Vor allem der hohe Fremdfinanzierungsgrad birgt Herausforderungen.
Die österreichische Finanzwirtschaft sieht sich mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert, so Helmut Ettl und Eduard Müller, Vorstände der Finanzmarktaufsicht (FMA), bei der Vorstellung der Publikation „Fakten, Trends und Strategien 2024“. Die Zinswende, das Inflationsrisiko und weltweite Konjunkturprobleme setzen die finanzielle Leistungsfähigkeit von Haushalten und Unternehmen unter Druck. Denn trotz der bisherigen Stabilität und Widerstandsfähigkeit des österreichischen Finanzmarktes gegenüber externen Schocks warnt der FMA-Vorstand vor neuen Gefahren, vor allem durch den Immobiliensektor, der durch den rasanten Zinsanstieg besonders gelitten hat. Signifikante Wertverluste bei Vermögenswerten wie Anleihen und Immobilien würden den Druck auf Finanzdienstleister weiter erhöhen, wobei insbesondere der Immobiliensektor wird weiterhin eine Herausforderung darstellen dürfte.
Aufgrund des hohen Fremdfinanzierungsgrades der Immobilienwirtschaft bestehe demnach die Gefahr, dass Probleme in diesem Sektor auf die Finanzmärkte überschwappen könnten. Der Markt stehe aktuell vor erheblichen Herausforderungen, die durch die Kombination aus Zinsanstiegen, schwachem Wirtschaftswachstum und den Auswirkungen der Digitalisierung und Nachhaltigkeit weiter verschärft werden. Demnach habe der rasche und signifikante Anstieg der Zinsen den langanhaltenden Immobilienboom in der gesamten Eurozone gebrochen. Europaweit würde laut der Publikation das Bauvolumen einen starken Rückgang verzeichnen, während die Finanzierung von Hypothekarkrediten und gewerblichen Immobilien drastisch eingebrochen ist. Die Immobilien- und Bauwirtschaft stehe generell unter erheblichem Druck. In Österreich stagnieren die Immobilienpreise, konnten dem massiven Inflationsschub 2022/23 nicht standhalten und sind nun erstmals leicht rückläufig. Die Finanzierung von Wohneigentum wird aufgrund massiv gestiegener Hypothekenzinsen bei gleichzeitigem Druck auf die verfügbaren Haushaltseinkommen zunehmend schwieriger.
Derzeit befinden sich Immobilien laut OeNB in einer Preiskorrekturphase. Immobilien, die zuvor überbewertet wurden, müssen bereits korrigiert werden, und die Kurse von Immobilienaktien und -fonds stehen stark unter Druck. Höhere Leerstände führen zu geringeren Einnahmen, was wiederum den Druck auf die Bewertung von Immobilien erhöht. Die Refinanzierung gestaltet sich schwieriger, was den Druck weiter verstärkt, Immobilien zu veräußern, um finanziellen Verpflichtungen nachzukommen. Dies steigert den Stress im Markt und verstärkt die strukturellen Herausforderungen, insbesondere im Hinblick auf Nachhaltigkeit und den digitalen Wandel, prozyklisch. Angesichts dieser Lage fordert die FMA ein proaktives Risikomanagement, vorsichtige Ausschüttungspolitik und verstärkte Nutzung digitaler Chancen.