Ein klimafittes Gebäude soll nicht nur den Energieverbrauch reduzieren, sondern setzt auch auf ökologische und mineralische Baustoffe. Die Materialeffizienz darf ebenfalls nicht unterschätzt werden.
Holz, Glas, Ziegel und Beton – das sind unverzichtbare Materialien für die Errichtung von Gebäuden und die tragenden Elemente für nachhaltiges Bauen in der Zukunft. „Wir haben aber verlernt, effizient mit Baumaterialien umzugehen“, gibt Sebastian Spaun, Geschäftsführer der Vereinigung der österreichischen Beton- und Zementwerke, zu bedenken. Das beginne bereits bei der Planung und höre beim Abriss auf. Kein Baustoff würde den anderen ersetzen, jedoch müssten alle ihren „ökologischen Fußabdruck“ verkleinern, ist er überzeugt. Verdichtung und Zubauten seien derzeit am wichtigsten für die Zukunft des Wohnbaus, meint Spaun, der sich auch für die Erweiterung bestehender Gebäude ausspricht. Höher sollte gebaut werden, um den Platz besser zu nutzen.
Weniger Abbruch-Potenzial
Weniger Ressourcenverbrauch, mehr Wertschöpfung – das sieht unter anderem der EU-Aktionsplan zur Kreislaufwirtschaft bis zum Jahr 2050 vor, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Baustoffe sollen demnach länger im Kreislauf bleiben. Während etwa Glas und Stahl nach Abbruch eines Gebäudes in großen Mengen recycelt werden, ist das bei mineralischen Baustoffe wie Beton oder Ziegel weniger der Fall, geht aus dem Bundes-Abfallwirtschaftsplan 2023 des Bundesministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie hervor. Von den rund elf Millionen Tonnen Bau- und Abbruchabfällen in Österreich wurden im Jahr 2020 rund neun Millionen Tonnen behandelt. Dabei wurden acht Millionen Tonnen Recycling-Baustoffe gemäß Recycling-Baustoffverordnung hergestellt. 534.000 Tonnen mineralische Bau- und Abbruchabfälle wurde in Zementwerken bzw. in Beton- und in Asphaltmischanlagen stofflich verwertet, heißt es im Bericht.
Zuwächse bei Rücklauf
Der Ressourceneinsatz beginnt bereits vor der Errichtung von Gebäuden. „Gerade die Planungs- und Ausschreibungsphase hat einen entscheidenden Einfluss auf die Lebensdauer von Gebäuden und die Wiederverwendbarkeit der eingesetzten Materialien“, heißt im Bundes-Abfallwirtschaftsplan. Laut Spaun kann Beton als Baustoff zu 99 Prozent wiederverwertet werden. Oder distanzierter: Für Spaun ist Beton ein Baustoff, der zu 99 Prozent wiederverwertet werden kann. Abbruchbeton sei aber knapp. Dank langer Lebensdauer betrage die Rücklaufquote erst zehn Prozent. „Bereits in den Jahren 2018 und 2019 konnten wir Zuwachsraten bei den Baustellenrückführungen von Rigips verzeichnen – und das bis zu zehn Prozent“, freut sich Peter Giffinger, CEO von Saint-Gobain Austria, was aber ihm zufolge noch zu wenig sei. „Wir wissen, dass in der Baubranche im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft viel passieren kann und muss.“
Klimaneutral bis 2050
Für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft setzt sich der weltweit größte Ziegelproduzent Wienerberger ein, der sich auch als Impulsgeber für modernes und nachhaltiges Bauen sieht. Neben dem langfristig anvisierten Ziel, bis 2050 klimaneutral zu sein, will Wienerberger bis Ende 2023 bereits die CO₂-Emissionen um 15 Prozent gegenüber 2020 reduzieren. Auch sollen keramische Abbruchabfälle reduziert werden, teilt Wienerberger mit. So werde am Standort in Uttendorf in Salzburg ein mit Ökostrom betriebener Hocheffizienzofen für die Produktion von Porotherm-Ziegeln mit einem um 90 Prozent geringeren CO₂-Fußabdruck getestet.
Großes Maß an Flexibilität
Holzbauten werden in der Regel sehr exakt geplant und aus vorgefertigten Elementen zusammengefügt. Daher kann bei späteren Änderungswünschen sehr einfach reagiert werden und beispielsweise eine Wandstruktur durch einen passgenauen Stahlrahmen ersetzt werden. Dies ermöglicht ein hohes Maß an Flexibilität und sichert eine hohe Zukunftsfähigkeit. „Ziel muss sein, Decken wieder als Decken und Wände wieder als Wände einsetzen zu können“, erzählt Bernd Höfferl von proHolz Austria, und der Baustoff Holz werde aufgrund der einfachen Bearbeitbarkeit, des relativ niedrigen Gewichts und der einfachen Transportierbarkeit sicherlich ein wesentlicher Teil von zukünftigen Konzepten in der Kreislaufwirtschaft sein.
Wie ein Puzzle-Stein
Nicht nur die Bauweise, sondern auch die Lebensdauer von Gebäuden spielt heute eine wesentliche Rolle. Allein in Wien gibt es rund 35.000 hybride Gründerzeithäuser, die aus mineralischen Wänden und Holzdecken bestehen. Für Bernd Höfferl „funktionieren“ sie seit über 100 Jahren. Weiterbauen, aufstocken, thermisch sanieren gehen – in all diesen Bereichen sei Holzbau ein wesentlicher Puzzle-Stein für eine Gesamtlösung, ist er überzeugt. Die Gebäude der Zukunft müssen jedoch aus verschiedensten Materialien bestehen, „um die materialspezifischen Vorteile optimal nutzen zu können“.