Gerade für Kommunen ist Abfallwirtschaft ein wichtiges Thema – und eine Chance. Wie man Gemeinden dazu bringen kann, Müll zu trennen, damit er auch wiederverwertet werden kann.
Man kann tun, was man will: Pro Jahr sammelt sich pro Österreicher immerhin eine halbe Tonne Müll an. So lässt sich ausrechnen, wie viel Abfall in Österreich pro Jahr produziert wird. Durch den Onlinehandel sogar mit stark steigender Tendenz. Da kommt schon eine ganze Menge zusammen. Unter den Müllbergen verbirgt sich oft Wertvolles – Abfall, der sich gut recyceln und wieder in den Wirtschaftskreislauf einbringen lässt. Kunststoff, Papier, alte Speiseöle, Glas, Metalle – ja sogar aus Biomüll lässt sich einiges an Wertschöpfung generieren, und gleichzeitig schont man damit die Umwelt. Das, was nicht wiederverwertet werden kann, kann man verbrennen, wodurch Energie erzeugt werden kann. Wesentlicher Schlüssel dazu: Mülltrennung. Gerade den Gemeinden kommt dabei nicht nur eine hohe Verantwortung zu, sondern auch eine riesige Chance: nämlich die Bewusstseinsbildung betreffend. Rohstoffe sind teuer, daher liegt es auch nahe, sie so ressourcenschonend wie möglich einzusetzen. Denn eines ist klar: Die Situation am Rohstoffmarkt wird mittelfristig nicht besser.
Österreicher Mülltrenn-Meister
In Österreich ist das Bewusstsein für Mülltrennung bereits sehr stark ausgeprägt. Laut einer IMAS-Umfrage im Auftrag der Altstoff Recycling Austria (ARA) empfinden 96 (!) Prozent der Österreicher Mülltrennung als wichtig, vor allem die getrennte Sammlung von Verpackungen wird als wesentlich eingestuft. Dafür lassen sich die Österreicher auch entsprechend Zeit: Zwölf Minuten pro Woche wird für die Mülltrennung aufgewendet. Das auch, weil man von der Infrastruktur der Verpackungssammlung überzeugt ist. 93 Prozent der Österreicher finden diese gut. Sie handeln auch danach: 98 Prozent der Befragten geben an, Altpapier getrennt zu sammeln, danach folgen Glasverpackungen (97 Prozent), Kunststoffgetränkeflaschen (91 Prozent) und Verbundkartons (76 Prozent). Doch auch, wenn das durchaus positiv klingt – es gibt noch viel zu tun.
Vor allem bei Kunststoffverpackungen: Denn beim Einkauf wird man bemerken, dass, obwohl in der EU das berühmte Plastiksackerl mittlerweile abgeschafft wurde, noch jede Menge Kunststoff verwendet wird, um die Produkte und Lebensmittel zu verpacken. Da sieht ARA noch Aufholbedarf beim Recycling. Man müsste das Recycling für Kunststoffverpackungen sogar verdoppeln, um die EU-Ziele ab 2025 erreichen zu können. Ein wichtiger Ansatz sind entsprechende Sammelsysteme, die österreichweit vereinheitlicht werden sollen. Hierbei spielen die Kommunen eine wichtige Rolle. Denn neben vereinheitlichten Sammelsystemen, die ab dem kommenden Jahr Kunststoff und ab 2025 Metallverpackungen der Wiederverwertung zuführen werden, braucht es vor allem eines: Bewusstseinsbildung bei den Bürgern. Die ARA setzt dabei vor allem auf junge Menschen, schließlich leben in Österreich 1,6 Millionen Menschen zwischen 15 und 30 Jahren. Das ist auch die Zielgruppe, die in der IMAS-Umfrage am meisten motiviert ist, Abfallstoffe genauer zu trennen. Jeder Zweite in der Altersgruppe ist dazu bereit.
Die ARA hat die Initiative „Reinwerfen statt Wegwerfen“ gestartet, mit der einerseits dem Littering der Kampf angesagt werden soll, gleichzeitig aber auch erklärt wird, wie etwa eine Alu-Dose recycelt wird. „Beim achtlosen Wegwerfen von Abfall gehen wertvolle Sekundärrohstoffe verloren. Als treibende Kraft der Kreislaufwirtschaft ist es unser Anspruch, jede Verpackung zurück in den Kreislauf zu holen. Dazu setzen wir auf eine bequeme Mülltrennung für die Bürger und auf aktive Bewusstseinskampagnen sowie gezielte Umweltbildungsprogramme. Denn jede Verpackung, die recycelt wird, bringt uns in der Kreislaufwirtschaft voran und entlastet damit Umwelt und Klima“, so ARA-Vorstand Harald Hauke.
Convenience für das Klima
Was natürlich zum nächsten Thema führt: Wie verankert man Mülltrennung und Recycling im Bewusstsein der Menschen? Es muss freilich einfach und bequem sein und sollte nicht gar so viel Zeit in Anspruch nehmen. Da ist oft auch ein wenig Aufklärungsarbeit vonnöten. Die ARA versucht das auf mehreren Ebenen. So gibt es als erste Anlaufstelle für Bürger rund 250 Abfallberater, die wertvolle Tipps zum richtigen und vor allem zeiteffizienten Sammeln geben können. Auch zieht man im Bereich der Infrastruktur selbst nach. Mit „digi-Cycle“ hat die ARA eine App geschaffen, mit der Konsumierende über ein Punktesystem Anreize bekommen, Wertstoffe richtig zu sammeln – einfach indem sie die gelbe Tonne bzw. den gelben Sack scannen. Generell ist Convenience ein wesentliches Thema, um Menschen einzubinden.
Feedback für Mülltrennung
Die Digitalisierung macht sich auch das Entsorgungsunternehmen Saubermacher zunutze: Über direktes Feedback via SMS oder Mail sollen die Bürger dazu animiert werden, den Müll richtig zu trennen. Vor wenigen Wochen ist das Projekt „Mürztal trennt schlau“ angelaufen, die Gemeinden Kindberg, Krieglach, Langenwang, Sankt Barbara im Mürztal, Spital am Semmering und Stanz nehmen mit Saubermacher daran teil. Denn in der Steiermark würden 70 Prozent Fehlwürfe verzeichnet, sprich Abfälle, die in der schwarzen Restmülltonne eigentlich nichts verloren haben.
Neben biogenen Abfällen fallen darunter auch recyclebare Wertstoffe wie Altpapier, Glas, Metall und Kunststoffverpackungen. Einmal im Restmüll entsorgt, sind sie für das Recycling und als wertvolle Rohstoffe für immer verloren. Eben diese Fehlwürfe sollen vermieden werden, um so nicht nur die Umwelt zu schonen, sondern auch den Weg zu Rohstoff- und Energieunabhängigkeit zu ebnen. Vor dem Pilotprojekt in der Steiermark hat man den Ansatz auch in Gemeinden in der Steiermark, Niederösterreich und Kärnten testweise eingeleitet. Mit positivem Effekt: Laut Saubermacher konnte das Bewusstsein für Mülltrennung maßgeblich gesteigert werden. Um bei dem Pilotprojekt möglichst viele Bürger für das Projekt zu begeistern, sollen diese in den teilnehmenden Gemeinden in regelmäßigen Abständen in deren Kanälen wie Gemeindezeitung, „Daheim“-App, Website, Aussendungen etc. über den Fortschritt bei der Mülltrennung informiert werden.
Auch seien Schwerpunktaktionen zur Bewusstseinsbildung in Schulen und Kindergärten geplant – der Abfallwirtschaftsverband Mürzverband bietet intensive Unterstützung vor Ort. Das Projekt wird von der Austria Wirtschaftsservice Gesellschaft gefördert. Hans Roth, Gründer bei Saubermacher, hebt bei dem Pilotprojekt vor allem den positiven Einfluss der Digitalisierung hervor: „Das Wertstoffscanner-Projekt ist in dieser Dimension europaweit einmalig, einzigartig und ein wichtiger Schritt, die Abfallwirtschaft ökologischer und zukunftsorientierter zu machen. Ich danke allen Gemeinden und ihren Bürger sehr herzlich, dass sie mitmachen und ein ganz besonders wichtiger Teil davon sind.“