Bewertung ist nicht gleich Bewertung

Christian Crain - Foto:© PriceHubble

Die Digitalisierung der Immobilienbranche nimmt langsam Fahrt auf. Neben Online-Besichtigungen, Virtual Reality, digitalen Schließsystemen oder virtuellen Showrooms drängen auch in Deutschland immer mehr Anbieter für Online-Immobilienbewertungen wie Pilze aus dem Boden.

Doch: Woran erkennt man eine belastbare Marktpreisschätzung und welche Voraussetzungen müssen dafür gegeben sein? Einer guten und seriösen, digitalen Marktpreisermittlung sollte ein hochentwickeltes statistisches Bewertungsmodell, ein sogenanntes Automated Valuation Model (kurz: AVM), zugrunde liegen. Dieses ist in der Lage, auf Basis verfügbarer Objektdaten zu einer beliebigen Immobilie den statistisch wahrscheinlichsten Markt- und Mietpreis zu einem bestimmten Zeitpunkt zu prognostizieren. Im Bereich der traditionellen Bewertungsverfahren wäre das in etwa mit dem „Verkehrswert“ vergleichbar.

Was ein AVM dem Menschen voraus hat, ist die Fähigkeit, unzählige Daten zu verarbeiten und mithilfe von Prognose-Algorithmen auszuwerten. Eine Immobilie ist nicht nur die Summe ihrer harten Fakten, wie die Wohnfläche, die Anzahl der Zimmer oder die Größe des Grundstücks, sondern noch vieles mehr. Der Wert einer Immobilie bemisst sich immer auch durch ihre Umgebung, die neben der Aussicht und den Sonnenstunden, die der Bewohner auf seinem Balkon genießen kann, darüber Auskunft gibt, wie sich die Mikro- und die Makrolage entwickeln. Um das alles zu berücksichtigen, greifen statistische Modelle auf den Dreiklang aus Big Data, Machine-Learning und künstlicher Intelligenz zurück.

PH ockup Frontal - Foto:© PriceHubble
PH ockup Frontal – Foto:© PriceHubble

Leistungsfähigkeit ist gestiegen
Um ein AVM zu trainieren, wird zunächst eine Vielzahl an Daten herangezogen, die einen Beitrag zur Erklärung der Variation von Marktpreisen leisten können. Je nach Land ist die Zugänglichkeit von Immobiliendaten wie zum Beispiel Transaktionsdaten leichter oder schwerer. Die Algorithmen erkennen dann objektiv und ohne menschliche Einflüsse die Zusammenhänge zwischen den erklärenden Eigenschaften und den in der Vergangenheit beobachteten Preisen – beispielsweise die Preisentwicklung einer Immobilie durch den Ausbau der Infrastruktur, weil es mehr Geschäfte oder Cafés in der Umgebung gibt, die Entstehung von Neubauprojekten, die das gesamte Viertel aufwerten, oder auch den Einfluss von ESG-Faktoren auf den Immobilienpreis, deren Bedeutung aktuell stark wächst.

Die Leistungsfähigkeit von AVMs hat in den letzten Jahren einen erheblichen Sprung gemacht. AVMs haben inzwischen vor allem auch qualitative Vorteile gegenüber traditionellen Verfahren – allen voran die Bewertungsgenauigkeit, die bei kommerziellen AVMs je nach Region und Immobilienart üblicherweise zwischen maximal fünf und 15 Prozent Abweichung liegt. Theoretisch können AVMs so die Preise gängiger Immobilien, die unter normalen Umständen vermarktet werden, sogar beinahe exakt prognostizieren, sofern ihnen alle relevanten Daten zur Verfügung stehen, von denen Marktteilnehmer bei der Preisbildung beeinflusst werden.

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