Otto Retail-Marktbericht: Vermietungen wieder 12 Prozent über Vorjahreswert.
Die aktuelle Wirtschaftslage ist zwar aufgrund der gedämpften Konsumstimmung, gestörter Lieferketten und hoher Energiepreise eher schwierig, dennoch zeigen sich zunehmend optimistische Tendenzen für den heimischen Retail-Markt. Denn im Gegensatz zu den zwei Covid-Jahren sind die Umsatzerwartungen aufgrund stärkerer Passantenfrequenzen, höheren Hotelauslastungen wieder etwas positiver geworden, geht aus dem aktuellen Retail-Marktbericht von Otto Immobilien hervor. Laut Anthony Crow, Teamleiter Geschäftsflächen bei Otto Immobilien, seien diese Parameter wieder auf dem Niveau vor der Corona-Krise: „Die wieder zunehmenden Passantenfrequenzen in den Einkaufsstraßen beflügeln die Nachfrage nach Geschäftsflächen und wirken sich positiv auf den Vermietungsmarkt aus. Das Vermietungsvolumen liegt bislang rund 12 Prozent über dem Vorjahreswert. Aufgrund der durchaus regen Dynamik des Marktes konnten vor allem in Premium-Lagen zeitnahe Nachvermietungen gewährleistet und somit übermäßiger Leerstand verhindert werden“, so Crow.
Das ist auch in der Hotellerie spürbar, so Martin Denner, Abteilungsleiter Research bei Otto Immobilien, der auf rund fünf Millionen Nächtigungen im ersten Halbjahr verweist, was gegenüber dem Vorjahr einen rechnerischen Zuwachs von rund 509 Prozent darstellt. Heißt zusammengefasst: Der Städtetourismus ist wieder zurück und damit auch wieder die Konsumenten. Der Optimismus der Einzelhändler ist auch in den Bundesländern zu bemerken, in Linz, Graz, Salzburg und Innsbruck nehme die Nachfrage nach Geschäftsflächen wieder zu, sagt Patrick Homm, Abteilungsleiter Immobilienvermarktung Gewerbe bei Otto: „Vor allem internationale Retailer signalisieren nach und nach vermehrt Interesse an einem Markteintritt in direkter Kombination mit einer stationären Dependance in Wien.“
Allerdings setze sich die Fokussierung auf A-Lagen stärker fort und konzentriert sich zunehmend auf absolute Premium-Lagen, dort werden Flächen zwischen 150 und 300 Quadratmetern gesucht. Dem gegenüber stehen Nebenlagen, vor allem bei Großflächen, noch stärker unter Druck. Dort kristallisiere sich aber der Trend zu Alternativnutzung oder Nahversorgung immer deutlicher heraus. Auch Form und Funktion von Retailflächen verändern sich, zunehmend dominieren neuartige Konzepte und Alternativnutzungen auch die Highstreets. Homm: „. Wo früher oftmals Mode als der wichtigste Anker und Baustein für einen attraktiven Branchen- und Mietermix galt, übernehmen nun nach und nach Konzepte aus den Branchen Detailhandel, handelsnahe Dienstleistungen oder Gastronomie diese Rolle. Verstärkt sind neuerdings Konzepte aus dem Bereich E-Mobilität zu beobachten, die die Innenstadt als Plattform und zusätzlichen Vertriebskanal nutzen.“
Und, so Anthony Crow: Der Fokus des Einzelhandels verschiebt sich sehr wohl in die digitale Welt, das bedeute aber im Umkehrschluss nicht, dass Geschäftslokale mittel- oder langfristig zur Gänze an Bedeutung verlieren: „Je digitaler unser Alltag wird, umso wichtiger werden analoge Touchpoints. Im Endergebnis werden diese durch die Digitalisierung ausgelösten Prozesse dazu führen, dass unsere Einkaufsstraßen wieder urbaner und lebendiger werden, da sie eine deutlich höhere Diversität aufweisen werden.“
Stabile Highstreets
In der Kärntner Straße habe sich bislang kein signifikanter Leerstand eingestellt, alle heuer am Markt befindlichen Geschäftsflächen hätten nachvermietet werden können, so der Marktbericht. Die Mietpreise sind ebenfalls nach wie vor stabil, die Spitzenmieten liegen bei 350 Euro pro Quadratmeter. Dynamisch auch die Vermietungssituation am Graben, wo in manchen Fällen sogar bis zu 600 Euro pro Quadratmeter ausgerufen werden können. Auf der Mariahilferstraße betrage die Leerstandsrate zwischen 10 und 12 Prozent, dieser ist durch die Covid-Pandemie und aktuellen wirtschaftlichen Ereignisse auch nicht wesentlich gestiegen. Es handle sich dabei vornehmlich um Flächen, die seit Monaten bereits leer stehen. Positive Impulse dürfte es durch das Großprojekt, das Kaufhaus Lamarr, der Signa geben. Selbes Bild an der Landstraßer Hauptstraße: Dort ist die Nachfrage vor allem von der Mall Wien bis zur Galleria stark nachgefragt, die Spitzenmieten liegen hier bei bis zu 60 Euro pro Quadratmeter und Monat. Auch die Nachfrage auf der Meidlinger Hauptstraße ist konstant, allerdings ist noch unklar, welchen Einfluss das Vio Plaza mit 10.000 Quadratmetern Handelsfläche nach Fertigstellung haben wird.
Die Kehrseite der Medaille bildet die Favoritenstraße: Die Auswirkungen der Corona-Pandemie, sowie teils verhältnismäßig hohe Mietpreisvorstellungen, aber auch die grundlegende Konzentration vieler namhafter Retailer und Gastronomen auf A-Lagen führen dazu, dass es nach und nach vermehrt zu Geschäftsschließungen entlang der
Favoritenstraße kommt. Vor allem bei inhabergeführten Fachgeschäften ist ein starker Rückgang zu beobachten. Mittlerweile liege der Leerstand dort bei 20 Prozent – eine Verschlechterung zum Vorjahr.