Retailmarktbericht 2025: Stabilisierte Rahmenbedingungen, ESG-Kriterien gewinnen an Bedeutung – Wien bleibt internationale Einkaufsmetropole.
Zwar verzeichnete der österreichische Einzelhandel im Jahr 2024 ein inflationsbereinigtes Umsatzplus von 0,5 Prozent, dennoch bleibt das Marktumfeld laut dem aktuellen Retailmarktbericht 2025 des Immobiliendienstleisters CBRE herausfordernd. Hohe Lohnkosten, gedämpfte Nachfrage und wachsender Wettbewerbsdruck führten zu steigenden Insolvenzen und sinkender Beschäftigung – insbesondere im Sport- und Möbelhandel. „Zentrale Themen bleiben die Rentabilität und damit der Kostendruck“, erklärt Walter Wölfler, Head of Agency & Sector Retail Austria bei CBRE. Dennoch hätten 18 neue Marken den österreichischen Markt betreten, darunter fünf im Luxussegment wie Van Cleef & Arpels, Stone Island und Plein Sport.
Zu den Wachstumstreibern zählten 2024 Gastronomie, Dienstleistungen sowie der Lebensmitteleinzelhandel. Die Gastronomie wuchs erneut deutlich um 4,3 Prozent. Auch Supermärkte legten mit 1,7 Prozent zu. Diskonter profitierten weiterhin vom Konsumverhalten in wirtschaftlich unsicheren Zeiten – sowohl im Food- als auch im Non-Food-Bereich. Gleichzeitig geraten kleinere Anbieter wie Nah&Frisch, MPreis oder Unimarkt unter Druck. Der wachsende Einfluss asiatischer Onlinehändler wie Temu, Shein oder Alibaba verändere zudem die Marktlandschaft nachhaltig. Die EU-Kommission arbeite laut Bericht bereits an regulatorischen Maßnahmen.
Die Bundeshauptstadt Wien behauptete 2024 ihre Position als wichtigste Einkaufsdestination Österreichs. Mit 18,9 Millionen Nächtigungen wurde ein neuer Tourismusrekord verzeichnet. Die Kaufkraft spiegelt sich in den stark frequentierten Innenstadtlagen wider: Top-Lagen wie Graben oder Kärntner Straße konnten ihre Passantenfrequenz im Vergleich zu 2022 um bis zu 50 Prozent steigern, so der Bericht. Die Spitzenmieten zogen angesichts hoher Nachfrage leicht um 2,8 Prozent auf 370 Euro pro Quadratmeter und Monat an. Kleinere Einheiten erzielten vereinzelt höhere Werte. Großprojekte wie das Kaufhaus Lamarr oder die Revitalisierung des Kärntnerringhofs sollen die Innenstadt zusätzlich beleben.
Eine leichte Dynamik sei am Investmentmarkt für Einzelhandelsimmobilien zu spüren gewesen, so CBRE. „Mehrere Großtransaktionen von Einkaufs- und Fachmarktzentren sind in Vorbereitung“, erklärt Lukas Schwarz, Head of Capital Markets bei CBRE. Besonders Einzelhandelsobjekte mit Lebensmittelschwerpunkt seien bei Investoren gefragt: „Sie stehen aufgrund ihrer Krisenresilienz weiterhin ganz oben auf den Ankaufslisten.“ CBRE erwartet insgesamt eine Marktbelebung in den kommenden Monaten – getragen von stabileren makroökonomischen Rahmenbedingungen, nachhaltigen Immobilienstrategien und selektivem Wachstum im Einzelhandel.
Immer stärker in den Fokus rückt das Thema Nachhaltigkeit: „Nachhaltigkeits-Zertifizierungen von ÖGNI, DGNB, BREEAM und LEED sind auf dem österreichischen Einzelhandelsmarkt mittlerweile bestens etabliert“, sagt Elvis Penjo, Head of ESG bei CBRE. Das spiegelt sich zunehmend auch in der Kreditvergabe wider: Eine Finanzierung sei jüngst aufgrund nicht erfüllter ESG-Kriterien abgelehnt worden.
Unterschiedlich entwickeln sich die Landeshauptstädte. Linz punktet mit hoher Kaufkraft und niedriger Leerstandsquote (3,0 Prozent), während Projekte wie die Passage Linz vor einer Neupositionierung stehen. Graz setzt auf Impulse durch die 2025 fertiggestellte Innenstadtentlastung, während Salzburg Linz bei der Pro-Kopf-Kaufkraft überholt hat – verbunden mit hoher Frequenz in der Altstadt und geringer Leerstandsquote.