Wien profitiert vom „digitalen Goldrausch“ – doch Stromkapazitäten und Genehmigungen bremsen das Wachstum.
Rechenzentren entwickeln sich in Österreich zunehmend zu einer strategischen Zukunfts-Assetklasse. Laut einer neuen Marktanalyse von Otto Immobilien sorgt der rasante technologiebasierte Nachfrageanstieg – ausgelöst durch Künstliche Intelligenz (KI), Automatisierung und Big Data – für eine potenzielle neue Investitionswelle. Gleichzeitig wächst jedoch auch der Druck auf die Energieinfrastruktur und die Genehmigungsverfahren.
Die Bundeshauptstadt spiele in der europäischen Rechenzentrumslandschaft eine besondere Rolle: Als elftgrößter Internetknotenpunkt der Welt und Hub für Zentral- und Osteuropa bietet Wien ideale technische Ausgangsbedingungen. Dennoch seien die Rahmenbedingungen herausfordernd. Die jüngste Analyse zeigt, dass Stromverfügbarkeit und lange Genehmigungsverfahren zu den zentralen Engpässen zählen. Damit wiederholt sich eine Entwicklung, die auch in etablierten Rechenzentrumsregionen wie Frankfurt zu beobachten ist.
„Die Stromfrage ist das Nadelöhr. Ohne gesicherte Leistungsverfügbarkeit von 20 Megawatt aufwärts ist kein Projekt realisierbar“, sagte Alexandra Fischer, Teamleiterin Industrie & Logistik bei Otto Immobilien. Der wahre Wert eines Rechenzentrums liege deshalb „nicht im Gebäude, sondern im Zugang zu Strom und Konnektivität, denn beides sind knappe Güter“.
„Rechenzentren sind die neue Infrastruktur des 21. Jahrhunderts. Die Entwicklung könnte vergleichbar sein mit dem Logistikboom vor einem Jahrzehnt“, sagte Geschäftsführer Eugen Otto. Zugleich warnte er: „Wer in diesem Bereich investieren will, muss die Spielregeln der Energieversorgung und Genehmigungsthematik verstehen.“ „Rechenzentren sind durch KI und Big Data zum ‚neuen Gold‘ geworden“, so Fischer. Wien verfüge als global bedeutender Internet-Hub über enormes Potenzial, dennoch werde die Zukunftsfähigkeit des Standorts zunehmend durch die Energiefrage determiniert.
Auch unterscheiden sich Rechenzentren deutlich von klassischen Immobilien: Während Gebäudehüllen nur rund 15 bis 20 Prozent der Investitionssumme ausmachen, entfallen bis zu 45 Prozent auf technische Infrastruktur wie Stromversorgung und Kühlung. Das führe zu einem „fundamentalen Wandel im Denken über Immobilienwerte“, heißt es in der Analyse. „Das Potenzial ist enorm, aber nur für Investoren mit technologischem Verständnis und langfristigem Kapitalhorizont“, sagte Otto. Zwar herrsche derzeit eine gewisse „Goldgräberstimmung“, doch setze der Markt „automatisch klare Grenzen durch Stromsicherung und Genehmigungen“.

Aktuell identifiziert der Otto-Marktbericht in Österreich 60 Data Center, von denen 28 in Wien verortet seien, vier weitere seien in der Pipeline. Wesentlich ist für diese Assetklasse hinsichtlich Energieanschluss auch die Kostenfrage, die von Projektentwicklern miteinkalkuliert werden müsse. Diese lägen pro Datencenter mindestens im zweistelligen Millionenbereich, bei komplexen Projekten, die eine Netzverlegung über größere Distanzen überschreiten, könne der Wert die Schwelle von 100 Millionen Euro überschreiten. Ebenso ist eine Glasfaserverbindung erforderlich.
Da österreichische Anleger bei großvolumigen Infrastrukturprojekten noch zurückhaltend seien, prägten internationale Investor:innen den Markt. Dies berge Chancen, aber auch geopolitische Risiken. „Die Kontrolle über digitale Infrastruktur wird zu einer strategischen Frage. Wenn Wien als CEE-Datenhub bestehen will, braucht es politische Weichenstellungen für Stromverfügbarkeit und Standortentwicklung“, resümierte Otto. Energiezugang werde künftig zur „Währung der digitalen Wirtschaft“.






