Heftige WKÖ-Kritik an Bestellerprinzip

Der Fachverband der Immobilientreuhänder (am Foto Obmann Gerald Gollenz) übt heftige Kritik am Bestellerprinzip. Foto: Philipp Lipiarski

Fachverbandsobmann Gerald Gollenz: „Das wirft den Immobilienmarkt um Jahrzehnte zurück.“

Am Sonntag der Schock: Die Bundesregierung hat nach zähen Verhandlungen nun doch das Bestellerprinzip auf Schiene gebracht (immobilien investment berichtete), am Mittwoch soll die Änderung des Maklergesetzes im Ministerrat beschlossen werden. Damit gilt ab 1. Juli, dass nur mehr derjenige die Maklerprovision bezahlt hat, der den Makler auch beauftragt hat. Das löst Kritik vonseiten der Immobilienwirtschaft aus. Nachdem am Sonntag bereits der ÖVI beklagt hatte, in den Vorstoß der Regierung nicht eingebunden worden zu sein und von einem „politischen Foul der Sonderklasse“ spricht, zeigt sich auch der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKÖ entsetzt und warnt vor weitreichenden Konsequenzen für Vermieter, Mieter und den Immobilienmarkt allgemein.

Für Fachverbandsobmann Gerald Gollenz werde das Bestellerprinzip den Immobilienmarkt „um Jahrzehnte zurückwerfen“: „Da haben die Regierungsparteien den zukünftigen Mieterinnen und Mietern gar kein schönes Weihnachtsgeschenk gemacht“, so Gollenz, der damit argumentiert, dass dadurch der Markt unübersichtlicher, die Angebote geringer und das Wohnen dadurch nicht billiger wird, denn: „Die entscheidenden und wichtigsten Faktoren sind wohl die laufenden Wohnungskosten.“

In das selbe Horn stößt auch Fachverbandsobmann-Stellvertreter Michael Pisecky: „Das Bestellerprinzip wird den Markt verändern, aber leider nicht zum Positiven. Es ist eigentlich unverantwortlich, dass man von politischer Seite sehenden Auges in dieses Problem läuft, da wir aus Deutschland wissen, wie sich der Markt dadurch zum Schlechteren entwickelt hat.“ Ähnlich wie in Deutschland befürchtet der Fachverband einen Wildwuchs am Markt, wo sich durch das Bestellerprinzip das Angebot verknappt hat, das Angebot intransparenter wird und sich Makler wieder mit Massenbesichtigungen konfrontiert sehen.  

Zusätzliches Problem in Österreich sei zudem, dass die Vermarktungskosten im Gegensatz zu Deutschland zum Großteil nicht eingepreist werden können. Pisecky rechnet mit rund zwei Drittel der privaten und gewerblichen Mietwohnungen, da die gesetzlich preisgeregelt sind: „Von einem Gewinn für die Mieterinnen und Mieter kann daher also keine Rede sein und die 55 Millionen Euro Entlastung, die sich laut Regierung durch die Umstellung ergeben, sind eine fiktive Wunschsumme.“ Und: „Daher wird gerade in diesem Bereich der „günstigen“ Mietwohnungen ein Ablöseunwesen „seine Urständ“ feiern.“

„Am Ende des Tages werden Mieter und Vermieter gleichermaßen verlieren,“ sagt Fachverbandsobmann-Stellvertreter Johannes Wild, dass man in Österreich aus den Fehlern und Verwerfungen, die am deutschen Wohnungsmarkt seit sieben Jahren sichtbar sind, anscheinend nichts gelernt hat: „Deswegen sind wir bestürzt, dass die Regierung trotz aller Warnungen von uns und den Erfahrungen aus Deutschland, an diesem Bestellerprinzip festhält.“

Auch die Wiener Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder spart nicht mit deftiger Kritik. Fachgruppenobmann Michael Pisecky: „Das, was da als Erfolg verkauft wird, ist in Wahrheit eine Mogelpackung, die als vermeintliche Maßnahme für mehr leistbares Wohnen politisch beworben und verkauft wird. Die angebliche und versprochene Entlastung für Mieter:innen bringt genau den gegenteiligen Effekt, wie das Beispiel Deutschland leider dramatisch vor Augen führt. Unterm Strich werden Wohnungssuchende nach Verdrängung der Immobilienmakler aus dem Markt anderen Beteiligten wesentlich mehr bezahlen müssen – nur unter anderen Titeln. So gesehen ist auch die Freude einiger Politikerinnen und Politiker aus Kreisen der Regierungsparteien, die das Bestellerprinzip nun bejubeln, unverständlich – das ist ein Pyrrhussieg der Politik auf Kosten der Mietern!“

Pisecky zufolge würden Mieter den rechtlichen Schutz verlieren, weil sie nicht mehr von professionellen Maklern betreut werden, sondern direkt mit dem Vermieter oder dem Vormieter verhandeln müssten. Die Mieter verlören Beratung, wofür bisher die Makler haften. Die Mieter werden, so Pisecky, auch vielmehr Kosten haben, um die Beratung durch Rechtsanwälte zu bezahlen. Am Beispiel Deutschland führt Pisecky überdies an, dass sich die Mieter zwar nun die Provision sparen, aber dafür immer schwerer eine Wohnung finden: „Über Nacht sind mit Einführung des Bestellerprinzips sofort 40 Prozent des Wohnungsangebotes von den öffentlich zugängigen Internetportalen verschwunden!“

Unterdessen kündigte auch die Arbeiterkammer an, den Gesetzesentwurf zur Reform der Maklergebühren „genau prüfen“ zu wollen. Zwar begrüße die AK die Einigung auf die Reform, warnt aber gleichzeitig vor Umgehungsmöglichkeiten. Am Montag lag der AK der Entwurf noch nicht vor. SPÖ-Wohnbausprecherin Ruth Becher hingegen sieht in der Reform eine „Mogelpackung“, sie glaubt nicht, dass die am Sonntag angekündigten Ersparnisse für den Verbraucher von 55 Millionen Euro auch eintreten werden.

Die mobile Version verlassen