Der Halbjahresbericht von Colliers zeigt nach wie vor verhaltene Aktivität: Inklusive Wohninvestments sind in Deutschland rund 15 Milliarden Euro in den Immobilienmarkt geflossen. Vom Erreichen des Zehnjahresmittels ist man damit weit entfernt.
Der deutsche Investmentmarkt zeigt im Angesicht der aktuellen Marktbedingungen nach wie vor eine schwache Dynamik. Da hatten sich auch nicht entsprechende Auswirkungen durch den (bereits eingepreisten) gesenkten Leitzins um 25 Basispunkte niedergeschlagen. Laut Halbjahresbericht von Colliers sind im ersten Halbjahr inklusive Wohnsegment gerade einmal 15,5 Milliarden Euro in deutsche Investmentimmobilien geflossen, wobei rund vier Milliarden Euro dem institutionellen Wohnsektor zuzurechnen waren. Vom Zehnjahresmittel 2013 – 2022 von rund 73,5 Milliarden Euro bleibt man mit der Halbjahresperformance jedenfalls weit entfernt.
Das liegt mitunter auch an fehlenden Großabschlüssen, sieht man einmal von der Übernahme des Berliner Luxuswarenhauses KaDeWe durch die thailändische Central Group für rund eine Milliarde Euro ab. Damit hatte das Einzelhandelssegment zur Jahresmitte einen Marktanteil von 23 Prozent erreicht, hinter Industrie- und Logistikimmobilien (28 Prozent) und vor Büroimmobilien (19 Prozent). Großabschlüsse bleiben die Ausnahme,“ sagt Michael R. Baumann, Head of Capital Markets Germany bei Colliers. „Büro-Landmarkdeals wie zu Zeiten der Zyklushochphase fehlen komplett. Auch die derzeit aktiven Käufergruppen stehen eher für opportunitätsgetriebenes Geschäft, das sich als Folge der massiven Änderungen des Zins- und Finanzierungsumfeldes seit Juli 2022, aber auch aufgrund von strukturellen Nachfrageumbrüchen vor allem im Bürobereich herausgebildet hat.“
Ebenfalls auffällig ist, dass der Anteil an Insolvenzverkäufen am gesamten Transaktionsvolumen erheblich angestiegen ist, innerhalb von drei Monaten von 12 auf 21 Prozent. Mit steigender Tendenz: „Weitere großvolumige Projekte werden diesen Anteil voraussichtlich im Jahresverlauf weiter wachsen lassen“, sagt Andreas Trumpp, Head of Market Intelligence & Foresight bei Colliers. Vor allem Privatinvestoren und Family Offices dominieren seit Jahresbeginn den Markt, vor allem bei Core-Investments im dreistelligen Millionenbereich. Diese Käufergruppe hat sich mit gut 16 Prozent Marktanteil auf Platz 2 hinter Asset- und Fondsmanagern (28 Prozent) geschoben und damit Offene Immobilien- und Spezialfonds (12 Prozent) überholt. Ein Beispiel aus dem zweiten Quartal ist der Erwerb des Entwicklungsgrundstücks Opernplatz 2 in Frankfurt für rund 100 Millionen Euro aus einer Signa-Insolvenz.
Andreas Trumpp zieht Bilanz: „Der Markt befindet sich gerade in einem Übergang zurück zu einer ‚neuen Normalität‘. Der Abschluss von gleich mehreren Großdeals über 100 Millionen Euro pro Quartal war eine typische Erscheinung des Niedrigzinsumfeldes. Seit Anfang 2023 ist dieser Anteil auf rund 1 Prozent gesunken.“ Dafür sind die Spitzenrenditen – vor allem in den Big Seven – weitestgehend stabil geblieben, „Gegenüber dem Vorquartal wurden kaum Anpassungen bei den Spitzenrenditen registriert. Die Renditen liegen weiter eng beieinander, insbesondere im Bürosegment mit Werten zwischen 4,50 und 5,00 Prozent,“ so Trumpp.
Und auch wenn sich die Leitzinssenkung noch nicht wirklich im Investmentmarkt niedergeschlagen hat, so habe sie eine wichtige Signalwirkung für das künftige Marktgeschehen. Michael R. Baumann: „Eine bessere Planbarkeit des Zinspfades hilft, die Unsicherheit im Finanzierungsumfeld zu reduzieren. Vorbereitende Verkaufsaktivitäten nehmen spürbar zu, auch wenn verlängerte Kaufprozesse und weiterhin hohe Finanzierungskosten für dieses Jahr nur eine allmähliche Steigerung des Transaktionsvolumens erwarten lassen.“