Aus Optimismus wird Realismus

Die Immobilienwirtschaft bereitet sich auf einen Sturm vor. Foto: pixabay.com

Stimmung in der Immobilienwirtschaft verdüstert sich.

Nach dem jahrelangen Hoch, das die Immobilienwirtschaft in den vergangenen Jahren geprägt hat, stellt sich jetzt Ernüchterung ein. Mehr noch: Man sieht sich im Auge eines Sturms, denn die enorme Inflation, bedingt durch die steigenden Energiekosten, die wiederum durch den Krieg in der Ukraine ausgelöst worden sind, hat die Stimmung in der Branche deutlich verdüstert. Das geht aus der 20. Ausgabe der Studie „Emerging Trends in Real Estate“ von PwC und ULI hervor, die gestern präsentiert worden ist. Tenor der Diskussionsveranstaltung im Zuge der Präsentation: Wir werden uns warm anziehen müssen.

Rezession im Anmarsch
Nahezu alle der über 1.000 befragten Immobilienfachleute (91 Prozent) sehen die Inflation als größte Herausforderung für die Branche an, 89 Prozent die dadurch ausgelösten Zinsbewegungen und 88 Prozent bereitet das schwache Wirtschaftswachstum Bauchschmerzen. Die Faktoren, die die Immobilienwirtschaft betreffen, sehen auch nicht besser aus. Die ausufernden Baukosten sowie die Verfügbarkeit von Ressourcen werden ebenfalls ganz oben auf der Sorgenliste angeführt, und das für eine längere Zeit. Das geht soweit, dass viele Befragte Projekte, die für das kommende Jahr hätten starten sollen, auf 2024 verschoben – oder auch ganz aufgegeben werden. Man rechnet mit einer Rezession – und die wird sehr bald über die europäische Wirtschaft einbrechen; Pessimisten schätzen, sogar noch heuer und Optimisten im Laufe des Frühjahrs.

Sturm trifft auch auf Österreich
In Deutschland hat sich das bereits deutlich durch massiv sinkende Immobilienwerte ausgedrückt. In Österreich ist das zwar noch nicht in dem Maße spürbar, es wird aber spürbar werden, davon geht Peter Fischer, Real Estate Leader bei PwC aus, der österreichische Markt reagiere tendenziell sehr zeitverzögert auf die globalen Immo-Trends. Auch hierzulande ist die Branche mit steigenden Zinssätzen konfrontiert, überdies ist das Vertrauen in die Verfügbarkeit von Eigen- und Fremdkapital auf dem niedrigsten Stand seit der Subprime-Krise. Auch gehen die Befragten davon aus, dass die internationalen Kapitalströme nach Europa eher ab- als zunehmen werden. Das macht einerseits die Aufnahme von Fremdkapital zur Refinanzierung oder Realisierung von Neuprojekten schwierig – und vor allem teurer. Damit sinkt auch die Neubauleistung, was aber von einigen Branchenexperten als positiv für Bestandsobjekte und deren Bestandshalter gewertet wird.

ESG und EU-Taxonomie wirbeln Markt auf
Nachdem aber die Neubauleistung sinken wird, dürften sich die Kapitalströme in Richtung Bestand verlagern. Das war der Konsens in der Diskussionsrunde mit Jenni Wenkel, CIO bei Union Investment, Martina Maly, COO bei UBM Development und Susanne Steinböck, Group Head of Corporate Communications and Sustainability der CA Immo. Investoren warten ab, weil sie im Angesicht der wirtschaftlichen Lage nicht zu teuer einkaufen wollen, Bestandsimmobilien, die nicht den EU-Taxonomie-Standards nicht mehr entsprechen, müssen entweder in Richtung manage to green energetisch aufgewertet werden – oder sie sind nicht mehr handelbar. Auch werde es zu einer Marktbereinigung kommen – jene Akteure, die in der Niedrigzinsphase gar zu sehr auf Leverages gesetzt haben, werden es jetzt schwieriger haben, dafür zeigt sich bei jenen, die ihre Finanzierungsstruktur eher konservativ aufgestellt hatten, wesentlich resilienter durch die Krise kommen dürften. „Seit der Durchführung der Befragungen im Sommer ist die Besorgnis der Branche noch größer geworden. Es gibt jedoch weiterhin viel Kapital, das darauf wartet, investiert zu werden. In Zeiten der Unsicherheit sind neben der richtigen Bestandsauswahl ein starker Fokus auf ESG-Kriterien, operative Fähigkeiten und Kundenorientierung ausschlaggebend“, so Jasmin Soravia, Chair von ULI Austria.

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