ESG und EU-Taxonomie als größte Brocken

TU Wien Hauptgebäude - Karlsplatz 15

Der 15. IFM-Kongress über den radikalen Wandel in der Immo-Branche.

Es sind nicht nur Inflation und die Energiekrise, ausgelöst durch den Ukraine-Krieg, die die Immobilienwirtschaft umkrempeln werden. Viel größeren Impact dürften die EU-Taxonomie und ESG-Richtlinien auf Entwickler und Bestandshalter ausüben. Während der Neubau bereits taxonomiekonform umgesetzt werden kann, liegt der größere Brocken immer noch in den Bestandsgebäuden. Hier muss also etwas getan werden, denn nicht nur Investoren achten mittlerweile stark auf diese Kriterien, sondern eben auch die Nutzer. Damit waren ESG und EU-Taxonomie auch die Leitthemen beim 15. IFM-Kongress bei der TU Wien, an dem über 170 Teilnehmer gezählt worden waren.

Berichtspflicht
Zwar sind diese Themen mittlerweile auch in den Vereinigten Staaten angekommen, in Europa haben sie allerdings aufgrund des gesetzlichen Charakters einen anderen Stellenwert, so Ulrike Gehmacher, Head of Group ESG bei der Immofinanz. Das betreffe auch die Unternehmensbilanzierung, denn Investitionen und Maßnahmen für grüne Produkte und Services müssen auch in den Jahresberichten ausgewiesen werden. Für die Immofinanz habe das aber auch praktische Gründe, einerseits, um Nutzern nachhaltige Immobilien anbieten zu können und damit langfristige Mieterbindungen einzugehen, andererseits, um entweder Investoren attraktive Angebote zu machen oder um eine günstige Fremdfinanzierung zu erhalten. Gehmacher zufolge seien die Unterschiede bei Finanzierungen schon jetzt üblich, die Range liege am Markt bei nunmehr 40 Basispunkten. Ihr Resultat: Nicht nachhaltige Immobilien werden schwerer zu finanzieren und noch schwerer zu verkaufen sein. Und außerdem, fügt Mike Holland von Blackstone hinzu, seien auch viele Mieter ESG-berichtspflichtig, weswegen er seinen Schwerpunkt als REIT-Manager auch darin legt, die Mieter in dieser Hinsicht zu unterstützen.

Haftungsfalle Greenwashing
Schließlich kann ESG und EU-Taxonomie auch eine Haftungsfrage sein, sagt Andrej Grieb, Obmann-Stv. der Fachgruppe Wohn- und Mietrecht der Vereinigung Österreichischer Richterinnen und Richter, der auch viel Gesprächsbedarf zwischen Eigentümern und Mietern ortet. Denn es gehe, so Grieb darum: „Wer verspricht wem was – und was steckt in Verpflichtungen innerhalb eines Vertrags.“ Denn: Wenn man sagt, dass eine Immobilie nachhaltig sei, sind damit auch Gewährleistungen verbunden. Ohnedies werde „Greenwashing“ in diesem Zusammenhang immer strikter bestraft – und warnt vor Schadensersatzansprüchen und dem damit verbundenen schlechten Image.

Schwieriges Jahr 2022
Ohnehin ist das Jahr auch ohne ESG und EU-Taxonomie eine Herausforderung. Bei einer Podiumsdiskussion von Alexander Redlein mit Wolfgang Gleissner, COO der BIG und Géza-Richard Horn, CFM-Geschäftsführer der RealFM und Lehrender an der Universität Stuttgart war man sich einig, dass man erstens durch Covid-19 gelernt habe, dass man die Zukunft nicht antizipieren könne, der Ukraine-Krieg auch gezeigt habe, dass man mit dem neuen (Un-)Sicherheitsgefühl umzugehen habe – und das Thema Klima massiv an Bedeutung gewinnt. Für die Immobilienbranche bedeute das aber auch, dass die Verfügbarkeit von Energie nicht mehr gesichert ist, weswegen Notfallpläne bereits jetzt schon zum Alltag gehören. Damit rückt nicht nur die erneuerbare Energieproduktion in den Fokus, sondern eben auch eine optimierte Nutzung von Bestandsgebäuden.

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