Die heimische Börse leidet unter dem Ukraine-Krieg. Es regiert aber das Prinzip Hoffnung.
Der internationale Finanzmarkt wurde vom Überfall auf die Ukraine stark erschüttert, wobei die Börse Wien im breiten europäischen Vergleich überproportional verlor. Wirklich verwunderlich ist das aber nicht, wie Bernd Maurer, Head of Institutional Equity Research der Raiffeisen Bank International (RBI), erklärt: „Natürlich spielt die regionale Nähe zum Konfliktherd eine Rolle. Auch ist die Inflation in CEE, einer für Österreich maßgeblichen Region, höher als im EU-Durchschnitt.“ Weiters falle die Index-Zusammensetzung ins Gewicht: Am Wiener Parkett genießen Zykliker und Banken eine große Bedeutung. Maurer: „Auf das Gesamtjahr gesehen haben Zykliker underperformt, die gelisteten Banken sind wiederum stark in Osteuropa aktiv und waren von regulatorischen Änderungen und Sondersteuern betroffen.“ Außerdem dominieren in Wien, im internationalen Maßstab betrachtet, Small und Mid Caps, diese werden in Mitleidenschaft gezogen, wenn Investoren Risiken meiden und verstärkt in hoch kapitalisierte Werte gehen.
Günstig bewertet
Somit waren die Karten für Wien nicht sehr gut gemischt, allerdings gibt es Hoffnungsschimmer. Der RBI-Experte meint: „Positiv ist, dass die Risiken jetzt am Tisch liegen, ob Krieg, Inflation oder makroökonomischer Abschwung. Veränderungen wird es eher in Nuancen geben, das öffnet auch das Feld für mögliche positive Überraschungen.“ Wobei bei einer Stabilisierung vor allem Small und Mid Caps profitieren würden. Des Weiteren führt Maurer die niedrige KGV-Bewertung (Kurs-Gewinn-Verhältnis) Wiens zu anderen europäischen Börsen positiv ins Treffen: „Der Abschlag hat nahezu einen Rekord erreicht, außerdem ist die Berichtssaison der heimischen AGs für das dritte Quartal gut ausgefallen.“
Aktien gegen Inflation
Christoph Schultes, Chief Analyst des CEE-Aktien-Teams der Erste Group, fasst zusammen: „Die Bewertung des ATX kann als sehr interessant bezeichnet werden, sowohl im internationalen Vergleich als auch historisch gesehen. Und die Gewinnprognosen sind auch für die kommenden Jahre attraktiv, die meisten Unternehmen werden es schaffen, die gestiegenen Kosten weiterzugeben, diese Titel bieten so gesehen einen gewissen Inflationsschutz.“
Einige Unternehmen wie z. B. OMV und Verbund profitieren sogar von den hohen Energiepreisen, die als wesentlicher Treiber der Inflation gesehen werden müssen. Es wäre jetzt also ein Fehler, den heimischen Finanzplatz schlechtzureden. Denn wie Schultes es formuliert: „Wenn Wolken an den Börsen aufziehen, herrscht in Wien Unwettergefahr. Scheint aber wieder die Sonne, dann in Wien besonders hell.“