Sandra Bauernfeinds Heimat Österreich

855A2074

Interview Sandra Bauernfeind II2/2022

Nach langen Jahren im Makler- und Verwaltungsbusiness hat Sandra Bauernfeind die Seiten gewechselt und ist nunmehr Geschäftsführerin des Gemeinnützigen Bauträgers Neue Heimat Österreich. Über ihre Pläne und künftige Herausforderungen sprach sie mit Chefredakteur Charles Steiner.

855A1808
Foto: Richard Tanzer

Seit wenigen Monaten haben Sie die Geschäftsführung beim gemeinnützigen Bauträger Neue Heimat Österreich inne. Welche Ziele haben Sie sich für die neue Position gesteckt?
Ein Ziel ist etwa die Steigerung der Bautätigkeit. Wir leben von der Akquise, wir leben vom Bauen, aber auch von der optimalen Vermarktung der Wohnungen. Ein weiteres Ziel von mir ist, das gute Betriebsklima für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erhalten bzw. zu stärken und damit das Unternehmen noch erfolgreicher aufzustellen. Eine Herausforderung für die kommenden Jahre wird die qualitative Aufwertung des Bestands in Richtung Erfüllung der ESG-Kriterien sein. Dazu gehören neben der ökologischen auch die wirtschaftliche und die soziale Nachhaltigkeit.

Foto: Richard Tanzer

Welchen Ansatz in Richtung CO2-neutralem Bestand verfolgen Sie dabei?
Wir haben prinzipiell eine sehr hohe Qualität im Bestand. Da wir sehr viel gefördert bauen, sind wir, was die Wohnbauförderungsrichtlinien betrifft, in dieser Hinsicht natürlich schon sehr weit fortgeschritten. Das werden wir in Zukunft noch weiter ausbauen, auch wenn wir frei finanziert bauen. Der Altbestand wird diesbezüglich aber überprüft und entsprechenden Maßnahmen unterzogen werden, wie einer Umstellung der Heizsysteme.

Foto: Richard Tanzer

Sowohl die Grundstückspreise als auch die Baukosten sind dramatisch gestiegen, und die Energieversorgung wird aufgrund der aktuellen geopolitischen Ereignisse immer teurer. Wie lässt sich da noch leistbarer Wohnraum realisieren?
Uns sind ja bereits in den vergangenen Jahren die Grundstückspreise davongaloppiert. Weil jetzt auch die Baukosten durch die Decke gehen, wird es immer schwieriger, in einem bestimmten Kostenrahmen zu bleiben. Erschwerend kommt jetzt hinzu, dass wir von Generalunternehmern kaum noch Angebote mit Fixpreisvereinbarungen erhalten. Auch die Versorgung mit gewissen Baumaterialien wird immer schwieriger. Wir sind als gemeinnütziger Bauträger prinzipiell Kostendeckungsrechner – und das alles schlägt sich natürlich auf die Miet- und Verkaufspreise durch. Es sind enorme Herausforderungen, die auch bedeuten, dass Gemeinnützige eine noch größere Verantwortung übernehmen müssen und in Zukunft einen höheren Stellenwert haben werden. Wie reagieren wir auf die Situation? Zunächst erfolgt die Projektentwicklung im Haus, ebenso die Baureifmachung. Wir machen einiges über Baurechte, weil damit nur die Entwicklungskosten anfallen, nicht aber die Grundkosten. Wir haben auch Großprojekte, über die man mit den Baukosten runterkommen kann. Es gibt viele verschiedene Hebel.

Da die Baukosten vor allem wegen der Rohstoffengpässe stark steigen: Ist es denkbar, dass – allgemein gesprochen – manche Projektentwicklungen auf Hold gestellt werden müssen?
Durchaus. Jeder Bauträger wird rechnen müssen, und wenn dann ein Preis herauskommt, der über jenem liegt, den er als Marktpreis betrachtet, dann wird er das Projekt erst mal zurückstellen müssen. Das gilt vor allem für gewerbliche Bauträger.

Das bedeutet umgekehrt wohl auch, dass dann geförderter Wohnbau noch mehr Förderungen erhält. Gibt es die?
Die Förderungen in den einzelnen Bundesländern sind sehr gut aufgestellt. Aber bei einer Deckelung der Mieten auf einen gewissen Preis und und anderen Anforderungen des Gesetzgebers wird es natürlich schwierig, das alles wirtschaftlich darstellen zu können, gerade als Kostendeckungsrechner, der nicht auf Renditen abzielt. Ab irgendeinem Punkt lassen sich die Wohnungen aber nicht mehr kleiner errichten. Wenn man eine Wohnung so knapp bemisst, dass sich der Nutzer nicht mehr wohlfühlt, wird man à la longue eine sehr hohe Fluktuation haben. Und eine solche ist nie gut. Sicher sollen die Grundrisse flexibel sein, aber die Flexibilität hat auch Grenzen. Das heißt jedoch nicht, dass die Grundrisse nicht intelligent genutzt werden sollen.

Was war eigentlich ausschlaggebend dafür, dass Sie von der Maklerseite auf die Seite der gemeinnützigen Bauträger gewechselt sind?
Ich hatte einen Makler- und Verwaltungshintergrund, richtig. Ausschlaggebend für diesen Schritt war, dass bei Neue Heimat Österreich auch die Projektentwicklung- bzw. -abwicklung dabei ist. Ich habe damals bei EHL unter anderem sehr viel Bauträger-Consulting im Rahmen meiner Verhandlungstätigkeiten gemacht und bei der Nutzung je nach Lage, Grundrissen und Preisgestaltung beraten. Dadurch war der Wechsel ins Bauträgergewerbe ein logischer nächster Schritt.

Wie sieht die Pipeline für dieses und nächstes Jahr aus?
Wir haben derzeit ein Bauvolumen für Wien und Niederösterreich in der Höhe von 80 Millionen Euro. Unser Hauptsitz ist in Salzburg – zusammengerechnet sind es dann 120 Millionen Euro. Generell sehe ich für die kommenden Jahre, dass aufgrund der Grundstückspreise und Baukosten die gemeinnützigen Bauträger einen wesentlich höheren Stellenwert haben werden. Man wird in Zukunft neben dem frei finanzierten Bauen auch viel mehr Gemeinnützige benötigen, um einen adäquaten und sozial verträglichen Mix zu gewährleisten und gleichzeitig den Wohnungsbedarf zu decken, den es ja stark gibt.

Foto: Richard Tanzer

Bedeutet das, dass es da auch zu Kooperationen zwischen Gemeinnützigen und Freifinanzierten kommen wird?
Natürlich. Das ist nicht nur möglich, sondern auch sinnvoll. In Wien gibt es seit nunmehr drei Jahren eine neue Widmungskategorie, wonach ein gewisser Anteil an Wohnungen bei größeren Projekten gefördert sein muss. Daraus folgt natürlich eine Kooperation zwischen privaten und gemeinnützigen Bauträgern. Das ist auch spannend: In der Regel verbauen wir weniger Baulücken, wo 20 Wohnungen hineinpassen, sondern konzentrieren uns eher auf Stadtentwicklungsgebiete. Die bebauen wir dann gemeinsam mit Partnern aus dem frei finanzierten Bereich.

Vielen Dank für das Gespräch!

Die mobile Version verlassen