Die ersten Zinsrückgänge machen den Immobilienmarkt für institutionelle Investoren zwar wieder interessanter, dennoch zeigt man sich noch abwartend. Warum das so ist, darüber sprach Rüdiger Schwarz, Managing Director, Head of Luxembourg und Head of Asset Management Germany, Austria and Netherlands bei PGIM.
Herr Schwarz, wie haben Sie die Stimmung auf der Expo Real erlebt und welche Strategien können institutionelle Investoren aus der aktuellen Marktsituation ableiten?
Rüdiger Schwarz: Aus einer Makroperspektive lässt sich sagen, dass der Markt erste Anzeichen einer Stabilisierung zeigt. Die Preiskorrekturen haben stattgefunden, und mit den aktuellen Zinsschritten und den rückläufigen Zinsen sehen wir bereits wieder geeignete Einstiegsmöglichkeiten. Das macht den Immobilienmarkt wieder interessanter für institutionelles Kapital.
Es scheint, dass institutionelle Investoren sich momentan noch zurückhalten. Wie erklären Sie sich das?
Schwarz: Tatsächlich ist institutionelles Geld oft noch eher abwartend. Viele sprechen davon, dass Investoren „an der Seitenlinie“ stehen oder mit sich selbst beschäftigt sind. Dies hat dazu geführt, dass privates Kapital, insbesondere Family Offices, verstärkt aktiv wird. Ein Beispiel: Beim Verkauf eines bekannten Mixed Use -Objekts in Berlin munkelt der Markt dass unter den Top fünf Bietern drei private Investoren, überwiegend Family Offices waren.
Tatsächlich ist institutionelles Geld oft noch eher abwartend. Viele sprechen davon, dass Investoren „an der Seitenlinie“ stehen oder mit sich selbst beschäftigt sind. Dies hat dazu geführt, dass privates Kapital, insbesondere Family Offices, verstärkt aktiv wird.
Warum sind private Investoren momentan so aktiv?
Schwarz: Während institutionelle Investoren durch Risikomanagement, Investmentkomitees und mehrere Genehmigungsebenen längere Entscheidungswege haben, können private Investoren schneller entscheiden und handeln, was ihnen aktuell Vorteile verschafft. Private Investoren haben dagegen einen entscheidenden Vorteil: Sie können meist schneller agieren und sind im aktuellen Marktumfeld beinahe konkurrenzlos. Zudem verfolgen sie häufig über langfristigere Anlagehorizonte, da sie bereits auf die nächste Generation abzielen, insbesondere wenn es um Trophy Immobilien geht.
Wie hat sich die Preisdynamik in verschiedenen Märkten entwickelt?
Rüdiger Schwarz: Die Preise in einigen europäischen Märkten sind um bis zu 20 bis 30 Prozent gesunken. Dies eröffnet Chancen, insbesondere wenn keine Finanzierung benötigt wird. Die Liquidität im Markt ist jedoch ein großes Thema. Institutionelles Geld hat in den letzten zwei Jahren oft alternative Anlagemöglichkeiten vorgezogen, etwa Staatsanleihen, die attraktivere Renditen als Immobilien boten. Dadurch fehlt derzeit Kapital im Immobilienmarkt. Das Umschichten in die alternativen Assetklassen muss erst wieder im stärkeren Maße passieren.
Was sind die größten Herausforderungen für institutionelle Investoren in der aktuellen Marktlage?
Rüdiger Schwarz: Ein großes Problem ist die mangelnde Liquidität. Viele Immobilien, die während der Zeit des günstigen Geldes zu Höchstpreisen erworben wurden, sind jetzt stark abgewertet und teilweise nur unter Akzeptierung von starken Abschlägen auf den damaligen Einkaufspreis verkäuflich. Wer hier Liquidität benötigt, muss mit Verlusten rechnen, und das Eigenkapital ist oft stark angegriffen. Institutionelle Investoren tun sich in solch unsicheren Zeiten schwerer solche Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig ist aber genau die aktuell mangelnde Liquidität eine hervorragende Chance für Investoren, die über genau jene verfügen. Für sie ist jetzt die perfekte Zeit, spannende Immobilien zu attraktiven Konditionen zu erwerben.
Viele Immobilien, die während der Zeit des günstigen Geldes zu Höchstpreisen erworben wurden, sind jetzt stark abgewertet und teilweise nur unter Akzeptierung von starken Abschlägen auf den damaligen Einkaufspreis verkäuflich.
Welche Aussichten sehen Sie für den Immobilienmarkt, insbesondere im Bürosektor?
Rüdiger Schwarz: Der Büromarkt steht vor großen Herausforderungen, nicht nur wegen der allgemeinen wirtschaftlichen Lage, sondern auch wegen des Trends zum Homeoffice. Viele Mieter hinterfragen ihre Flächenbedarfe und reduzieren ihre Büroflächen, was die Nachfrage senkt. Unternehmen investieren jedoch gleichzeitig in bessere Standorte, die eine bessere Erreichbarkeit und attraktivere Arbeitsumgebungen bieten. Die Mietbelastung können sie durch die gleichzeitig reduzierte Nachfrage trotzdem einigermaßen im Rahmen halten. Und Es geht zunehmend darum, Büroflächen effizienter zu nutzen.
Welche Chancen sehen Sie in alternativen Anlageformen, wie etwa Mikroapartments?
Rüdiger Schwarz: Mikroapartments sind ein sehr interessantes Segment, da sie flexibel genutzt werden können, insbesondere für Pendler, die nur an wenigen Tagen pro Woche in der Stadt sind. Diese Art von Wohnraum ist kompakt, modern ausgestattet und bietet viele Annehmlichkeiten, was sie besonders attraktiv macht. Außerdem sind Banken bereit, solche Projekte zu finanzieren, da das Geschäftsmodell sowohl von der Nutzerseite als auch von der Kostenseite gut funktioniert.
Mikroapartments sind ein sehr interessantes Segment, da sie flexibel genutzt werden können, insbesondere für Pendler, die nur an wenigen Tagen pro Woche in der Stadt sind.
Wie sehen Sie die Rolle der Digitalisierung in der Immobilienbranche?
Rüdiger Schwarz: Die Digitalisierung wird weiterhin eine zentrale Rolle spielen, insbesondere im Bereich der Logistik. Wir sehen auch eine steigende Nachfrage nach Rechenzentren, die durch die rasante Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz (KI) verstärkt wird, weswegen wir hier aktuell stark investieren. Darüber hinaus hat die gesamte Lieferketteninfrastruktur, die durch den wachsenden Onlinehandel gefordert wird, erhebliche Auswirkungen auf die Immobilienbranche. Logistikimmobilien sind ein Sektor, der sich schnell an die neuen Gegebenheiten angepasst hat und weiterhin stark nachgefragt wird.
Was sind Ihre Erwartungen für den weiteren Verlauf des Immobilienmarktes?
Rüdiger Schwarz: Ich erwarte, dass sich der Markt langfristig wieder stabilisieren wird, aber wir werden uns auf ein neues Preis- und Zinsniveau einstellen müssen. Der Immobilienmarkt wird sich auf institutionelle Investments mit strengen Kriterien fokussieren, aber auch alternative Anlagestrategien, wie Betreiberimmobilien oder Mikroapartments, werden weiter an Bedeutung gewinnen. Entscheidend wird sein, wie flexibel und schnell Investoren auf die neuen Marktbedingungen reagieren können.