Immobilienbranche zwischen abwartender Haltung und neuen Chancen.
Die Expo Real 2025, Europas größte Immobilienmesse, fand heuer erneut vor dem Hintergrund einer schwächelnden Konjunktur statt. Die anhaltende Rezession in Deutschland und zahlreiche geopolitische Herausforderungen wie der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten, die US-Zollpolitik sowie globale Unsicherheiten prägen die Stimmung. Doch neben der gedämpften Erwartungshaltung waren in München auch erste Anzeichen für eine Stabilisierung und neue Marktchancen zu erkennen.
„Obwohl wir unsere Erwartungen an die Rahmenbedingungen angepasst haben, sind wir doch zuversichtlich, dass einige Dinge wieder in Gang kommen werden“, sagte Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter der EHL Immobilien Gruppe. „Dies trifft sowohl für Vermietung als auch für Investment zu, wiewohl die im letzten Zyklus gegebene Dynamik noch einige Jahre nicht erreichbar scheint.“
Laut EHL zeichnet sich am Investmentmarkt eine deutliche Zweiteilung ab. „Die stärksten Käufergruppen der Vergangenheit, die offenen Publikumsfonds, Versicherungen und Pensionskassen warten überwiegend noch ab bzw. sind bemüht, ihre Immobilienbestände zu reduzieren“, erklärte Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL Investment Consulting GmbH.
Gleichzeitig treten Family Offices, Spezialfonds und opportunistische Investoren stärker auf den Plan. „Investoren suchen nach Immobilien, die neben der Basisrendite zusätzliches Potenzial bieten – vor allem Mietsteigerungspotenzial“, so Pöltl weiter. In Wien sei aufgrund der geringen Zahl an Neubauprojekten in mehreren Bereichen eine zunehmende Flächenknappheit absehbar, „insbesondere, aber nicht nur im Wohnungssegment“.
Die schwache Konjunktur spiegelt sich auch in einer zurückhaltenden Nachfrage nach Büroflächen wider. Dennoch bleibt der Trend zu hochwertigen Objekten bestehen. „Europas Unternehmen benötigen derzeit nicht unbedingt mehr, aber deutlich innovativere Büros“, sagte Stefan Wernhart, Geschäftsführer von EHL Gewerbeimmobilien GmbH. Besonders innerstädtische, verkehrsgünstige Lagen sind gefragt – doch dort ist das Angebot knapp. „Darin liegt eine enorme Chance für aufstrebende Bürostandorte“, so Wernhart. In Wien etwa weisen Stadtentwicklungsgebiete nördlich der Donau großes Potenzial auf, sich zu den „klaren Gewinnern des Strukturwandels am Büromarkt“ zu entwickeln.
Im Einzelhandel setzt sich der Trend zu kleineren, hochwertigen Flächen in Bestlagen fort. „Einerseits steht der Einzelhandel unter hohem Kostendruck und evaluiert deswegen die Standortkosten konsequenter denn je“, sagte Mario Schwaiger, Einzelhandelsspezialist bei EHL. „Andererseits ermöglicht die Kombination von stationärem Handel mit Onlineangeboten eine Verkleinerung von Geschäftslokalen, ohne das Service für Kunden zu verschlechtern.“
Symbolcharakter hat der Start des ersten City-IKEA auf der Oxford Street in London, führt EHL als Beispiel an. „6.000 Quadratmeter sind zwar keine Kleinfläche, aber im Vergleich zu klassischen IKEA-Kaufhäusern ist es geradezu eine Boutique“, so Schwaiger. Das Konzept habe Signalwirkung für andere Branchen, die sich bislang aus Innenstädten weitgehend zurückgehalten haben.
Deutlich positiver zeigt sich die Entwicklung am Wohnimmobilienmarkt. Gesunkene Finanzierungszinsen haben die Nachfrage nach Eigentum europaweit spürbar erhöht. „Die Trendwende zeigt sich nicht nur in Österreich, sondern auch in zahlreichen anderen europäischen Märkten – in unterschiedlicher Ausprägung, aber überall erkennbar“, sagte Karina Schunker, Geschäftsführerin von EHL Wohnen GmbH.
Entwickler reagieren darauf zunehmend mit Baustarts für Projekte im Einzelabverkauf. „Gerade vor dem Hintergrund, dass weniger neue Angebote auf den Markt kommen, wird die Nachfrage ab dem kommenden Jahr das Angebot deutlich übersteigen“, prognostizierte Schunker. Das gelte besonders für Deutschland und Österreich – mit möglichen Preissteigerungen über der Inflationsrate.
Trotz weiterhin angespannter Rahmenbedingungen signalisiert die Expo Real 2025, dass die Branche in mehreren Segmenten Boden findet. Antizyklische Investoren, Fokus auf Qualität und Mietpotenzial sowie eine steigende Nachfrage im Wohnbereich deuten auf erste Schritte aus der Stagnation hin. „Es gibt zwar eine Vielzahl von Playern, die sich noch in einer existenziellen Krise konfrontiert sehen, aber es gibt auch Bereiche, wo es schneller wieder bergaufzugehen scheint als gedacht“, resümierte Ehlmaier. „Jetzt trennt sich der Markt – und damit auch die Chancen – sehr deutlich.“