EHL und Buwog: Wohnbau in der Krise

Der Wiener Wohnungsmarkt steuert auf eine Krise zu. Daniel Riedl (Vorstand Vonovia), Andreas Holler (Geschäftsführer Buwog), Karina Schunker (Geschäftsführerin EHL Wohnen) und Michael Ehlmaier (geschäftsführender Gesellschafter EHL Immobilien), v.l.n.r. Foto: cjs

1. Wohnungsmarktbericht: Zahlreiche Baustopps von Großprojekten, auch Ausbau im Bestand stockt. Buwog zum Baustopp von Neuprojekten: Mietwohnungsbau rechnet sich nicht, im Eigentumsbereich werde zu wenig verkauft. Maßnahmen von der Politik gefordert.

Am Wiener Wohnungsmarkt droht eine veritable Verknappung des Angebots – bei gleichzeitigem Zuzug. Wie aus dem 1. Wiener Wohnungsmarktbericht von EHL und Buwog Mittwochvormittag vor Journalisten hervorgeht, sinken die Fertigstellungszahlen bereits heuer dramatisch, vor allem im Mietwohnungsbereich werden heuer in der Bundeshauptstadt gerade einmal 2.500 Einheiten realisiert. Dabei ist der Zuzug ungebrochen – im Herbst des Vorjahres hat Wien die Zweimillionen-Einwohnermarke geknackt. Aktuell beziffert man die Anzahl an Haushalten in Wien auf über 969.000 Haushalte, 2030 rechnet man mit einer Million.

Und auch der Ausblick ist düster, betrachtet man die Fertigstellungszahlen: Diese seien für Wohnprojekte im Jahr 2023 um mehr als 46 Prozent gesunken. Diese Entwicklung führe in Folge zu weniger Baustarts, was sich in den kommenden Jahren noch stärker auf die Fertigstellungszahlen auswirken wird. Die Wohnungsbauaktivitäten dürften aufgrund der erhöhten Zinsen, der Konjunkturflaute sowie den gegenwärtig nach wie vor hohen Baukosten voraussichtlich sogar unter den niedrigen Genehmigungszahlen liegen, was zu einer erheblichen Angebotslücke führen wird – und zu empfindlich steigenden Mieten. Karina Schunker, Geschäftsführerin von EHL Wohnen: „Ab 2025 ist mit einem drastischen Anstieg des Mietniveaus in Wien zu rechnen. Bereits im Laufe des vergangenen Jahres konnten wir trotz der starken Bauaktivität von 2020 bis 2022 am Mietmarkt eine Verknappung wahrnehmen. Daher sind die Quadratmetermieten in der Neuvermietung im Vorjahr zumindest in Höhe der Inflationsrate gestiegen, teilweise sogar noch stärker.“

Im Gegensatz dazu werde auf dem Markt für Eigentumswohnungen ein moderater Preisanstieg zwischen 0,8 und 2,3 Prozent erwartet, der jedoch unter der Inflationsrate liegen wird. Michael Ehlmaier, Geschäftsführer der EHL-Gruppe, erklärt: „Für Wohnungssuchende sind daher nicht in erster Linie gestiegene Wohnungspreise, sondern primär die gestiegenen Finanzierungskosten eine Herausforderung und gemeinsam mit der KIM-Verordnung ist es für einige Wohnungssuchende beinahe unmöglich, Eigentum zu schaffen.“ Der rasche Anstieg der Zinsen habe seinerseits zu einem Nachfrageeinbruch geführt, wohingegen er davon ausgeht, dass wenn die Zinsen wieder sinken, auch die Nachfrage wieder steigen wird. Das werde sich dann ab kommendem Jahr auch wieder im Preisgefüge widerspiegeln.

Auf der anderen Seite ist der Wohnbau für Investoren aktuell wenig attraktiv, zahlreiche Großprojekte seien verschoben oder gar ganz gestoppt worden. Das gelte auch für die Buwog: Schon 2022 hatte die Buwog, wie auch ihr Mutterkonzern, sämtliche Baustarts gestoppt. Auf immobilien investment-Anfrage sagt Buwog-Vorstand Daniel Riedl, dass die Wiederaufnahme des Neubaus von mehren Faktoren abhänge: „Im Eigentumsbereich können wir nicht bauen, weil aufgrund der Zinssituation zu wenig Eigentumswohnungen verkauft würden. Der Mietsektor rechnet sich derzeit nicht, da die Produktionskosten im Verhältnis zu den Mieten zu hoch seien.“ Den Neubau könne man erst wieder starten, wenn entweder die Zinsen sinken oder es vonseiten der Politik Subventionen in Form von zinsgestützten Darlehen gebe: „Es geht nicht darum, Investoren zu unterstützen, sondern Mietwohnraum zu schaffen, der auch leistbar ist.“

Andreas Holler, Geschäftsführer der Buwog, sagt, dass Entwickler derzeit keine attraktiven wirtschaftlichen Perspektiven sehen, um jetzt Wohnungen zu bauen, die in Zukunft benötigt werden, auch Nachverdichtung im Bestand sei und fordert Maßnahmen durch die Politik: „Einerseits müsse das MRG deutlich entschärft werden, es brauche auch staatliche Incentives für Nachhaltigkeit in der Immobilienentwicklung. Ebenso brauche man eine deutliche Beschleunigung behördlicher Prozesse sowie eine Erleichterung bei der Grunderwerbssteuer.“

Bisher gebe es jedoch wenig Willen zur Unterstützung der Branche, so Schunker: „Derzeit werden kaum Schritte gesetzt, damit weiterhin dringend benötigtes Kapital für die Errichtung zusätzlicher Wohnimmobilien fließt, um die Nachfrage zu decken. Eher ist das Gegenteil der Fall – Stichworte Mietpreisbremse, ESG-Anforderungen, Bestellerprinzip. Dabei wären die notwendigen Maßnahmen durchaus bekannt: Förderungen und begünstigte Finanzierungsmöglichkeiten für thermische Sanierungen und Nachhaltigkeitsinvestitionen in Bestandsobjekten, begünstigte Abschreibungsmöglichkeiten und steuerliche Anreize im Wohnungsneubau bzw. -ankauf, raschere und unkompliziertere Baugenehmigungs- und Widmungsverfahren und Reduktion kostentreibender Bauvorschriften.“

Einen Lichtblick sieht Daniel Riedl hinsichtlich der Vereinbarkeit von Nachhaltigkeit und Leistbarkeit im Bestand. Ein neues Förderungsprogramm des Bundes soll die Finanzierung von Heizungsumrüstungen erleichtern und die Dekarbonisierung von Bestandsobjekten beschleunigen. Riedl erklärt: „Im Rahmen der Initiative ‚Raus aus Öl und Gas‘ ist es unser großes Ziel, unsere Bestände dahingehend zu optimieren – das ist uns in den vergangenen Jahren auch schon sehr gut gelungen.“ Er betrachtet das neue Förderungsprogramm als einen positiven Schritt in die richtige Richtung und kündigte an, es genau zu prüfen, wie man es bestmöglich für ihre Kunden und sich selbst nutzen könne.

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