Der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder schlägt Alarm: die Situation im Wohnbau ist dramatisch, es droht der Kollaps.
Die Lage für den österreichischen Wohnimmobilienmarkt droht zu einem Desaster zu werden. Im Rahmen einer eilig einberufenen Pressekonferenz Mittwochmorgen richtete der Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der WKO eine eindringliche Warnung an die Politik. „Der Neubau ist tot. Es wird nichts verkauft, es wird nichts gebaut. Die KIM-Verordnung hat in Kombination mit den gestiegenen Zinsen den Markt komplett abgewürgt, so Fachverbandsobmann Gerald Gollenz vor Journalisten. „Das von der Politik vor Monaten angekündigte Konjunkturpaket ist immer noch nicht umgesetzt. In kommenden Jahr wird der Neubau um 80 Prozent einbrechen. Das trifft dann die gesamte Branche bis hin zu Zulieferern und Gewerken. „Offenbar hat die Politik den Ernst der Lage noch immer nicht erkannt“ , so Gollenz. Es brauche Maßnahmen, und zwar sofort.
„Viele Unternehmen stellen den Bau ein oder verschieben Projekte auf einen späteren Zeitpunkt, weil die Rahmenbedingungen derzeit denkbar schlecht sind. Das stellt den Immobilienmarkt auf den Kopf. Die gravierenden Folgen für die österreichische Wirtschaft, insbesondere für die Immobilien- und Bauwirtschaft, sind leider noch nicht bei allen angekommen”, skizziert Gollenz die aktuelle Situation.
Michael Pisecky, Obmann der Fachgruppe der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wirtschaftskammer Wien (WKW) und stellvertretender WKÖ-Fachverbandsobmann, warnt vor massiven Preissteigerungen im Neubaubereich: „Vielen ist nicht bewusst, dass damit die Preise auch ordentlich anziehen werden. Schon jetzt steht der Immobilienmarkt in vielen Segmenten still, beispielsweise bei unsanierten Wohnungen und Einfamilienhäusern in schlechten Lagen. Wer auf sinkende Neubaupreise hofft, liegt jedenfalls falsch. Hier wird es in Zukunft noch weiter nach oben gehen.”
Johannes Wild, stellvertretender Fachverbandsobmann und Obmann der Fachgruppe Immobilien- und Vermögenstreuhänder in Niederösterreich, kritisiert die KIM-Verordnung scharf: „Die Kreditvergaberichtlinie, die sogenannte KIM-Verordnung, greift massiv in den Immobilienmarkt ein. Die Hürden sind für viele aufgrund der Eigenkapitalquote und der Kreditrate besonders hoch. In Wahrheit führen die Auswirkungen der KIM-Verordnung in die Krise. Es kaufen nur jene, die keinen Kredit brauchen. Das obere, teuerste Marktsegment wird weiter funktionieren. Im unsanierten Bereich sinken die Preise zwar leicht, aber es wird nicht gekauft.“Pisecky ergänzt: „Weil immer weniger Menschen einen Kredit für den Kauf bekommen, steigt die Nachfrage nach Mietobjekten enorm. Die Zahl der privaten Immobilienangebote in den sozialen Medien explodiert. Die Folge: Weit überhöhte Mieten, rechtswidrige Befristungen und Betrug sind keine Seltenheit. Steigende Nachfrage, sinkendes Angebot und die Vertragsparteien würden ohne fachkundige Unterstützung dastehen – mit gravierenden Folgen.
Hans Jörg Ulreich, Bauträger-Sprecher im Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der WKÖ, sieht eine düstere Zukunft für die Bauwirtschaft: „Nicht nur private Immobilienkäufer, auch gewerbliche Kunden bekommen von den Banken kaum Finanzierungen. Wir haben eine enorme Teuerung, schwierige rechtliche Rahmenbedingungen, überbordende Normen beim Bauen und keine Käufer, weil die KIM-Verordnung die Kreditvergabe nach wie vor schwierig macht. Vielen fehlt das Geld, um weiter zu bauen oder zu renovieren. Bauträger stehen mit dem Rücken zur Wand, die Bauwirtschaft packt ein.“
Gollenz spricht eine eindringliche Warnung aus: „Unser Land steht vor der schwersten Krise am Wohnbau- und Wohnsanierungsmarkt mit gravierenden Auswirkungen auf viele Unternehmen und zigtausende Arbeitsplätze. Wir sprechen hiermit eine ernste Warnung aus. Rasches Gegensteuern, etwa durch gesetzliche Sofortmaßnahmen, ist notwendig. Ein entsprechender Maßnahmenkatalog wird von uns im Juli vorgelegt. Der sofortige Stopp der KIM-Verordnung wäre zumindest ein positiver Anfang.” Der Fachverband arbeitet zur Zeit ein Positionspapier aus, das beim Bundestag der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in zwei Wochen im Mittelpunkt stehen wird und hernach der Politik präsentiert wird. „Ich hoffe, dass noch diese Legislaturperiode Sofortmaßnahmen setzt. Wenn gewartet wird bis nach den Neuwahlen, ist die Immobilienwirtschaft tot, dann können wir sie zu Grabe tragen“, so Gollenz.