Zinshausmarkt hat sich gedreht

Der Zinshausmarkt hat das aktuelle Marktumfeld zu spüren bekommen. Foto: pixabay.com

Otto Immobilien: Markt konzentrierte sich 2022 auf Bezirke innerhalb des Gürtels. Anteil an Share Deals massiv zurückgegangen. Vor allem Projektentwickler als Käufer zurückhaltend. Renditen steigen flächendeckend. Preise um zwischen 10 und 15 Prozent niedriger als 2021.

Die inflationsbedingte Erhöhung des Leitzinses der EZB hat auch den Wiener Zinshausmarkt nicht unberührt gelassen. Laut dem heute präsentierten Zinsausmarktbericht von Otto Immobilien hat die zuvor starke Marktdynamik ab dem zweiten Halbjahr erheblich an Dynamik eingebüßt. Während 2021 mit 2,4 Milliarden Euro noch ein absolutes Rekordergebnis verzeichnet worden ist, ist dieser Wert im Vorjahr auf knapp über zwei Milliarden Euro. Wesentlich stärker waren die neuen Marktgegebenheiten bei den Transaktionszahlen zu bemerken. Im Vorjahr sind in ganz Wien 483 Transaktionsfälle gemessen worden, 28 Prozent weniger als noch 2021. Wesentlich am Marktvolumen haben großvolumige Transaktionen im innerstädtischen Bereich beigetragen, kleinere Objekte unter fünf Millionen Euro seien dafür um fünf Prozent weniger oft gehandelt worden als 2021.

Eugen Otto, Firmenchef von Otto Immobilien, sieht anlässlich der aktuellen Zahlen keinen Grund zur Beunruhigung, der Markt ist stabil und funktioniere auch besser als manch andere Assetklassen: „Der Zinshausmarkt spielt auch in extremen Marktbedingungen nicht die erste Geige, schwimmt aber als ’special animal‘ in der aktuellen Marktlage mit.“ Positiv äußerte sich Otto zur jüngsten Entscheidung der Bundesregierung gegen die Mietpreisbremse. Diese wäre ein unzulässiger Eingriff in bestehende Eigentumsrechte gewesen, ein Wohnkostenzuschuss als finanzielle Unterstützung jener Menschen, die dies benötigen, ist hingegen eine faire und treffsichere Alternative.“

Laut Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei Otto Immobilien, hat sich mit der Erhöhung des Leitzinses der Markt stark verändert, nach einem sehr starken ersten Halbjahr hat sich die Dynamik seit dem Sommer deutlich abgeschwächt: „Es sind mehr Produkte auf dem Markt, da Bestandshalter begonnen haben, durch die gestiegenen Zinskosten innerhalb des Portfolios Projekte auf dem Markt zu platzieren. Dem gegenüber ist die Nachfrage aufgrund der erhöhten Unsicherheit am Markt und durch die gestiegenen Finanzierungskosten eingebremst worden.“ Auch seien jene Käufer mit deutlich mehr Eigenkapitalausstattung unterwegs als jene, die eine Finanzierung benötigen.

Ebenso deutet sich bei der Nachfrage eine gewisse Konzentration des Markts auf die innerstädtischen Bezirke an. Während im ersten Bezirk im Vorjahr um 85 Prozent mehr Transaktionen verzeichnet worden und sich etwa im neunten Bezirk die Anzahl verdoppelt hat, sind die Aktivitäten außerhalb des Gürtels deutlich zurückgegangen. So konnte in den Bezirken 13 bis 17 ein Rückgang von 52 Prozent beobachtet werden. Dennoch gab es im Gesamten 58 Prozent mehr Transaktionen außerhalb als innerhalb des Gürtels.

Die Preise sind hingegen flächendeckend gesunken, geht aus dem Zinshausmarktbericht weiter hervor, im Schnitt um zehn Prozent, so Maisel vor Journalisten. Am stärksten waren die Preisrückgänge dort, wo diese in den Jahren zuvor am stärksten gestiegen sind (2., 3., 10. und 20. Bezirk), dort mussten Abschläge von bis zu 15 Prozent hingenommen werden. Damit kommt der Quadratmeterpreis für durchschnittliche Häuser ab 2.035 Euro zu liegen. Damit steigen auch wieder die Renditen. Christoph Lukaschek, Leiter Investment bei Otto Immobilien, beziffert die Maximalrendite bei zwischen zwei und drei Prozent, wobei in Bezirken wie Simmering oder Liesing auch bis zu 3,5 Prozent aufgerufen werden. Ausnahme bildet der erste Bezirk, wo die Spitzenrendite für das beste Objekt in bester Lage mit 0,76 Prozent angegeben worden sind.

Am deutlichsten waren die veränderten Marktbedingungen aber im Verhältnis Share Deal zu Asset Deal zu beobachten. Florian Schmidl, Geschäftsführer bei der Steuerberatungskanzlei Mazars, spricht in dem Zusammenhang von einem signifikanten Rückgang bei Share Deals, vor allem im zweiten Halbjahr sind Volumen und Anzahl stark geschrumpft: „Die Anzahl der Share Deal Transaktionen sank im Vergleich zu 2021 um 77 Prozent, die Volumina gar um 84 Prozent. Das habe auch mit den Zielgruppen zu tun: Während jene, die Zinshäuser kaufen und sie lange im Bestand wahren, via Asset Deal kaufen, seien Share Deals vor allem bei Projektentwicklern aufgrund der niedrigeren laufenden Kosten geläufig, die die Häuser entwickeln und abparifizieren. Heißt im Umkehrschluss: „Projektentwickler zögern derzeit beim Ankauf“, so Maisel auf immobilien investment-Nachfrage.

Auf Käufer- wie auf Verkäuferseite dominieren nach wie vor Unternehmen (AGs, GmbHs, OGs, KGs, Banken und Versicherungen). Knapp 81 Prozent aller Käufe und 43 Prozent aller Verkäufe sind im Vorjahr von Unternehmen ausgegangen, was ein Plus von 16 Prozent bei Käufen, aber minus 9 Prozent bei Verkäufen entspricht. Allerdings: Im zweiten Halbjahr seien Privatpersonen für vier Prozent der Käufe verantwortlich gewesen, bei Verkäufen sogar 41 Prozent. Auf die Gruppe Sonstige, in die auch Privatstiftungen fallen, seien nur ein Prozent des Volumens auf Käufer und vier Prozent auf Verkäuferseite entfallen.

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