Infina-Analyse: Vormalige Geldpolitik der westlichen Zentralbanken führte zu markanten Anstieg der Immobilienpreise und der Inflation. Kreditvermittler sieht mittlerweile Anzeichen einer Erholung, die Unsicherheit bleibt jedoch.
Die Rechnung westlicher Zentralbanken, darunter auch die Europäische Zentralbank, ist im Angesicht der aktuellen Lage wohl nicht aufgegangen. Seit der Jahrtausendwende hätten die Notenbanken intensiv Geld in den Markt gepumpt, um auf wirtschaftliche Herausforderungen zu reagieren – mit dem Ergebnis, dass die Immobilienpreise markant angestiegen sind – und mit ihnen auch die Inflation. Denn mit dem Krieg in der Ukraine kam für Europa auch eine unsichere Lage hinsichtlich der Versorgung mit fossilen Brennstoffen in Russland, was die Inflation zusätzlich angeheizt hatte, weswegen die EZB den Geldhahn drosselte und den Leitzins eilig anhob, der nun bei 4,25 Prozent liegt – Gift für die Immobilienwirtschaft, die sich nun in einer Krise befindet. Der Kreditvermittler Infina sieht in einer aktuellen Marktanalyse nun zwar erste Anzeichen einer möglichen Beruhigung am österreichischen Immobilienmarkt, räumt aber ein, dass die Unsicherheit nach wie vor bestehen bleibt.
Christoph Kirchmair, CEO von Infina, konstatiert eine steigende Nervosität in der Baubranche und unter Immobilienmaklern. „Im Bankensektor wird zwar mit einer Zunahme der NPL-Rate gerechnet, aber aufgrund der derzeitigen Ertragssituation herrscht noch eine relative Gelassenheit.“ Allerdings: Die expansive Geldpolitik der EZB, die seit dem Jahr 2000 Krisen bekämpft hat, ohne die Geldmenge anschließend zu reduzieren, erweist sich heute als Bumerang. Ursprünglich günstige Zinskredite sind bei variabler Verzinsung nun extrem teuer geworden. In Österreich sind 75 Prozent der Gewerbekredite und 43 Prozent der Wohnbaukredite variabel verzinst. Laut dem Financial Stability Report der OeNB vom Juni 2024 liegt der Anteil variabel verzinster Wohnbaukredite in Österreich mehr als doppelt so hoch wie der Durchschnitt im Euroraum.
Vor allem der Gewerbeimmobilienmarkt stehe vor weiteren Herausforderungen, denn bis Ende des kommenden Jahres gilt es, Kredite in der Höhe von 46 Milliarden Euro zu prolongieren. Sollte die Kombination aus schwacher Wirtschaft und hohen Zinsen aber bestehen bleiben, drohen Insolvenzen. Seit dem zweiten Quartal 2024 stuft Coface die österreichische Bauwirtschaft als sehr hohes Risiko ein und bezeichnet sie als das Sorgenkind des Landes, wird in der Infina-Analyse weiter ausgeführt. Auch der Markt für Zinshäuser in Österreich erlebte eine Abschwächung. Im Jahr 2023 fiel das Transaktionsvolumen um 57 Prozent auf nur 260 Verkäufe, zitiert Infina einen entsprechenden EHL Marktbericht vom Juni 2024- Dieser weist darauf hin, dass die Preise momentan 20 bis 25 Prozent unter den Spitzenwerten von 2022 liegen, mit einer weiteren erwarteten Preisreduktion von etwa 10 Prozent für das Gesamtjahr 2024.
Zwar wird dem Wiener Büroimmobilienmarkt eine bemerkenswerte Stabilität mit einer sinkenden Leerstandsrate (im ersten Halbjahr lag diese laut Vienna Research Forum bei gerade einmal 3,5 Prozent), die konjunkturelle Lage in Österreich könnte sich allerdings negativ auf den Gewerbeimmobilienmarkt auswirken. Trotz bisher stabiler Leerstandsquoten bei Büroimmobilien in Österreich könnte die zunehmende Zahl an Unternehmensinsolvenzen die Widerstandsfähigkeit des Marktes mittelfristig stark herausfordern. Zum anderen könnten die gleichen operativen Schwierigkeiten, die zu den Insolvenzen führen, auch Liquiditätsengpässe im Büromarkt verschärfen und dadurch die Zahl der Unternehmensinsolvenzen weiter erhöhen. Im ersten Halbjahr 2024 stieg die Anzahl der Unternehmensinsolvenzen erneut deutlich auf 3.298 Fälle, was den Büromarkt vor erhebliche Herausforderungen stellt, resümiert Infina.