Colliers: Bis zu 69 Prozent der Büro-Immos in den deutschen Big-Seven sind von Veralterung bedroht und könnten zu Stranded Assets werden.
Der deutsche Büroimmobilienbestand erweist sich zunehmend als Herausforderung für Asset Manager: Wie nämlich aus einer Analyse von Colliers zu den Obsoleszenz-Risiken für den deutschen Büroimmobilienmarkt hervorgeht, sind bis zu 69 Prozent des Bürobestandes in den deutschen Big-Seven von Veralterung bedroht und könnten in Folge zu Stranded Assets werden. Denn einerseits die ESG- und EU-Taxonomie-Richtlinien und andererseits der rapide Wandel der Arbeitswelt verschärfen den Druck auf Büroimmobilien. Laut Colliers seien tendenziell Gebäude in den Baujahresklassen bis 2009 bedroht – und die machen doch 81 Prozent des Büroflächenbestands in den Top-Seven aus. Misst man nach der Höhe der notwendigen Investitionsausgaben – Colliers skizziert hier Szenarien von drei, fünf oder sieben Euro pro Quadratmeter und Monat – liege das Veralterungsrisiko bei acht, 44 oder 69 Prozent des Gesamtbestandes.
Während Stuttgart und Köln einen älteren Flächenbestand aufweist, ist dieser in Berlin vergleichsweise am jüngsten. Spannendes Detail: Die Lage der Büroimmobilie gilt als wesentlicher Faktor für ihr Veralterungsrisiko: Im weitreichendsten Szenario etwa seien selbst 50 Prozent des Bestandes in den CBD-Lagen von Überalterung betroffen. 83 Prozent der Bürogebäude in Neben- und Außenlagen haben bei Mietpreiserhöhungen wenig Spielraum und können umfangreiche Sanierungen wirtschaftlich kaum rechtfertigen.
Laut Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers in Deutschland, bedeutet das, dass vor allem Bestandshalter älterer Immobilien unter Druck geraten werden. Allein wenn – wie in Szenario zwei skizziert – 44 Prozent des Bestandes von Überalterung betroffen sei, wäre das ein Immobilienwert von rund 173 Milliarden Euro: „Bestandshalter mit nachhaltigeren Immobilien können hingegen perspektivisch stark profitieren. Denn die Mietpreise in ihren Objekten werden steigen, sobald der Flächenabgang veralteter und somit nicht mehr marktfähiger Gebäude zu einer Angebotsknappheit an vermietbaren Büroflächen führt. Einschränkend gilt, dass ein Obsoleszenzrisiko resultierend aus der Unwirtschaftlichkeit eines Refurbishments nicht zwingend bedeutet, dass die Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen nicht trotzdem sinnvoll ist, um den Wertverlust der Immobilie zu minimieren.“
Chancen ortet Colliers vor allem für risikoaffinere Value-Add-Investoren und Projektentwickler, die aufgrund des Marktumfelds die Möglichkeit haben, Objekte zu attraktiveren Preisen zu erwerben und im Sinne von Manage to Green entsprechend zu sanieren. Durch den Wandel des Büroimmobilienmarkts könnten aber auch Städte durch Umnutzung profitieren. Matthias Leube, CEO & Head of Capital Markets bei Colliers in Deutschland: „Im Wesentlichen stehen für von der Veralterung bedrohte Bürogebäude drei Handlungsoptionen zur Verfügung: Eine Aufwertung durch Modernisierung, eine Revitalisierung durch umfangreiche Sanierung oder eine Umnutzung der Flächen. Als letzter Ausweg dienen Abriss und Neubau. Diese Option wird jedoch zunehmend unpopulär, weil die CO2-Bilanz solcher Vorhaben sehr negativ ist. Selbst beim Neubau eines Netto-Null-Gebäudes kann es Jahrzehnte dauern, bis positive Effekte bei der CO2-Bilanz verzeichnet werden.“