Während Banken zunehmend durch strenge Reglements bei der Kreditvergabe gebremst werden, tun sich für alternative Finanzierer neue Wachstumsmärkte auf. Warum Debt-Fonds gerade bei der Implementierung von ESG in Immobilienfonds eine wichtige Rolle spielt, darüber sprach Chefredakteur Charles Steiner mit Andrew Radkiewicz, Global Head of Private Debt Strategy and Investor Solutions bei PGIM.
ESG ist in den vergangenen Monaten ein immer gewichtigerer Faktor sowohl für Immobilienentwickler als auch in besonderem Maße für Bestandshalter geworden. Allerdings scheinen Banken gerade bei Refurbishments von Bestandsimmobilien sehr zurückhaltend zu sein. Wie können da Debt Fonds unterstützen?
Andrew Radkiewicz: Das ist ein wichtiger Punkt, der bereits in den vergangenen 12 bis 18 Monaten immer mehr an Bedeutung gewonnen hat. Der Immobilienfinanzierungsmarkt in Europa beläuft sich bei etwa 1,7 Billionen Euro. Obwohl er nur halb so groß ist wie der US-Markt halten europäische Banken insgesamt mehr Immobilienfinanzierungen US-Banken. Der Bankensektor ist also nach wie vor von entscheidender Bedeutung für den Immobilien- und Kreditmarkt in Europa und wird dies auch noch eine Weile bleiben. Was den Finanzierungsmarkt beeinflusst, sind die regulatorischen Änderungen im Rahmen der Basler Regulierungsbehörden. Bei den jüngsten Änderungen handelt es sich eigentlich nur um die Erhöhung einer Untergrenze für die Eigenkapitalanforderungen. Das wirkt sich negativ auf den Bankenfinanzierungsmarkt aus. Aufsichtsbehörden im Bankensektor achten auf die Länge des Mietvertrags und den Vermietungsgrad. Alles, was mit Renovierung, Leerstand oder Entwicklung zu tun hat, resultiert in hohe Kapitalkosten. Dadurch und durch die Regulierungen sind solche Finanzierungen für Banken wenig attraktiv. PGIM hat mit ihren Debt Fonds andere Parameter. Etwa die digitale Transformation, die das Wachstum und die Logistik der letzten Meile in der Lieferkette ausmacht, oder auf den Wohnsektor, der wirklich von granularem Einkommen angetrieben wird. Das ist wahrscheinlich der beste Inflationsschutz, den man bekommen kann. Das letzte große Thema im Immobilienbereich ist das, was wir als nachhaltige Investments bezeichnen.
Wie definiert PGIM nachhaltige Investments?
Radkiewicz: Nachhaltig ist ein Immobilieninvestment dann, wenn die Immobilie nach fünf Jahren nicht überholt ist, sowohl technisch als auch von der Nutzerflexibilität her. Dazu zwei Punkte. Erstens: Letztendlich sind Immobilien ein Rahmen, der Income generiert. Das bedeutet aber auch, sich die Frage zu stellen: was ist am attraktivsten für Nutzer? Wonach suchen Mieter? Am deutlichsten ist dies auf dem Büromarkt zu sehen. Die Mieter suchen nach sehr guten Lagen, hoher Büroqualität und hochwertigen, flexiblen Räumen. Das ist auch für alle anderen Sektoren relevant, denn Menschen, die nach Wohnungen suchen, suchen dasselbe: Qualität. Mieter und Nutzer, die zwischen fünf Objekten wählen, werden sich jetzt wahrscheinlich nicht mehr nach den Kosten richten, sondern nach der Qualität der ESG-Kriterien. Nicht zuletzt suchen auch institutionelle Investoren nach ESG-konformen Immobilien, ob das nun Pensionsfonds oder Versicherungsgesellschaften – wie PGIM – sind.
Worin unterscheiden sich Debt-Finanzierungen von Bankenfinanzierungen?
Radkiewicz: Wenn ich mich also an die Hausbank wende, mit der ich vielleicht schon seit fünf bis zehn Jahren zusammenarbeite, dann haben sich die aufsichtsrechtlichen Eigenkapitalanforderungen drastisch geändert. Diese Banken lehnen jetzt alle Projekte ab, die nicht über langfristige Mietverträge verfügen. Auch wenn ein bestehender Kunde eine Immobilie revitalisieren und auf die neuesten technischen Standards bringen will und die Mieterstruktur neu ausrichtet, dann wird er von den Banken kaum einen Kredit bekommen. Das Resultat: Wir schätzen, dass 125 Milliarden Euro allein aus dem Immobilienfinanzierungsmarkt der Banken abgezogen wurden. Diese Entwickler und Bestandshalter müssen also nach alternativen Kreditgebern suchen, vor allem dann, wenn man schnell investieren muss. Die Alternative ist also, dass ich mich an einen Fremdkapitalfonds oder einen anderen Kapitalgeber wende, wobei die Kapitalaufnahme zunächst recht teuer erscheinen mag. Aber: Der Kapitalgeber muss auch bereit sein, das Risiko der Renovierung, der Investitionsausgaben, des Leerstands und der Vermietungsquoten zu tragen. Es ist heute viel einfacher, ein solches Risiko zu übernehmen, als eine Immobilie zu beleihen, fünf Jahre lang nichts zu tun und damit ein höheres Marktrisiko zu tragen.
Das heißt also, Debt-Finanzierungen sind langfristig angelegt?
Radkiewicz: Absolut. Wenn ich mir das aktuelle Marktumfeld ansehe, würde ich es selbst in zwei Jahren vorziehen, Risiken einzugehen. Das ist zwar bei einer umfassenden Sanierung im Bestand etwas schwieriger einzuschätzen, dennoch müssen die Kosten dafür heute getragen werden. Es ist also eine Abwägung zwischen etwas, das heute sicher aussieht, und etwas, das morgen sicher ist. Das ist bei der Risikobewertung heute sehr, sehr wichtig. Wir beobachten da einen Kapitalfluss in das, was ich, ähnlich wie bei Banken, als risikoarme Anleihen bezeichne, die aber fast Investment-Grade-Qualität haben und ein sehr geringes Risiko aufweisen.
Welches Marktvolumen weist PGIM in der Debt-Finanzierung auf und wo sind die Kernmärkte verortet?
Radkiewicz: Europa ist ein wachsender Markt für Fremdfinanzierung. In UK werden bereits 25 aller Finanzierungen über alternative Kreditgeber abgewickelt, in Kontinentaleuropa gehen wir von zehn Prozent aus. Die Immobilienfinanzierungen auf ganz Europa gerechnet, liegen zwischen 1,7 bis 1,8 Billionen Euro. Man kann sich ausrechnen, dass Europa ein stark wachsender Markt in dem Segment ist.
Welche Anforderungen muss man als Entwickler für eine Debt-Finanzierung erfüllen?
Radkiewicz: Wesentlich bei unseren Anforderungen sind die Assetklasse und das Exit-Risiko, also wie zukunftssicher die Immobilie aufgestellt ist. Für uns als PGIM ist es auch von entscheidender Bedeutung, welche europäischen Kernmärkte die höchsten Liquiditätsanforderungen erfüllen. Aus geografischer Sicht sind dies Deutschland, Großbritannien, Österreich und Benelux. Technisch ist für uns die digitale Transformation von entscheidender Bedeutung.