Regierung will eine Milliarde Euro für Wohnbauoffensive locker machen

Die Regierung will mit einer Milliarde Euro den Wohnbau ankurbeln. Foto: pixabay.com

Einigung zwischen türkis-grüner Bundesregierung: Auch Grundbucheintrags- und Pfandrechtseintragungsgebühren bis 500.000 Euro sollen fallen. Eigenheim-Bonus derzeit kein Thema. Für Vereinigung der Österreichischen Projektentwickler gehen die Maßnahmen nicht weit genug.

Mit der heute präsentierten Wohnbauoffensive will die türkis-grüne Bundesregierung dem Konjunktureinbruch der Bauwirtschaft entgegenwirken. Im Rahmen einer Pressekonferenz auf der Baustelle „Am Hirschfeld“ in Wien-Floridsdorf erklärten Bundeskanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler sowie Vertretern der Gemeinnützigen Bauvereinigungen ein Maßnahmenpaket, dass sich in drei Hauptbereiche gliedert. Als Ziel gab die Regierung aus, die Eigenheimquote in den kommenden sechs Jahren von derzeit 48 Prozent auf 60 Prozent zu steigern. Kein Thema war dafür der jüngst diskutierte „Eigenheim-Bonus“ von bis zu 100.000 Euro oder eine Lockerung der Kriterien bei der Zinsvergabe.

Erreichen will man das Ziel unter anderem mit dem Bau Bau von 20.000 neuen Wohneinheiten, die Sanierung von 5.000 bestehenden Einheiten und die Schaffung von 5.000 Mietwohnungen. Die dafür vorgesehene Milliarde Euro soll den Ländern zur Verfügung gestellt werden. Ebenso sollen beim Bau die Grundbucheintrags- und Pfandrechtseintragungsgebühren für die ersten 500.000 Euro entfallen, was laut Nehammer eine Entlastung von bis zu 11.500 Euro bedeutet. Des Weiteren plant die Regierung, günstige Wohnbaudarlehen von bis zu 200.000 Euro mit maximalen Zinssätzen von 1,5 Prozent durch die Länder zu ermöglichen.

Neben der Schaffung von bezahlbarem Wohnraum soll das Paket auch dazu beitragen, Arbeitsplätze zu sichern. Angesichts eines Anstiegs der Arbeitslosigkeit im Bauwesen um 6,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr sollen durch die Maßnahmen 40.000 Arbeitsplätze in der Branche gesichert werden. Vizekanzler Kogler lobte das Paket als „Win-win-win-Situation“, da es finanzierbares Wohnen ermögliche, ökologische Sanierungen vorsehe und die Bauwirtschaft ankurbeln würde. Die Maßnahmen seien teilweise auf eine Dauer von zwei bis drei Jahren begrenzt. Die Bauwirtschaft war zuletzt stark von steigenden Baukosten und Zinsen betroffen, was zu einer Verschiebung oder Aussetzung geplanter Projekte führte. Laut dem aktuellen Wiener Wohnungsmarktbericht gehen die Baubewilligungen für neue Wohnprojekte zurück, was zu einem Rückgang der fertiggestellten Wohneinheiten führt.

Bereits im Herbst hat die VÖPE, wie von immobilien investment berichtet, ein umfangreiches Maßnahmenpaket vorgestellt, das darauf abzielt, die heimische Konjunktur anzukurbeln. Laut VÖPE-Geschäftsführer Beiglböck konzentrieren sich die Forderungen auf eine Entbürokratisierung und die Schaffung von Anreizen in Gesetzen, welche nicht zwingend hohe Budgetbelastungen nach sich ziehen müssen. „Die Vorschläge der VÖPE lagen längst auf den diversen Ministerientischen – erfreulich zu sehen, dass sie jetzt wirken.“

Als positiv im nunmehrigen Wohnbaupaket sieht Beiglböck die lang ersehnte Wohnbaumilliarde. Ebenfalls begrüßt wird der teilweise Wegfall der Grundbucheintragungs- und Pfandrechtseintragungsgebühr, Maßnahmen, die laut Beiglböck längst überfällig waren. Die zentrale Forderung nach steuerlichen Anreizen für Investitionen im gewerblichen Mietwohnungsbau sieht Beiglböck durch die Einführung der beschleunigten Abschreibungsmöglichkeit (AfA) sowie der Verlängerung der Liebhabereifristen als erfüllt an.

Allerdings kritisiert die VÖPE die ausbleibende Reform der KIM-Verordnung, die angesichts veränderter Rahmenbedingungen am Finanzmarkt dringend nötig wäre. Ein weiteres Manko sieht er in der noch ausstehenden Reduktion der Bürokratie und Beschleunigung baurechtlicher Verfahren, für die eine Zusammenarbeit mit den Ländern unerlässlich ist. Beiglböck betont die Rolle der gewerblichen Immobilienentwickler für die Lebensqualität in Österreich und fordert eine gezielte Stärkung des Immobiliensektors. Die vorgestellten Maßnahmen seien lediglich ein Anfang, um langfristig Wohlstand zu generieren. Die Zukunft des Immobiliensektors in Österreich erfordere daher weitere gezielte Unterstützung und Verantwortungsübernahme durch den Bund, ähnlich wie in Deutschland.

Gerald Gollenz, Obmann des Fachverbandes Immobilien in der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), sieht in dem aktuellen Wohnraum- und Baukonjunkturpaket der Bundesregierung „einen ersten Schritt gesetzt“, um die sich seit längerem abzeichnende Krise in der Bauwirtschaft abzumildern. „Derzeit liegen keine Detailinformationen und Gesetzestexte für eine ausführliche Bewertung am Tisch, die ersten Überschriften deuten auf eine Entspannung für die Bauwirtschaft hin, die private Immobilienwirtschaft braucht aber deutlich mehr Anreize“, betont Gollenz.

Die Sicherung der Arbeitsplätze von hunderttausenden Fachkräften in der Baubranche bewertet Gollenz jedenfalls positiv. „Der gesamte österreichische Immobilienmarkt braucht diese Fachkräfte, die wir sonst für immer verloren hätten. Wir haben seit langem darauf hingewiesen und unserer Forderung wird damit Rechnung getragen“, erklärt Gollenz. Doch um die Beschäftigung auch auf gewerblichen Baustellen zu fördern, seien zusätzliche Anreize für die private Immobilienwirtschaft erforderlich.

Zwar seien die angekündigten steuerlichen Vorteile für die private Immobilienwirtschaft ein Schritt in die richtige Richtung, so der oberste Branchenvertreter, aber die Probleme seien weitreichender. „Auch wenn die Ankündigungen, etwa die Verbesserungen bei Abschreibungen und Sanierungen, positiv sind, braucht es unbedingt zusätzliche Maßnahmen, um der gewerblichen Bauleistung einen ähnlichen Booster zu geben wie jetzt der gemeinnützigen“, moniert Gollenz.

Es sei wichtig, dass finanzielle Mittel, die gemeinnützige Bauträger vom Staat erhalten, zu einem treffsicheren Ziel führen, betont Gollenz weiter. „Es geht nicht nur darum, günstigen Wohnraum mit Steuergeld zu bauen, sondern auch darum, diese Wohnungen an jene zu vergeben, die sie am dringendsten benötigen. Im Moment leben mehr als die Hälfte der untersten Einkommensschichten in privaten Mietwohnungen. Mit einer Wohnbaumilliarde aus allgemeinen Steuergeldern sind gemeinnützige Bauträger jedenfalls gefordert, soziale Gerechtigkeit in der Wohnungsvergabe umzusetzen“, unterstreicht Gollenz. Die vorliegenden Unterlagen würden vom Fachverband evaluiert, um das Paket faktenbasiert zu bewerten und reale Prognosen für die Branche abzuleiten, erklärt Gollenz abschließend.

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