ÖRAG-Vorstand Johannes Endl zum Regierungsprogramm: Positive programmatische Ansätze, geplanter Mietendeckel könnte negative Folgen haben.
Das kürzlich von der Koalition zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS vorgestellte Regierungsprogramm enthält nach Einschätzung von Johannes Endl, Vorstand der Österreichischen Realitäten AG (ÖRAG), „zumindest programmatisch positive Ansätze für unsere Branche“. Besonders begrüßt werden Maßnahmen wie die „Stärkung der Bautätigkeit, Deregulierung und Vereinfachung sowie Beschleunigung von Bauverfahren“.
Auch die geplante Reduktion sogenannter „überschießender Anforderungen im Bau“ sei ein richtiger Schritt, um Baukosten zu dämpfen. „Das Bekenntnis, Rahmenbedingungen zu schaffen, in denen der Zugang zu Eigentum befördert wird, ist ebenfalls erfreulich“, so Endl weiter. Auch das Ziel, klare und faire mietrechtliche Bestimmungen zu schaffen und gleichzeitig die Ökologisierung des Wohnbaus voranzutreiben, werde von der Branche positiv aufgenommen.
Kritisch äußert sich Endl jedoch zu einzelnen Vorhaben der Regierung, insbesondere zur geplanten Einführung eines Mietendeckels. „Diese Maßnahme wird sich gerade für jüngere und finanzschwächere Menschen als Boomerang erweisen“, warnt er. Statt das Ziel leistbaren Wohnraums für diese Gruppen zu erreichen, könne das Gegenteil eintreten.
Die im Regierungsprogramm vorgesehenen Eingriffe betreffen laut Endl primär den Altbau sowie geförderte Wohnungen. Hier bestehe bereits jetzt eine starke Regulierung bei vergleichsweise niedrigen Mieten. „Sicherlich werden sich einige Mieter freuen, wenn ihre Mieten dann, in Kaufkraft bemessen, sinken“, räumt Endl ein. „Aber es handelt sich um eine Maßnahme mit der Gießkanne ohne jede soziale Treffsicherheit.“
Aus Sicht der Vermieter drohen durch Mietpreisdeckel Anreize, Wohnungen nicht mehr zu vermieten, sondern zu verkaufen. Dies verschärfe die Situation am Wohnungsmarkt zusätzlich. „Wer keine Wohnung hat, wird es noch schwerer haben, eine zu finden“, so Endl. Zudem warnt er vor einem Rückgang von Sanierungen im Altbaubestand: „Gerade die Erhaltung von alter Bausubstanz ist sehr aufwändig – je weniger sich das rechnet, desto weniger Sanierungen wird es geben.“
Der ÖRAG-Vorstand bezeichnet die Vorstellung, Preise per Dekret steuern zu können, als „Illusion“. Er verweist auf historische Beispiele aus Wien, wo unsanierte Altbauten, WC am Gang und ein florierendes Ablöseunwesen bis in die 1990er Jahre keine Seltenheit waren. „Das Stadtbild hat sich seither zum Glück völlig verändert – das ist vielen Förderungen und Initiativen, vor allem aber den mietrechtlichen Verbesserungen zu verdanken.“
Besonders kritisch sieht Endl Überlegungen, auch im Neubau eine Mietenregulierung einzuführen. „Schon jetzt rechnet sich der freifinanzierte Mietwohnbau kaum – die Gleichung aus Herstellungskosten, erzielbarer Miete und Zinsniveau ist derzeit fast nicht positiv aufzulösen“, erklärt er. Statt Regulierungen brauche es gezielte Maßnahmen, um Kapital in den Wohnbau zu lenken oder die öffentliche Hand wieder stärker zum Bau preisgünstiger Wohnungen zu bewegen. „Wohnen ist zweifellos ein wichtiges Grundbedürfnis. Wer leistbaren Wohnraum bieten will, muss das Angebot erhöhen und nicht Maßnahmen setzen, die zu einer weiteren Verknappung führen“, betont Endl. Eine theoretisch günstige Wohnung, die nicht existiert, helfe niemandem.
Dass ein funktionierender Wohnungsmarkt auch ohne harte Regulierungen möglich sei, zeige der Blick auf Städte wie Graz oder St. Pölten. Dort sei das Angebot in den vergangenen Jahren gewachsen, was zu moderaten Mieten geführt habe. Auch für Wien sei ein ausreichendes Wohnraumangebot zentral – nicht zuletzt für den Tourismus, der von der hohen Lebensqualität und dem renovierten Altbaubestand profitiere. „Dafür braucht es sinnvolle Anreize und keine neuen Verbote“, so Endl