Die erhöhte Nachfrage und das knappe Angebot von Wohnimmobilien sorgten 2021 sowie im ersten Halbjahr 2022 in ganz Österreich für deutliche Preissteigerungen. Erschwerte Finanzierungsbedingungen und steigende Zinsen werden jedoch künftig die Nachfrage nach Wohnimmobilien in mittleren und einfachen Lagen reduzieren. In hochwertigen Lagen ist weiterhin mit Preissteigerungen zu rechnen, allerdings auf moderatem Niveau. Die erwartete Konsequenz ist eine gesunde Marktkorrektur.
Der Engel & Völkers Marktbericht 2022 für Wohnimmobilien in Österreich zeigt deutlich: Durch das knappe Angebot und eine verringerte Neubautätigkeit stiegen 2021 sowie im ersten Halbjahr 2022 Nachfrage und Preise bei Eigentumswohnungen und -häusern in ganz Österreich. Die prozentuale Preiszunahme war in Tirol und Wien trotz des bereits vorhandenen hohen Niveaus am stärksten. Im Segment der Eigentumswohnungen erhöhten sich die Quadratmeterpreise in allen Bundesländern, noch deutlicher fielen die Preisanstiege im Segment der Ein- und Zweifamilienhäuser aus. In den beliebtesten Lagen des Landes wird es 2023 weiterhin eine hohe Nachfrage und zumindest ein Einpendeln der Preise auf hohem Niveau geben. Durch die erschwerten Finanzierungsbedingungen und gestiegene Zinsen ist in mittleren und einfachen Lagen mittelfristig mit einer reduzierten Nachfrage zu rechnen. Deshalb ist eine Abflachung der Preiszuwächse zu erwarten, was letztlich zu einer Rückkehr zu einem ausgeglichenen Immobilienmarkt mit gesunden Verhältnissen hinsichtlich Angebot, Nachfrage und Preisen führen wird.
Zuzug und Wohnraumknappheit dominieren Wiener Wohnungsmarkt
Wien verzeichnet als lebenswerteste Stadt der Welt seit Jahren ein Bevölkerungswachstum, die Zwei-Millionen- Einwohner-Marke wird voraussichtlich bald überschritten sein. Besonders die Bezirke 21 bis 23 wiesen zuletzt stark positive Wanderungssaldi auf. Der Durchschnittspreis für Eigentumswohnungen in Wien ist 2021 um rund elf Prozent gestiegen und lag bei 5.582 Euro/m2. Die Innenstadt und der innere Gürtel (Bezirke 1–9) sind weiterhin besonders stark nachgefragt. Durch den hohen Kapitalfluss ist aktuell auch immer noch ein positiver Trend im Neubausegment zu erwarten, jedoch belasten die hohen Baukosten die Gewinnerwartungen der Investoren. Daher könnte die Bautätigkeit in näherer Zukunft etwas zurückgehen. Der durchschnittliche Verkaufspreis bei Ein- und Zweifamilienhäusern stieg im Vergleich zum Vorjahr um 23,7 % auf rund 980.000 Euro, womit Tirol als teuerstes Bundesland überholt wurde. Immobilienangebote sind auch in Wien knapp, wodurch die Preise aktuell stabil bleiben. Geänderte Finanzierungsbedingungen führen teilweise zu längeren Vermarktungszeiten, wodurch es zu leichten Marktkorrekturen kommen wird. „Der Flair der Metropole wird weiterhin viele Menschen nach Wien ziehen. Dadurch bleibt die Nachfrage nach Wohnraum auch bei geänderten Finanzierungsbedingungen hoch, vor allem in guten Lagen. Auch das grüne Umland der Stadt, allen voran Städte wie Mödling oder Klosterneuburg, sind für junge Familien eine Möglichkeit, den hohen Preisen der Stadt zu entfliehen“, so Philipp Niemann, Geschäftsführer von Engel & Völkers Wien.
Konstant hohe Nachfrage in der Mozartstadt
Wohnimmobilien in Salzburg sind durch die zentrale und schöne Lage äußerst begehrt, der Immobilienmarkt entwickelt sich entsprechend positiv. Insgesamt wurden 1.055 Ein- und Zweifamilienhäuser verkauft, was einem Anstieg um rund 23 % im Vergleich zu 2020 entspricht. Der durchschnittliche Preis stieg mit +32,7 % im gleichen Zeitraum allerdings noch deutlicher – ein klares Anzeichen für den bestehenden Nachfrageüberhang. Im Segment der Eigentumswohnungen wurde in diesem Bundesland fast ein Drittel der verkauften Objekte 2021 in der Hauptstadt gehandelt. Der Preisanstieg von 2020 zu 2021 lag mit 20,7 % sogar noch deutlich über dem der Vorjahre. Durch das prognostizierte Bevölkerungswachstum von +6,1 % im Bundesland Salzburg bleibt die Nachfrage – trotz steigender Zinsen – voraussichtlich stabil. In guten und sehr guten Lagen sind sogar deutliche Preissteigerungen zu erwarten. Mark Hüsges, Geschäftsführer von Engel & Völkers Salzburg, dazu: „In der Stadt Salzburg ist die Nachfrage nach Wohnimmobilien nach wie vor sehr hoch und das Angebot knapp. Auch heuer ergeben sich dadurch in nahezu allen Lagen konstant steigende Preise. Derzeit werden für exklusive Neubau-Penthouses in 1A-Lagen bis zu 25.000 Euro/m² verlangt. In einfachen Lagen der Stadt Salzburg sind die Preise allerdings meist stabil bzw. nur leicht steigend.“
Salzkammergut: Stetiger Zuzug durch hohe Lebensqualität
Die Region Salzkammergut erlebt durch die hohe Lebensqualität ebenfalls eine hohe Nachfrage nach Wohnraum. Besonders begehrt sind Einfamilienhäuser in Seelage oder mit See- und Bergpanorama, wobei der Anteil verkaufter Eigentumswohnungen deutlich überwiegt. Die Transaktionszahl stieg erneut leicht auf 1.553 – weiterhin steigende Preise zeigen jedoch, dass das Angebot die Nachfrage auch hier bisher nicht deckt. Mittelfristig werden sich voraussichtlich vor allem gute und sehr gute Lagen weiterhin sehr positiv entwickeln, denn der stetige Zuzug hält den Bedarf nach Wohnimmobilien hoch. Seeufer und Städte im Zentralraum Kärntens besonders begehrt. Auch im südlichsten Bundesland wächst die Nachfrage nach Ein- und Zweifamilienhäusern mit großer Wohnfläche, Garten und Balkon, vor allem im Klagenfurter Umland und in Seenähe. Der Preis für ein Eigenheim in Kärnten lag 2021 durchschnittlich bei knapp 300.000 Euro – eine Steigerung von knapp 15 % zum Vorjahr. Besonders hoch sind die Preisanstiege in den Bezirken Klagenfurt- Land und Feldkirchen. Ebenso nimmt die Nachfrage nach Eigentumswohnungen zu. Der durchschnittliche Kaufpreis einer Eigentumswohnung in Kärnten lag 2021 bei 3.619 Euro/m² und damit um rund 16 % höher als im Jahr davor. „Die in- und ausländische Nachfrage nach Zweitwohnsitzen in Kärnten steigt, auch aufgrund noch strengerer Regelungen in den Nachbarländern, weiter an. Daher kann zukünftig weiterhin mit Preissteigerungen, vor allem rund um die größeren Seen, gerechnet werden“, so Hansjörg Lenz, Geschäftsführer Engel & Völkers Kärnten. Die gesamte Region Wörthersee-Ossiachersee verzeichnet ebenfalls seit Jahren einen Zuwachs der Kaufpreise. Viel Potenzial am Immobilienmarkt gibt es außerhalb des Zentralraums, wo die Preise noch vergleichsweise niedrig sind. Die Kaufpreise für Häuser in der Region Oberkärnten-Millstätter See liegen im Durchschnitt noch knapp unter 300.000 Euro und sind damit vergleichsweise moderat.
Geringer Preisanstieg in der Steiermark durch hohe Neubautätigkeit
Mit durchschnittlichen Verkaufspreisen von rund 286.000 Euro bei Ein- und Zweifamilienhäusern und 3.030 Euro/m² im Segment der Eigentumswohnungen ist die Steiermark nach dem Burgenland das günstigste Bundesland Österreichs. Dennoch sind die Preise auch hier im Vorjahresvergleich bei den Ein- und Zweifamilienhäusern um 14 % und bei den Wohnungen um 13 % gestiegen. Intensive Neubautätigkeiten und die sich verändernde Finanzierungssituation führen in Graz künftig voraussichtlich zu einer Abflachung des Preisanstiegs bei Kaufwohnimmobilien. Ein eher moderater Preisanstieg wird bei den Immobilienpreisen in Graz und in der Südsteiermark verzeichnet, wobei insbesondere in guten und sehr guten Lagen entlang der Südsteirischen Weinstraße zukünftig mit Preiserhöhungen zu rechnen ist. „Die Nachfrage nach Weingütern und Häusern mit schöner Aussicht in der ‚steirischen Toskana‘ ist groß. Die Nähe zu Graz macht die Region für die Nutzung von Wochenendwohnsitzen attraktiv“, so Harald Martich, Geschäftsführer Engel & Völkers Steiermark.
Tirol verzeichnet viele Verkäufe im Premiumsegment
Die durchschnittlichen Verkaufspreise 2021 haben sich insbesondere auch in Tirol erneut stark erhöht. Der durchschnittliche Preis für Ein- und Zweifamilienhäuser stieg um rund 20 % auf 957.000 Euro. Im Segment der Eigentumswohnungen gab es ebenfalls erneut eine deutliche Preissteigerung um rund 18 % auf 5.093 Euro/m². Kitzbühel bleibt im Preisvergleich die Spitzenregion Österreichs. Die Nachfrage steigt immer weiter, und das Angebot nimmt deutlich ab. Gesucht werden besonders Wohnobjekte in Einzellagen, die jedoch selten auf den Markt kommen. Doch auch für zentrale Lagen ist der Preis deutlich gestiegen. Häuser wechselten 2021 für durchschnittlich rund 2,5 Millionen Euro den Besitzer. Der durchschnittliche Preis für Eigentumswohnungen stieg im Vergleich zum Vorjahr um 12 % auf 7.024 Euro. Obwohl die Anzahl der verkauften Objekte 2021 in beiden Segmenten leicht gestiegen ist, nimmt das Angebot insgesamt immer weiter ab. Florian Hofer, Geschäftsführer Alpenregion Tirol & Salzburger Land, dazu: „Die Immobilienpreise in Tirol sind in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen. Durch den Nachfrageüberhang ist sowohl bei Wohnungen als auch bei Grundstücken mit weiteren Preiszuwächsen zu rechnen.“