Ab 21. November treten neue europäische Leitlinien in Kraft, die die Verwendung von Begriffen wie ESG noch stärker regulieren. Damit will man dem so genannten „Greenwashing“ entgegentreten. In Österreich sind 200 Fonds betroffen.
Begriffe wie ESG oder Nachhaltigkeit dominieren mittlerweile die Finanzwelt, doch nicht immer ist das drin, was auf Finanzprodukten draufsteht: Ab dem 21. November 2024 treten neue europäische Leitlinien der Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) in Kraft, die die Verwendung von ESG- und nachhaltigkeitsbezogenen Begriffen in Fondsnamen regulieren. Diese neuen Vorgaben sollen Anlegerinnen und Anleger vor irreführenden Nachhaltigkeitsaussagen in Fondsnamen schützen und Fondsmanagern klare Kriterien zur Bewertung der Namensgebung an die Hand geben. Die österreichische Finanzmarktaufsicht (FMA) hat am Mittwoch nun angekündigt, die neuen Leitlinien in ihre Verwaltungspraxis zu übernehmen.
Die neuen ESMA-Leitlinien, die bereits am 21. August veröffentlicht worden sind, sehen einen Mindestschwellenwert von 80 Prozent der Investitionen vor, wenn Fonds ESG- oder nachhaltigkeitsbezogene Begriffe im Namen führen. Das bedeutet, dass mindestens 80 Prozent des verwalteten Vermögens tatsächlich in Anlagen fließen müssen, die den ESG-Zielen entsprechen. Bisher wurde häufig mit einem niedrigeren Schwellenwert von 50 Prozent gearbeitet. Zusätzlich legen die Leitlinien Ausschlusskriterien fest: Fonds mit ESG-bezogenen Namen dürfen nicht in Unternehmen investieren, die beispielsweise in den Bereichen Kohle, Erdöl, Gas oder emissionsintensive Stromerzeugung tätig sind oder gegen Prinzipien guter Unternehmensführung verstoßen. Für bereits bestehende Fonds gelte demnach eine Übergangsfrist von sechs Monaten, bis zum 21. Mai 2025. Neue Fonds, die nach dem 21. November gegründet werden, müssen die Leitlinien sofort anwenden.
In Österreich sind von den neuen Leitlinien direkt über 200 Fonds mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 40 Milliarden Euro betroffen. Nahezu alle heimischen Kapitalanlagegesellschaften bieten Fonds an, die explizit ESG-, Umwelt- oder Sozialbegriffe im Namen führen. Auch ethische Begriffe sind in Österreich weit verbreitet. Die neuen Regeln werden nicht nur die Fonds selbst betreffen, sondern auch den Wertpapiervertrieb bei Banken, fondsgebundene Lebensversicherungen und nachhaltige Investitionen von Pensionskassen.
In einem gemeinsamen Statement erklärten die beiden FMA-Vorstände Helmut Ettl und Eduard Müller, dass man die neuen Leitlinien der ESMA begrüße, da „sie zu mehr Markttransparenz beitragen, einen europäischen Mindeststandard festlegen und damit zu Wettbewerbsgleichheit beitragen.“ Man wolle die neuen Anforderungen insbesondere bei der Bewilligung neuer Fonds berücksichtigen und die Kriterien streng überwachen: „Viele Anlegerinnen und Anleger wünschen sich, dass mit ihrem Geld tatsächlich in ESG-Investitionen finanziert wird“, so Ettl und Müller. „Sie sollen sich darauf verlassen können, dass in einem Fonds ‚nachhaltig‘ drinsteckt, wenn ‚nachhaltig‘ draufsteht. Die Verhinderung von Greenwashing ist daher für die FMA ein wichtiger Schwerpunkt.“ Um das Risiko von Greenwashing zu minimieren, kündigte die FMA an, künftig auf ein Greenwashing-Analyseframework setzen, das auch Methoden der automatisierten Textanalyse und Künstlichen Intelligenz nutzt. Dieses Framework wird gezielt zur Überprüfung von Publikumsfonds eingesetzt.