Die Coronapandemie hat den Trend zu Remote Work eindeutig beschleunigt. Das Büro ist damit zu einer Begegnungszone der Mitarbeitenden geworden. Wie Büroentwickler und Bestandshalter darauf reagiert haben.
Vor Corona war der Büroalltag noch anders. Die Mitarbeiter pilgerten jeden Tag von neun bis fünf ins Büro, zumeist in ein Großraumbüro, und gingen ihrem Tagwerk nach, natürlich begleitet von Bürogeräuschen wie telefonierenden Kollegen, Flurfunkgesprächen oder dem unentwegten Tippen auf Geräten. Für viele Mitarbeitende belastend. Dann kam die Pandemie, verordnetes Homeoffice, dann wieder Rückkehr ins Büro und die Erkenntnis für viele Unternehmen, dass der Arbeitsplatz nicht zwangsläufig mit dem Arbeitsort zu tun haben muss. Dabei hat die Pandemie den Trend zu Homeoffice oder Remote Work gar nicht angestoßen. Schon einige Jahre zuvor hatten manche Firmen, Büroentwickler- und Bestandshalter die Sache mit den neuen Arbeitswelten lanciert. Aber Corona hat den Trend auch in jene Unternehmen gebracht, die zuvor Büropräsenz als einziges Mittel betrachtet hatten.
Das hatte Auswirkungen auf den Büromarkt in Wien. Denn in Pandemiezeiten waren vielerorts Unternehmensumzüge von älteren Gebäuden in andere, auf technisch höchstem Stand erbaute zu sehen. Flexibel sollen die Flächen sein und auch die Unternehmenskultur perfekt nach außen repräsentieren. Doch das hatte nur in geringem Ausmaß mit der Pandemie, viel hingegen mit dem War for Talents zu tun: Junge Fachkräfte fordern die Möglichkeit von Remote Work, und die Unternehmen, die Talente für sich gewinnen wollen, müssen sich dem fügen. Weil sich in der Pandemie diese neuen Arbeitsformen auch flächendeckend etabliert hatten, ist in der Folge der Druck auf Büroimmobilien gestiegen. Sie müssen modern ausgestattet und so flexibel wie möglich nutzbar sein.
Raus aus der Covid-Delle
Dass solche Flächen nach wie vor gefragt sind, zeigt auch der aktuelle Büromarktbericht von OTTO Immobilien. Nach der Schlappe durch Corona im Vorjahr hat sich der Bürovermietungsmarkt heuer nahezu verdoppelt – zwar ausgehend von einem historischen Tiefststand, aber dennoch ein wichtiges Signal für den Markt. Für heuer rechnet Steven Bill Scheffler, Teamleiter Bürovermietung bei OTTO Immobilien, mit einer Vermietungsleistung von immerhin 130.000 Quadratmetern – das entspricht in etwa der heurigen Bürofertigstellungsrate. Zugleich deutet dies zumindest auf eine Knappheit an verfügbaren Flächen hin, da Großgesuche jenseits der 20.000 Quadratmeter kaum noch zu erfüllen sind. Doch es gibt aufgrund der aktuellen weltpolitischen Lage Entwicklungen, die Projekte in der Pipeline treffen könnten. Das aktuell wegen Krieg und Pandemie durchwachsene weltwirtschaftliche Umfeld bremst den Umzugswillen heimischer Unternehmer, die sich als zunehmend kostenbewusst erweisen. Da spießt es sich aber, weil hohe Material- und Herstellungskosten Büroentwickler in der Folge zu höheren Zielmieten zwingen. Die Zurückhaltung beim Anmieten neuer Flächen könnte sich da auch als Bumerang erweisen. Denn gerade jetzt kann man bei Neuanmietungen mit günstigeren Preisen rechnen als für die kommenden Jahre prognostiziert.
Mehr Refurbishment
Auch weil in der Zeit nach 2019 die Neuflächenproduktion eher gering war und die Flächenproduktion von davor weitgehend absorbiert wurde, gibt es jetzt in der Büroentwicklung ein Umdenken. Denn heuer kommen zwar laut EHL-Büromarktbericht wieder 126.000 Quadratmeter auf den Wiener Markt, jedoch sind 82 Prozent davon Refurbishments oder Konversionsprojekte. Eines der größten dieser Art ist „Francis“ von 6B47, das bis 2024 fertiggestellt werden soll und rund 45.000 Quadratmeter Neufläche bieten wird. Auf dem Wienerberg tut sich in den leerstehenden Bürokarrees, die die Twin Towers umschließen, ebenfalls einiges. Unter der Bezeichnung „Urban Garden“ werden diese Flächen umgestaltet und mit Grünoasen versehen, was zusätzliche 15.000 Quadratmeter bringen sollte, wobei auch das vor einigen Jahren lancierte Office-Konzept myhive zum Tragen kommen wird.
Die größten Brocken, die heuer den Wiener Büromarkt beleben werden, sind die Quartiere Lassalle 1 und Lassalle 2, die zusammen fast 80.000 Quadratmeter ausmachen werden. Nur zwei Neubauprojekte finden sich in der heurigen Fertigstellungsrate, nämlich das Twenty One von Bondi Consult in Wien-Floridsdorf mit knapp 15.000 Quadratmetern sowie das VIENNA TWENTYTWO von SIGNA und ARE in Kagran, das rund 8.000 Quadratmeter beisteuern wird.
Dünne Pipeline
Für die kommenden Jahre sieht es, was die Aufträge im Bürosektor betrifft, allerdings eher mau aus. Laut Martin Denner, Leiter Immobilien-Research bei Otto Immobilien, werden im kommenden Jahr gerade einmal knapp 46.000 Quadratmeter fertiggestellt werden, 2024 werden es 100.000 Quadratmeter sein. Erst 2025 würden wieder rund 270.000 Quadratmeter auf den Markt kommen – allerdings seien diese allesamt noch in der Planungsphase. Und da wird sich zeigen, wie sich die aktuelle geopolitische Lage auf die Gesamtwirtschaft und damit auf den Büromarkt auswirken wird.