„Raus aus dem Asphalt“

Ulli Sima - Foto:© Dieter Steinbachpx

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Ulli Sima, Wiens Stadträtin für Innovation, Stadtplanung, Mobilität & Digitalisierung, verrät, wie sie die Stadtplanung neu denken will.

Stadtentwicklung und Klimaschutz: Wie kann das in Einklang gebracht werden?

Kluge Stadtplanung ist ein großer Hebel für den Klimaschutz. Ich will die Stadtplanung auf neue Beine stellen. Der Klimawandel ist spürbar, die Städte werden heißer, Urban Heat Islands sind eine Tatsache, und wenn wir in Zukunft eine coole Stadt wollen, dann müssen wir die jetzt planen. Kaltluftschneisen, mehr Grün, viel kühlendes Wasser – all diese Elemente müssen zukünftig in der Stadtplanung oberste Maxime sein und müssen zwingende Kriterien für Wettbewerbe werden. Bereits zu Beginn jeder Planung muss künftig stadtmeteorologische Expertise einbezogen werden.

Können wir unter Ihrer Federführung mehr Grün für Wien erwarten?
Auf jeden Fall! Ich will die Stadtplanung neu denken, mit viel mehr Grün, mit vielen Cooling-Elementen. Die urbanen Hitzeinseln müssen dramatisch weniger werden, mein Motto ist „Raus aus dem Asphalt“ – Betonwüsten sollen der Vergangenheit angehören. Als ersten konkreten Platz nehmen wir uns den Praterstern vor. Ich bringe in Sachen Begrünung viel Erfahrung aus den 16 Jahren mit, in denen ich Umweltstadträtin war, und ich bin mir sicher, dass wir in der Stadtplanung künftig viel bewegen werden. 

Stadterweiterung braucht auch Verkehrskonzepte, die für alle Teilnehmer funktionieren. Wie kann das gelingen?  
Wien zeigt hier schon seit Jahrzehnten, was möglich ist: frühzeitige Öffi-Anbindung, Straßenräume mit Priorität fürs Zufußgehen und Radfahren, bei denen aber auch auf das Auto als Transportmittel nicht vergessen wird. Wir schauen die Mobilität aber nicht isoliert an. Es wird immer mitgedacht, welche Basisversorgung gebraucht wird – gibt es zum Beispiel Kindergärten, Supermärkte und Grünraum in der Nähe? Bei Bedarf werden neue Angebote geschaffen. Dadurch entstehen die Voraussetzungen, um nicht weit fahren zu müssen. Zukünftig werden Sharing-Angebote eine noch größere Rolle spielen: Viele Menschen nutzen nur selten ein Auto, besitzen für ein paar wichtige Wege aber trotzdem eines. Wenn man sich stattdessen in der Nähe ein Fahrzeug nach Bedarf ausborgen kann, lässt sich viel Geld sparen und die Umwelt schonen. In neuen Stadtteilen kann dies von Beginn an gut integriert werden. Ich setze auch auf Sharing an den Stationen bei U-Bahn und Straßenbahn. Die Wiener Linien als zentrale Plattform arbeiten hier an Modellen für die sogenannte letzte Meile, für die man sich nach Nutzung der Öffis einfach und bequem ein Rad, einen Scooter, ein Taxi bestellen kann.

Was sind die größten Stadtentwicklungsprojekte, die Sie als Nächstes in Umsetzung bringen werden?
Wien wächst, und es ist klar, dass wir ausreichend leistbaren Wohnraum in den Stadtentwicklungsgebieten schaffen müssen – etwa auf dem Areal des ehemaligen Nordbahnhofs beziehungsweise des Nordwestbahnhofs sowie in Rothneusiedl. Hier sollen gemischte, urbane und lebendige Stadtteile mit viel Grün- und Freiraumanteil entstehen. Dazu braucht es eine neu ausgerichtete Stadtplanung, durch die wir urbane Hitzeinseln verhindern, sparsam mit unserer wertvollen Ressource Boden umgehen und systematisch beschatten, Gebäude begrünen oder Regenwasser versickern lassen. Rothneusiedl soll zum Vorzeigestadtteil für klimagerechte respektive klimawandelangepasste Stadtplanung werden.

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