzten Jahrzehnt, der den Mietwohnungsmarkt weiter unter Druck setzen wird. Da einerseits immer weniger Neubauwohnungen in die Vermietung gelangen, verkürzen sich die Vermarktungszeiten deutlich, Vollvermietungen werden bei den letzten größeren Erstbezugsprojekten rasch erreicht. Andererseits bleibt auch die Zahl der Mietvertragskündigungen aufgrund des begrenzten Angebots auf niedrigem Niveau, womit nur wenige Mietwohnungen in Bestandsimmobilien frei werden.
Aktuell seien Wohnungssuchende gezwungen, nicht nur Mietentscheidungen deutlich schneller zu treffen, andererseits müssen sie im freifinanzierten Bereich höhere Mieten in Kauf nehmen. Wie prekär die Lage ist, beschreibt EHL mit dem Umstand, dass Wiedervermietungen bereits während der Kündigungsfristen von Vormietern abgewickelt würden, auch achten Vermieter verstärkt auf die Vorqualifizierung ihrer künftigen Wohnungsmieter. Entsprechend steigen die Mieten an, im Vorjahr mit im Schnitt 6,2 bis 7,7 Prozent deutlich stärker als die Inflation, wobei sich die Wohnkosten aufgrund neuerlich steigender Energiepreise zusätzlich erhöhen dürften.
Differenzierter ist die Entwicklung laut EHL im Eigentumsbereich. Die jüngste Mitte Dezember erfolgte Leitzinssenkung auf nunmehr 3,0 Prozent habe die Nachfrage nach Eigentumswohnungen um zehn Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2024 erhöht. EHL erwartet in diesem Zusammenhang weitere Zinssenkungen für das heurige Jahr, auch dürfte das Auslaufen der KIM-Verordnung für einen weiteren Nachfrageschub sorgen. Auch am Anlegermarkt sei eine stärkere Dynamik beobachtet worden, wobei die klassische Option über Vorsteuerabzug seltener gezogen wird.
Auch am Eigentumsmarkt bleibt das Angebot begrenzt. Während im Vorjahr nur etwa 4.600 fertiggestellte Eigentumswohnungen in den Verkauf gelangten, rechnet man für heuer zwar mit einem ähnlichen Niveau, schränkt aber ein, dass die tatsächliche Zahl aufgrund von Projektverschiebungen deutlich niedriger ausfallen könnte. In Bezirke mit höherer Fertigstellungsquote hat sich vom Preisgefüge her weitgehend eine Seitwärtsbewegung eingestellt, in gefragten Lagen seien die Preise um zwischen 0.5 bis 1,4 Prozent gestiegen. Dieser Wert werde in etwa auch für heuer erwartet.
Karina Schunker, Geschäftsführerin von EHL Wohnen, sieht in den sinkenden Fertigstellungszahlen eine „ernstzunehmende Herausforderung für Wohnungssuchende“: „Die strukturelle Bevölkerungsentwicklung ist in Wien stark positiv. Die damit einhergehende hohen Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum kann bereits mit dem aktuellen Angebot nicht gedeckt werden, was sich 2025 noch zusätzlich verschärfen wird.“
Einen Appell richtet sie daher an die Politik: „Der Bau neuer Wohnimmobilien muss daher weiter forciert und angekurbelt werden. Kapitalstarke Entwickler haben zwar teilweise wieder begonnen, neue Projekte umzusetzen, doch dies wird allein nicht ausreichen, um die Angebotslücke zu schließen. Es braucht klare Maßnahmen, die den Markt anregen und um wieder mehr privates Kapital für den Wohnimmobilienmarkt zu gewinnen. Bürokratische Hürden müssen abgebaut und die wirtschaftliche Umsetzung neuer Wohnbauprojekte zusätzlich sichergestellt werden.“
Ebenso brauche es staatliche Förderungen für den Eigentumserwerb, sagt Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter bei EHL Immobilien: „Die rasche Anpassung von Flächenwidmungs- und Bebauungsvorschriften sowie effizientere Projektgenehmigungsverfahren sind genauso essenziell wie geförderte Darlehen für den Erwerb von Eigentumswohnungen. Diese Maßnahmen könnten entscheidend dazu beitragen, den Wohnungsmarkt langfristig zu stabilisieren und mehr Menschen Zugang zu leistbarem Wohnraum zu ermöglichen.“