Sinkende Transaktionsvolumina, geringe Renditen und Scheu vor neuen Projekten.
Die Immobilienmärkte haben schon bessere Zeiten gesehen. Gab es Ende des Vorjahres trotz Coronapandemie nur eine Richtung, und zwar nach oben, hat der Ukraine-Krieg mit einhergehenden Energieengpässen, Inflation und stetiger kräftiger Zinserhöhungen die Stimmung erheblich eingetrübt. Für das Beratungs- und Investmentunternehmen Advicum Consulting sind die goldenen Zeiten am Immobilienmarkt jedenfalls vorbei. Laut einer aktuellen Analyse des Unternehmens agieren die Marktteilnehmer zunehmend zurückhaltender – vor allem, was neue Projekte betrifft.
Baustopp und steigende Mieten
Vor allem seien die gestiegenen Baukosten für Projektentwickler zum Problem geworden. Laut Matthias Ortner, Equity Partner bei Advicum, würden derzeit reihenweise Projekte gestoppt oder verschoben, da man nicht der derzeitigen Kostenentwicklung und Marktpreise zum Opfer fallen wolle. Gleichzeitig bestehe aber ein Wohnungsmangel, weswegen Advicum davon ausgeht, dass die Mieten weiterhin steigen werden. Wenngleich aus aktueller Sicht Steigerungen im Bereich der Inflationsrate (derzeit 11 Prozent, Anm.) eher unwahrscheinlich sind, nachdem die Reallöhne gleichfalls nicht ex aequo mit der Inflation steigen. Dennoch sind die Steigerungen vor allem für einkommensschwächere Gruppen ein Problem, denn diese würden sich, so Advicum, immer schwerer tun, leistbaren Wohnraum zu finden – und immer weniger Entwickler können diesen auch bereitstellen, da die notwendigen Renditen dafür nicht mehr erzielbar seien.
Jedoch seien nicht alle Segmente gleichermaßen von der aktuellen Situation betroffen, Logistikimmobilien erfahren derzeit einen Boom – befeuert durch den stark wachsenden Onlinehandel. Hingegen sind Büroimmobilien schon allein durch die Pandemie und Remote-Work einem starken Wandel unterzogen. Das führe, so Advicum dazu, dass einerseits traditionelle Ansätze bei der Bürovermietung nicht mehr anwendbar seien, gleichzeitig aber der Leerstand in der breiten Masse steigt, während gleichzeitig High End-Flächen stärker nachgefragt werden. Damit stiegen auch die erzielbaren Spitzenmieten.
Herausforderung Zinsentwicklung
Doch auch die Zinsentwicklung ist eine Herausforderung. „Einerseits werden Anleihen als alternative Anlageklasse wieder attraktiver, andererseits belasten die steigenden Zinsen die Renditen der Immobilien. Dies führt dazu, dass der Investitionsdruck auf den Markt abnehmen wird. Wer spät, teuer und weitgehend kreditfinanziert gekauft hat, unterliegt einem Verkaufsdruck, der wiederum die Immobilienpreise sinken lässt“, sagt Ortner. Wer seine Refinanzierung aber an die steigenden Zinsen anpassen konnte, werde Immobilien tendenziell länger halten.
Die Zinsentwicklung könnte aber auch für Bestandshalter relevant werden, vor allem dann, wenn sie riskant kalkuliert hatten. Das werde dazu führen, dass man zwingend neue Geschäftsmodelle werde entwickeln müssen, um notwendige Erlöse zu generieren. Als Beispiel nennt Ortner die Produktion von grünem Strom via am Dach installierter Solarpaneele, den man direkt an den Mieter verkaufen könne.