Verbände warnen vor Bestellerprinzip

Fachverbands-Obmann Gerald Gollenz richtet sich in einem persönlichen Brief an die Nationalratsabgeordneten gegen das Bestellerprinzip. Foto: WKO/Lipiarski

Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder: Bestellerprinzip bringt für Wohnungssuchende erhebliche Mehrkosten. Leistbarer Wohnraum gefährdet. Auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft spricht sich entschieden gegen Bestellerprinzip aus.

Am 1. März soll das breit in der Immobilienwirtschaft kritisierte Bestellerprinzip im Nationalrat beschlossen werden. Heute beschäftigt sich der Bautenausschuss mit dem Thema, das dann kommende Woche im Plenum zur Abstimmung gelangen wird. Anlässlich der nun drängenden Zeit richtet sich der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in einem persönlichen Brief an die Mitglieder des Bautenausschusses der ÖVP. In diesem lehnt man das Bestellerprinzip kategorisch ab und warnt vor erheblichen Zusatzkosten für die Mieter und einer einhergehenden Gefährdung von leistbarem Wohnraum, zumal damit auch das Wohnungsangebot – ausgehend von deutschen Marktberichten – um zwischen 30 und 40 Prozent schrumpfen wird.

Mit der Einführung eines Bestellerprinzips würden Immobilienmakler ihre umfassenden Informations- und Aufklärungsverpflichtungen gegenüber Mieterinteressenten nicht mehr erfüllen können, so Fachverbandsobmann Gerald Gollenz in dem Schreiben: „Der potenzielle Mieter ist dem Markt somit schutzlos ausgeliefert. Dies ist nicht im Sinne des Konsumentenschutzes.“ Der vorliegende Entwurf sei aus Sicht des Fachverbands untauglich und unausgereift, da er noch immer unbestimmte Gesetzesbegriffe enthält und damit für alle Beteiligten große Rechtsunsicherheit besteht“ führt Gollenz weiter aus.

Während die Politik das Bestellerprinzip oft als Maßnahme für leistbares Wohnen anführe, zeigen die Zahlen aus Deutschland, in dem das Bestellerprinzip 2015 eingeführt worden ist, ein gänzlich anderes Bild, geht aus dem Brief hervor. Davon ausgehend befürchtet die WKO einen Rückgang des Wohnungsangebots um zwischen 30 und 40 Prozent und auch zu intransparenten Märkten, da vor allem das sichtbare Wohnungsangebot schrumpfen wird. Damit müssten Wohnungssuchende in Zukunft wesentlich mehr Zeit und Geld für die Wohnungssuche aufwenden. Überdies müssten sich Wohnungssuchende rechtliche und fachliche Unterstützung extern zukaufen, wenn sie als Laien professionellen Vermietern gegenüberstünden. Gollenz: „Bislang konnte der Mieter damit rechnen, dass er für die Anmietung einer Wohnung inklusive der Informations- und Aufklärungspflichten des Immobilienmaklers bei einem 3-Jahres-Vertrag eine Monatsmiete als Provision bezahlen muss. In Zukunft kann es ihm aber auch passieren, dass der Vermietungsaufwand in die Miete eingepreist wird und er über den Zeitraum monatlich eine höhere Summe bezahlt.“

Nicht zuletzt bedrohe das Bestellerprinzip auch Makler und deren Mitarbeiter. Das würde auch die Erfahrung aus Deutschland zeigen: etwa die Hälfte der Maklerunternehmen, die an der vom deutschen Justizministerium beauftragten Umfrage teilgenommen haben, hatten nach der Einführung des Bestellerprinzips Umsatzeinbußen von durchschnittlich 37 Prozent. In Österreich gebe es laut Fachverband aktuell 5.811 aktive Maklerunternehmen, die von dieser Gesetzesänderung betroffen wären. Auch sehe die Änderung des Maklergesetzes darüber hinaus hohe Verwaltungsstrafen für Verstöße vor. Der Fachverband sieht das als grundlose Kriminalisierung und Vorverurteilung einer ganzen Branche. Gollenz: „Mit der Einführung des Bestellerprinzips wird Wohnen nicht leistbarer. Die Wohnungsangebote werden weniger und intransparenter und die Mieten werden steigen. Wir ersuchen Sie daher, diese negativen Auswirkungen zu bedenken, wenn Sie der Gesetzesänderung zustimmen. Wir stehen Ihnen jederzeit mit unserer fachlichen Expertise zur Verfügung, um die Auswirkungen im Detail zu erläutern.“

Auch der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) richtete sich via offenem Brief an die Bautenausschussmitglieder und spricht sich nachhaltig gegen die Einführung des Bestellerprinzips in der geplanten Fassung aus. Der Entwurf entspreche in großen Teilen der deutschen Regelung, berücksichtige aber nicht, dass der österreichische Mietmarkt weit stärkeren Reglementierungen unterworfen ist. Kritisiert wird, dass Bürgerinnen und Bürgern versprochen werde, dass mit dem Bestellerprinzip eine nachhaltige Entlastung der Wohnkosten verbunden sei. Allerdings ist nicht eingerechnet worden, dass Wohnungssuchende in Zukunft weitaus mehr Zeit in die Wohnungssuche investieren müssen, dass das Wohnungsangebot intransparenter wird und die Beratungs- und Serviceleistung des Maklers wegfallen wird.

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