Bundesregierung greift jetzt auch in die freifinanzierten Mieten ein. Branchenvertreter zeigen sich entsetzt.
Die Bombe ist geplatzt: Die ÖVP-SPÖ-NEOS-Regierung hat sich am Mittwoch im Ministerrat auf ein umfassendes Mietpaket verständigt. Kernstück ist das neue „Mieten-Wertsicherungsgesetz“, das erstmals in die Preise ungeregelter Mieten eingreift. Die bereits bestehende Mietpreisbremse im regulierten Bereich wird verlängert. Außerdem wird die Mindestbefristung von Mietverträgen von drei auf fünf Jahre ausgeweitet – mit Ausnahmen.
Konkret bedeutet das, dass Mieten künftig nur noch einmal jährlich erhöht werden. Übersteigt die Inflation in zwei aufeinanderfolgenden Jahren drei Prozent, darf der übersteigende Teil nur noch zur Hälfte an die Mieter weitergegeben werden. Das Gesetz soll für alle neuen und bestehenden Mietverträge gelten – ausgenommen sind Ein- und Zweifamilienhäuser.
Aus der Immobilienwirtschaft hagelt es heftige Kritik, die Vereinigung der Österreichischen Projektentwickler (VÖPE) reagierte scharf auf die Regierungspläne. „Der Inflations-Schock ist vorbei. Jetzt wird eine defekte Bremse ausgeliefert“, kritisierte VÖPE-Präsident Andreas Köttl. Von einer tatsächlichen Entlastung der Mieter könne keine Rede sein: „Seit dem EU-Beitritt 1995 lag die Inflationsrate nur vier Mal über drei Prozent – 2008, 2011, 2022 und 2023. Die Mieten hätten sich also mit oder ohne dieses Gesetz faktisch gleich entwickelt.“ Der wirtschaftliche Schaden sei jedoch „enorm“. Die VÖPE verweist auf ihren eigenen im Sommer präsentierten Wohnkostenindex, der auf einer Kombination aus 70 Prozent Kern-VPI und 30 Prozent Baukostenindex basiert und „eine nachweislich dämpfende Wirkung auf die Preissteigerung in allen Mietsegmenten“ habe.
Auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) kritisierte das Maßnahmenpaket. „Die Pläne der Regierung zur weiteren Beschränkung der Wertsicherung von Mieten stellen einen unverhältnismäßigen Eingriff in bestehende Vertragsrechte dar“, erklärte ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel. Die Haupttreiber der Inflation seien Energie, Dienstleistungen und Lebensmittel. „Dennoch greifen politische Entscheidungsträger reflexartig bei den privaten Mietpreisen ein, während andere Branchen verschont bleiben“, so Holzapfel, der auch die Doppelmoral der öffentlichen Hand kritisiert: „Die Stadt Wien passt ihre Gebühren automatisch an die Inflation an, während privaten Vermietern die Wertanpassung systematisch verwehrt wird.“
Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund (ÖHGB) warnte vor negativen Folgen für den Wohnungsmarkt. „Wer den Mietmarkt wirklich verstehen will, darf sich nicht von Schlagworten wie ‚explodierende Mieten‘ täuschen lassen – entscheidend sind Fakten statt Ideologie“, betonte Präsident Martin Prunbauer.
Positiv bewertete hingegen die ARGE Eigenheim das Maßnahmenpaket. Besonders begrüßt wurde, dass WGG-Mieten von weiteren Deckelungen ausgenommen bleiben. Das Paket sei ein „Signal für die notwendige Balance zwischen Mieter und Vermieter“, so Obfrau Isabella Stickler. Auch Maßnahmen zur Ankurbelung der Baukonjunktur und zur ökologischen Sanierung seien entscheidend für Klimaziele und Wohnqualität. Ein Mustermietvertrag solle künftig für mehr Rechtsklarheit sorgen.