Ob ein eigenes Haus oder eine Eigentumswohnung – in Österreich wächst das Interesse an Wohneigentum seit Jahren. Daran änderte auch die Coronakrise nichts. Im Gegenteil.
Krise? Welche Krise? Wohnimmobilien in Österreich sind sicher nicht davon betroffen. Die Coronakrise hat dem Steigflug des österreichischen Wohnimmobilienmarkts kein jähes Ende bereitet, sondern diesen im Gegenteil noch befeuert. „Insgesamt war 2021 ein sehr intensives und bewegtes Jahr in ganz Österreich und geprägt von starkem Investitionsdruck, hoher Nachfrage bei Wohnungen und vor allem Einfamilienhäusern und Grundstücken“, bringt Michael Pisecky, Geschäftsführer von s REAL, die Situation in Österreich auf den Punkt. Ein jähes Ende des österreichischen Immobilienzyklus zeichnet sich jedenfalls nicht ab. „Die Nachfrage nach Wohn- und Investmentimmobilien ist nach wie vor groß“, erklärt Peter Weinberger, Sprecher Raiffeisen Immobilien Österreich.
Das zeigt auch der RE/MAX Real Estate Future Index für 2022. „So optimistisch war die Preis- und Wertprognose noch nie“, meint RE/MAX-Austria-CEO Bernhard Reikersdorfer. „Für 2022 gehen wir davon aus, dass die Preise spürbar steigen werden, wobei sie für einige Bundesländer und Immobilientypen stärker oder schwächer ausfallen können.“ Ausschlaggebend sind in fast allen Segmenten ein sinkendes Angebot und eine steigende Nachfrage.
Neben den klassischen Speckgürtel-Bezirken rund um die Großstädte erfreuen sich seit März 2020 auch ländlichere Regionen großer Beliebtheit. Die gestiegene Akzeptanz von Homeoffice im Zuge von Corona verstärkt diesen Trend, meint Peter Weinberger: „Wer nur mehr an einem oder zwei Tagen pro Woche an den Arbeitsplatz pendeln muss, nimmt größere Entfernungen eher in Kauf. In Zukunft wird daher vor allem der digitalen Infrastruktur als Voraussetzung für Homeoffice wachsende Bedeutung zukommen.“ Wenn der Zugang zu Breitbandinternet gegeben ist, könnten auch Regionen, die von den Ballungsräumen noch weiter entfernt liegen, für Immobiliensuchende attraktiver werden.
Hohe Nachfrage in Wien und Umgebung
In Wien gab es im Neubau/Erstbezug ein Rekordjahr an Fertigstellungen, und die Bundeshauptstadt verfügt mittlerweile über ein ausreichendes Angebot an Wohnungen. „Auch die nächsten zwei Jahre ist wegen der hohen Bautätigkeit mit einer Vielzahl an Wohnungen zu rechnen“, so Michael Pisecky. „Die Preise haben sich bei Neubauwohnungen weiter nach oben entwickelt.“ Neubauten sind weiterhin sowohl für Anleger als auch für Eigennutzer attraktiv, „aber es empfiehlt sich, sehr genau zu prüfen, wo man kauft, um zu vermieten oder selbst dort zu wohnen“, rät Michael Pisecky.
Der Neubauwohnungen im Wiener Umland sind stark nachgefragt und zumeist auch schnell verkauft, da hier die Nachfrage bei Weitem das Angebot übersteigt. Der Anteil der Eigennutzer ist hier wesentlich höher als in Wien. Der Immobilienmarkt in Niederösterreich profitiert vom Wunsch, im Grünen zu leben, aber doch eine gute urbane Anbindung vorzufinden. Vor allem Familien suchen in den Bezirken Baden, Tulln, Klosterneuburg und Mödling Objekte mit Garten. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern bleibt auf sehr hohem Niveau, wobei sich auch der Radius stark ausgeweitet hat. Er umfasst schon fast ganz Niederösterreich und auch das nördliche und mittlerweile selbst das südliche Burgenland. Diese Entwicklung betrifft natürlich auch die Baugrundstücke. Sie sind rar, steigen stark im Preis und sind zunehmend in der öffentlichen Diskussion. Die Frage ist nämlich, wie hier zukünftig damit umzugehen ist. Denn der Trend zum Haus im Grünen läuft entgegengesetzt zu den kommenden Herausforderungen, was die Maßnahmen zum Klimawandel betrifft.
Auch Bundesländer stehen hoch im Kurs
Aber wie gesagt, es tut der Nachfrage keinen Abbruch. Der Engel-&-Völkers-Marktbericht für Wohnimmobilien in Österreich zeigt bei Ein- und Zweifamilienhäusern, dass die Preise österreichweit über zehn Prozent gestiegen sind. Die größten Preisanstiege verzeichnen Tirol, Salzburg und Vorarlberg. Auch bei den Wohnungen erhöhten sich die Preise in beinahe allen Bundesländern, am stärksten im Burgenland und in Tirol. „Dem in Tirol und dem Salzburger Land sehr limitierten Angebot wird auch in Zukunft eine hohe Nachfrage gegenüberstehen, was grundsätzlich zu einem stabil hohen, wenn nicht sogar weiter steigenden Preisniveau führen wird“, erklärt Florian Hofer, Geschäftsführer von Engel & Völkers Alpenregion Tirol und Salzburger Land.
Innsbruck ist als Wohnort sehr beliebt und weist daher auch die höchsten durchschnittlichen Wohnungs- und Häuserpreise aller österreichischen Großstädte auf. Immobilien in Kitzbühel sind stark gefragt, doch das Angebot ist bei Weitem nicht mehr ausreichend, sodass Interessenten inzwischen auch in den umliegenden Regionen nach Kaufmöglichkeiten suchen. Selbst die in den vergangenen Jahren hinzugekommenen Neubauprojekte können die Nachfrage nicht decken. Der Anstieg bei Kaufpreisen von Objekten mit Freizeitwidmungen im Bezirk Kitzbühel ist geradezu explosionsartig. Die Ferienregion ist bei in- und ausländischen Käufern beliebt. Dasselbe gilt für Salzburg, erklärt Mark Hüsges, Geschäftsführer von Engel & Völkers Salzburg. „Sowohl als Wohnstandort als auch für internationale Investoren und Touristen ist Salzburg weiterhin eines der beliebtesten Bundesländer Österreichs.“ Eine kontinuierliche, stabile Wertsteigerung der Objekte, insbesondere bei Einfamilienhäusern, ist die Folge. Neben der Landeshauptstadt gibt es auch im Bezirk Zell am See ein ausgeprägtes Premiumsegment. Ebenso stark gefragt sind Wohnimmobilien in Randgemeinden, Seengebieten und im Salzkammergut.
Immobilienpreise werden steigen
Kärnten und Steiermark werden laut dem RE/MAX Real Estate Futur Index im Jahr 2022 zu den Gewinnern zählen. Während Villach und Klagenfurt noch eher moderate Preise bieten, heben sich Immobilien in der Seenregion preislich deutlich vom restlichen Bundesland ab. Zwischen Wörthersee und Ossiacher See gibt es ein komplett anderes Preisniveau.
Auch in der Steiermark steigt die Nachfrage nach Wohnraum kontinuierlich. Vor allem in Graz und im Umland der Landeshauptstadt sind Eigentumswohnungen sehr gefragt, wodurch das vergleichsweise moderate Preisniveau zunehmend an Dynamik gewinnt. Ebenfalls eine hohe Nachfrage verzeichnen Ferienimmobilien in der Region Schladming-Dachstein sowie Objekte in den Weinbergen der Südsteiermark.
Österreich hat für jeden Geschmack und Bedarf entsprechende Objekte zu bieten, wenn auch mit sehr unterschiedlichen Preisen. Die Experten sind sich allerdings einig: Die Tatsache, dass viel Geld am Markt verfügbar ist, die steigende Inflation und die enorme Nachfrage bei begrenztem Angebot werden die Immobilienpreise auch 2022 steigen lassen.