Mit Sachargumenten gegen politische Positionen anzukämpfen ist oft schwer. Das zeigte sich einmal mehr in der gestrigen Live-Debatte zwischen Martin Prunbauer, Präsident des ÖHGB und Thomas Ritt von der Arbeiterkammer Wien über das MRG. Ein Kommentar.
Wenn sich einmal eine politische Meinung festgesetzt hat, ist es schwer dagegen anzukämpfen. Da werden auch Sachargumente mit populistischen und oft nicht nachvollziehbaren Totschlagargumenten weggewischt. Diesen Eindruck erweckte die gestrige Live-Debatte zwischen ÖHGB-Präsidenten Martin Prunbauer und Thomas Ritt, Leiter der Abteilung Kommunalpolitik und Wohnen in der Arbeiterkammer Wien um die bevorstehende Indexanpassung im Vollanwendungsbereich des MRG um 8,6 Prozent. Da wird auch mit Phrasen und Stehsätzen inklusiver billiger Framings gearbeitet, die mit der Realität freilich wenig zu tun haben. Hauptsache, man hat einen Schuldigen, der für die Inflation haften soll.
Das sind aus Sicht der AK einmal mehr die Eigentümer von Zinshäusern. Während Prunbauer die Indexanpassung mit Verweis auf den Verbraucherpreisindex und notwendigen Investitionen in Instandhaltung sowie Wärmedämmung verteidigt, wurde auf AK-Seite erneut das Bild des bösen und geldgierigen Vermieters gezeichnet und das auch mit teilweise hanebüchenen Argumenten, garniert mit verbalen Übergriffen in Hinsicht, man wolle eh nur abkassieren und sitze ohnehin auf einen Berg von Übergewinnen. Woher diese vermeintlichen Übergewinne für den klassischen mittelständischen Zinshausbesitzer kommen soll, diese Erklärung blieb Ritt freilich schuldig. Denn Instandhaltung und Reparatur sind um fast 26 Prozent gestiegen , Elektrizität und ähnliches um 50 Prozent, während die Mieten um drei Prozent gestiegen sind, womit man laut Prunbauer „nicht viele Schrauben ansetzen kann.
Das Feindbild Vermieter nährt Ritt anhand einer WIFO-Statistik mit einer angeblichen 1023-prozentigen Steigerung der Einnahmen der Vermieter seit der Wirtschaftskrise bei einem BIP-Wachstum von 51 Prozent und spricht von enormen Sondergewinnen. Und nennt die Zahl fünf Milliarden Euro, ohne zu erklären, wie sie sich errechnet. Dass diese aber nicht nur den Altbau anführt, sondern die Mieten im gesamten Wohnbereich, das sagt er natürlich nicht. Ebenso wenig, dass der Richtwert in den vergangenen Jahren keineswegs so stark gestiegen sind, wohl aber die Gebühren. Wie sollte das auch funktionieren bei einem Richtwert von aktuell 6,15 Euro in Wien oder im wesentlich niedrigeren Kategoriemietzins? Laut Martin Prunbauer lässt sich das Haus mit dem gegenständlichen Richtwert nicht einmal erhalten, von Sanieren ganz zu schweigen. Auch dass man „überdurchschnittlich hohe Mieten“ durch die Inflation generieren würde, weist Prunbauer zurück und zitiert Unterlagen der Statistik Austria, wonach die Inflation auf die Miete kalt wenig Einfluss haben würde.
Auf Nachfrage von ZIB-Moderator Armin Wolf, ob man sich nicht vorstellen könnte, dass Vermieter zumindest die Inflation abgegolten werden sollten (immerhin sind die Kosten für Instandhaltung und Sanierung ebenso mit der Inflation gestiegen), weicht Ritt aus und führt die Befristung von Mietverträgen ins Treffen, die angeblich eine Überzahlung von 1.600 Euro pro befristeter Wohnung brächte.
Doch für private Vermieter im Altbaubereich ist der Spielraum nahezu ausgereizt. Für Martin Prunbauer herrsche in Österreich das strengste Mietrecht auf der Welt, nämlich den Richtwert an sich und die Kategoriemieten zwischen einem und vier Euro. Da die Privaten voranzutreiben halte Prunbauer für übertrieben. Auch gebe es keine Übergewinne, schon gar nicht im Altbau. Eine Subjektförderung im Sinne von Förderung jener Menschen, die sich Wohnungen nur schwer leisten können, stößt bei der AK gleichfalls auf taube Ohren. Auch dass 60 Prozent der Mietverhältnisse in Wien auf Gemeindewohnungen entfallen, wobei auch Menschen darin wohnen, die eigentlich nicht förderwürdig seien – Politiker, Funktionäre oder so manche Wirtschaftstreibende – wurde geflissentlich ignoriert. Eines dürfte nach der Debatte klar sein. Den Altbaubestand in Wien auf nicht fossile Energieträger umzustellen, wird jedenfalls ein steiniger Weg, sofern man nicht parifiziert und abverkauft. Ob sich damit die von der Stadt ausgegebenen Klimaziele bewerkstelligen lassen, darf bezweifelt werden.