ESG-Anforderungen und Wirtschaftslage bringen Immo-Branche unter Druck

Bei der Studienpräsentation Emerging Trends in Real Estate 2024: Marius Richter, Partner und Real Estate Leader bei PwC Österreich, Agatha Kalandra, Vorstandsmitglied und Partnerin bei PwC Österreich, Peter Karl, CEO der ERSTE Immobilien KAG, Birgit Kraml, Vorsitzende des Urban Land Institute Österreich und Partnerin bei Wolf Theiss, Paul Douay, Director of Operations Austria & Germany bei Unibail-Rodamco-Westfield, Claudia Brey, Geschäftsführerin der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH, Kevin Töpfer, Kaufmännischer Geschäftsführer und Geschäftsführer Immobilienmanagement der BUWOG Group GmbH . Foto: Adrian Almasan

Emerging Trends in Real Estate 2024 von PwC und ULI: ESG wird bis 2050 den größten Einfluss auf die Immobilienwirtschaft haben, doch die unsichere wirtschaftliche Lage sorgt für Kopfzerbrechen. Wien im Investment-Ranking auf Platz 15 zurückgefallen. Marktlage bringt Chancen für antizyklische Investoren.

Dass die Immobilienbranche in ESG hinsichtlich der EU-Taxonomie investieren muss, steht zwar außer Frage, doch die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen rund um Inflation und rasch gestiegenen Zinsen setzen die europäischen Immobilienwirtschaft zusätzlich unter starken Druck. Das geht aus der aktuellen Studie „Emerging Trends in Real Estate 2024 – getting fit for purpose“ von PwC und dem Urban Land Institute (ULI) hervor, die gestern Abend präsentiert worden ist. Rund 86 Prozent der befragten Immobilienfachleute aus ganz Europa gaben darin an, dass die Zinsbewegung derzeit die größte Herausforderung für den Immobiliensektor darstellt, ebenso die Inflation (83 Prozent), einhergehend mit dem schwachen Wirtschaftswachstum (75 Prozent). Erschwerend kommen noch die steigenden Baukosten und mangelnde Verfügbarkeit von Ressourcen sowie weitere CapEx- und Nachhaltigkeitsanforderungen hinzu, die jeweils über zwei Drittel der Befragten Kopfzerbrechen bereiten.

Vor allem ESG werde bis 2050 den größten Impact auf die Immobilienwirtschaft haben – vor allem auf die Vermögenswerte. Mehr als vier Fünftel der Befragten gehen davon aus, dass sich die ESG-Anforderungen in den kommenden 12 bis 18 Monaten wesentlich auf die Bewertungen der Immobilien auswirken werden. Vor allem die Herausforderungen der ökologischen Nachhaltigkeit und der Regulatorien in den kommenden drei bis fünf Jahren bereiten den Immobilienexperten Sorgen. Als beschleunigende Faktoren für die Umsetzung von ESG werden zudem der Druck von institutionellen Investorn (71 Prozent), Banken und Kreditgebern (67 Prozent) sowie Mietern (56 Prozent) genannt. Hinzu kommen neue Technologien, Digitalisierung und vor allem Künstliche Intelligenz, wobei bei letzterem 96 Prozent der Befragten davon ausgehen, dass sie in den Bereichen Marketing und Vermietung zum Einsatz kommen werden, ebenso in Planung und Design.  

Laut Marius Richter, Real Estate Leader bei PwC, sagt, dass sich die Immobilienwirtschaft derzeit an einem Punkt im Marktzyklus befinde, der auch sehr gute Einstiegschancen für antizyklische Investoren bietet: „Besonders diejenigen, die gleichzeitig ESG- und Digital-Transformation mitdenken, werden am Ende die marktgängigsten Immobilien schaffen“, erläutert Marius Richter, Real Estate Leader bei PwC Österreich. So zeigt sich ein Drittel der Befragten durchaus optimistisch, dass die Rentabilität im Jahr 2024 wieder steigen wird. Das ist zwar eine Verbesserung des Geschäftsvertrauens im Vergleich zum Vorjahr um 8 Prozent, trotzdem liegen diese Erwartungen deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt.“

Währenddessen hat London im Investmentranking erneut den Rang als attraktivste Stadt eingenommen, dicht gefolgt von der französischen Hauptstadt Paris. Allein in diesen Metropolen flossen in den ersten neun Monaten dieses Jahres rund 15 Prozent des gesamten Immobilientransaktionsvolumens in Europa. Investoren würden in Anbetracht der risikoreichen Zeiten vor allem in jene Städte investieren, die entsprechende Liquidität bieten, wodurch auch Madrid in den Fokus der Anleger geraten ist. Wien hingegen ist im Investitionsranking um drei Plätze auf Rang 15 abgerutscht. Birgit Kraml, Vorsitzende des Urban Land Institute Österreich und Partnerin bei Wolf Theiss: „Wien gilt zwar durch eine Reihe von Standortvorteilen als attraktives Investitionsziel, ist aber durch hohe Zinsen, den Ukrainekrieg, die steigenden Baukosten und die Sorge um Energieknappheit belastet. Insgesamt sieht sich die Immobilienbranche mit einem schleppenden Wachstum und neuen Investitionsanforderungen konfrontiert, um die ESG-Konformität der Gebäude zu gewährleisten. Letztendlich ist aber jede Krise auch eine Chance.“

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